Berlin. Amerikanische Forscher haben 14 Darmkrebspatienten mit einem Medikament behandelt. Bei allen Probanden ist die Krankheit verschwunden.

  • Darmkrebs gehört mit den zu den am häufigsten auftretenden Tumoren
  • Nun wurde ein eigentlich gegen eine andere Krebsart eingesetztes Medikament getestet
  • Die Studie dürfte vielen Betroffenen große Hoffnung auf eine Heilung machen

Eine neue Studie aus den Vereinigten Staaten macht Darmkrebspatientinnen und -patienten Hoffnung – und überrascht die behandelnden Ärztinnen und Ärzte. 18 Erkrankte wurden demnach mit dem Wirkstoff Dostarlimab behandelt. Das Medikament wird eigentlich in der Therapie von Gebärmutterkörperkrebs eingesetzt. Forschende am Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) in New York verabreichten 14 Patientinnen und Patienten Dostarlimab.

Die Probandinnen und Probanden bekamen das Medikament in einem Zeitraum von sechs Monaten alle drei Wochen verabreicht. Ein Jahr nach der Behandlung sei der Krebs aus den Körpern aller Behandelten verschwunden. Ihre Studienergebnisse veröffentlichte das MSKCC-Team im "New England Journal of Medicine".

Darmkrebs: Behandlung mit Dostarlimab erfolgreich

Auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology am Sonntag erklärten die Forschenden, dass der Krebs nicht nur bei allen Behandelten verschwunden sei. Durchschnittlich benötigten sie außerdem bis zu einem Jahr nach der Therapie mit Dostarlimab keine weitere Behandlung. Andrea Cercek, Onkologin am MSKCC und Co-Autorin der Studie, sagte auf der Tagung, bei den Behandelten seien deshalb "viele Freudentränen" geflossen.

"Ich glaube, das ist das erste Mal in der Geschichte von Krebs, das so etwas passiert", sagte der Onkologe und Co-Autor Dr. Luis Diaz der "New York Times". "Das ist sehr aufregend! Ein großer Schritt in der Behandlung von Krebs".

Darmkrebs: Junge Menschen erkranken häufiger

Auch Experten, die nicht an der Studie beteiligt waren, erkennen die Forschung an. Dr. Alan Venook, ein Krebsspezialist der University of California, erklärte der "New York Times", die MSKCC-Forschung sei ein Druchbruch. Eine vollständige Rückbildung der Krebserkrankung bei allen Teilnehmenden sei bisher "vollkommen undenkbar" gewesen.

Der Therapieansatz mit Dostarlimab könnte in den nächsten Jahren noch deutlich an Relevanz gewinnen. "Da die Darmkrebs-Inzidenz bei jungen Erwachsenen zunimmt", könne der Ansatz des MSKCC "große Auswirkungen" haben, erklärte Cercek. Bis 2030 werden sich die Darmkrebsfälle bei jüngeren Erwachsenen laut MSKCC vermutlich verdoppeln.

Krebs-Behandlung mit Dostarlimab ist weniger belastend

Bislang ist eine Darmkrebstherapie für die Erkrankten ziemlich anstrengend. Sie umfasst mindestens eine Operation, Chemotherapien und Bestrahlung, um die Krebszellen zu zerstören. Außerdem treten Nebenwirkungen wie Nervenprobleme, Unfruchtbarkeit und Darm- bzw. Sexualstörungen häufig auf. Andrea Cercek erklärt, die Auswirkungen einer Therapie auf das Leben der Erkrankten seien "erheblich". Das gelte insbesondere für die Fälle, in denen "die Standardbehandlung das gebärfähige Potenzial beeinträchtigen würde".

Eine Behandlung mit Dostarlimab ist weniger belastend. Das Medikament unterstützt das Immunsystem dabei, Krebszellen zu erkennen und sie zu zerstören. Vor der Studie war nicht klar, ob es auch bei Patientinnen und Patienten mit Darmkrebs wirksam sein würde. Allerdings wurde in der Studie des MSKCC nur eine bestimmte Darmkrebs-Art erforscht, die als "Mismatch Repair-Defizienz" bezeichnet wird. Die Wirksamkeit auf andere Arten der Krankheit wurden nicht erforscht.

Bis Dostarlimab als alternative Behandlungsform zu Operation und Chemotherapie angeboten werden kann, sind allerdings noch weitere Tests nötig. "Bei 20 bis 30 Prozent dieser Patientinnen und Patienten kommt es zu einem erneuten Krebswachstum, wenn der Krebs nicht operativ entfernt wird", warnt die Onkologin Hanna Sanoff im "New England Journal". Trotzdem gibt die Studie des MSKCC "Anlass zu großem Optimismus".

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de