Berlin. Bund und Länder beraten zur Stunde neue Maßnahmen bei einem Corona-Gipfel. Wird wegen der Omikron-Variante ein neuer Lockdown verhängt?

  • Bund und Länder beraten zur Stunde neue Maßnahmen bei einem Corona-Gipfel
  • Angesichts der Omikron-Variante ist Schnelligkeit geboten
  • Laut eines Beschlussvorschlags sollen nach Weihnachten Kontaktbeschränkungen auch für Geimpfte greifen
  • Könnte es zu einem neuen Lockdown in Deutschland kommen?

Die Omikron-Variante des Coronavirus wird hierzulande laut Corona-Expertenrat der Bundesregierung für eine "neue Dimension" in der Pandemie sorgen – deshalb dürften heute strengere Corona-Regeln beschlossen werden. Bund und Länder beraten am heutigen Dienstagnachmittag vor Weihnachten auf einem Gipfel über das weitere Vorgehen unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz.

Um die fünfte Corona-Welle trotz drohender Gefahr durch Omikron möglichst flach zu halten, werden auf dem Gipfel striktere Maßnahmen diskutiert. In einer Umfrage gaben 66 Prozent der befragten Bundesbürgerinnen und Bürger an, einen generellen Lockdown zu befürworten, wie aus dem heute veröffentlichten "Trendbarometer" von RTL und ntv hervorgeht. Wird ein erneuter Lockdown jetzt doch realistischer?

RKI warnt vor Corona-Gipfel eindringlich vor Omikron-Gefahr

Das Robert Koch-Institut hat vor dem Bund-Länder-Gipfel mit drastischen Worten vor Omikron gewarnt: In einer sogenannten Strategie-Ergänzung zur Bewältigung der beginnenden pandemischen Welle durch die Variante erklärte das RKI, dass nun "maximale Kontaktbeschränkungen" und "maximale infektionspräventive Maßnahmen" erforderlich seien. Wie es in der epidemiologischen Situation weitergeht, sei auch vom Verhalten der Bevölkerung an den Festtagen abhängig.

"Die größten Effekte auf die Dynamik der Omikron-Welle sind von konsequenten und fläckendeckenden Kontaktbeschränkungen und dem Einsatz von infektionspräventiven Maßnahmen zu erwarten", hieß es in dem RKI-Schreiben. Die Zeit bis Mitte Januar müsse genutzt werden, um die Booster-Impfungen voranzutreiben. Lesen Sie dazu: RKI ändert Einschätzung – So hoch ist die Gefahr für Geimpfte

Corona-Gipfel: Das sieht der Beschlussvorschlag vor

Laut einem Beschlussvorschlag, den die "Bild" veröffentlicht hat (Stand: heute, 15.45 Uhr), sollen nach den Weihnachtsfeiertagen Kontakte massiv eingeschränkt werden – und zwar auch für Geimpfte und Genesene. Ab dem 28. Dezember sollen private Treffen von Geimpften und Genesenen nur noch mit maximal zehn Personen erlaubt sein. "Diese Obergrenze gilt für private Treffen innen wie im Außenbereich", heißt es in dem Papier. Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr sind davon ausgenommen. Für ungeimpfte Personen sieht der Entwurf vor: "Sobald eine ungeimpfte Person an einer Zusammenkunft teilnimmt, gelten die Kontaktbeschränkungen für ungeimpfte Personen: Das Treffen ist also auf den eigenen Haushalt und höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts beschränkt."

Der Einzelhandel wird in dem Papier nicht erwähnt. Dies dürfte darauf hindeuten, dass die Geschäfte unter Beachtung der bisherigen Regeln (2G) weiterhin Kundinnen und Kunden empfangen können. Auch mögliche Ausgangsbeschränkungen werden nicht genannt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte in der "Bild"-Sendung "Die richtigen Fragen" am Sonntagabend einen kompletten Lockdown ausgeschlossen. Auf Twitter verwies er auf die Notwendigkeit einer offensiven Booster-Impfkampagne und einer Verschärfung der Maßnahmen zur Kontaktreduktion.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ging zuletzt von Einschränkungen Anfang Januar aus. Ein umfassender Lockdown solle aber möglichst vermieden werden, sagte Habeck am Montagmorgen im Deutschlandfunk. "Ich denke, wir haben noch andere Möglichkeiten, differenzierter vorzugehen", erklärte er weiter. Er sei sich allerdings sicher, "dass Clubs und Diskotheken schließen werden". Dieser Punkt findet sich ebenfalls in dem Entwurf für den Gipfel am Dienstag.

Grünen-Gesundheitspolitiker bringt Lockdown ins Spiel

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sprach sich wegen Omikron mehrfach für schnelle Nachsteuerungen bei Corona-Beschränkungen aus. Von Bund und Ländern vorgesehene Maßnahmen müssten zügig umgesetzt werden, sagte der Bundestagsabgeordnete am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Sollte das nicht reichen, müssten notfalls auch über die Feiertage Parlamente von Bund und Ländern zusammentreten, um weitergehende Maßnahmen zu beschließen. "Es kann durchaus sein, dass wenn sich das mit Omikron weiter verschärft – und es ist zu befürchten –, dass man dann auch die epidemische Lage wieder beschließen müsste."

Bei der neuen Variante handle es sich aufbauend auf den hohen Fallzahlen der aktuellen Welle mit der Delta-Variante um eine "zusätzliche gravierende Gefahr". Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Dahmen: "Wir müssen nach Weihnachten sofort in der Lage sein, einen weitergehenden Lockdown zu beschließen, sollte sich die Lage zuspitzen."

Städte- und Gemeindebund: "Flächendeckender Lockdown als letzter Ausweg"

Der Städte- und Gemeindebund thematisierte ebenfalls einen Lockdown. "Wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunen, etwa in den Gesundheitsämtern, den Ordnungsämtern, der Feuerwehr, den Verwaltungen aber auch bei der Polizei und in Krankenhäusern ausfallen, sind unsere Reaktionsmöglichkeiten beschränkt", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg unserer Redaktion. "Es kann sein, dass als letzter Ausweg nur ein flächendeckender Lockdown als Reaktionsmöglichkeit bleibt."

Dafür fehle allerdings mittlerweile die notwendige Rechtsgrundlage, kritisierte Landsberg. "Wir sind in großer Sorge, dass die vom Expertenrat empfohlenen Kontaktbeschränkungen nicht ausreichen könnten. Deswegen sollte sich die Politik zusätzliche Handlungsmöglichkeiten eröffnen, das bedeutet, der Deutsche Bundestag müsste in einer Sondersitzung möglichst noch vor dem Jahreswechsel erneut die epidemische Lage feststellen."

Omikron: Berliner Abgeordnetenhaus beschließt epidemische Lage

In Berlin ist dies nun passiert: Das Abgeordnetenhaus hat am Dienstag des Bund-Länder-Gipfels als gesetzliche Grundlage für weitere Corona-Maßnahmen in der Hauptstadt eine epidemische Lage beschlossen. Für einen entsprechenden Antrag des Senats stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken sowie die CDU. Die AfD stimmte dagegen, Enthaltung gab es von der FDP. Der Senat kann nun zum Beispiel neue Beschränkungen beschließen, sofern die Infektionslage das erfordert.

Zuvor hatte die neue Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) im Plenum verdeutlicht, dass mit einer Verschärfung wegen der Omikron-Variante durchaus zu rechnen ist – womöglich noch vor Weihnachten. "Omikron verändert fast alles, was wir über die Pandemie bisher gehört haben", warnte sie.

(raer/mja/dpa/afp)