Berlin. Der „Fritzi“ eckt an, Martin schmollt und Wolfi will Recht haben: So sieht es aus an einem normalen Tag im politischen Kindergarten.

Es ist der Gedanke, der einem unweigerlich kommt, wenn das eigene Eltern-Selbst die Tagesschau sieht oder Zeitungen und Nachrichten im Netz liest. Und nein, es ist falsch, diesen Reflex zu unterdrücken, denn jeder hat ihn und er ist ganz natürlich, weil vielleicht sogar erschreckend berechtigt. Und dieser lautet: Die Politik ist ein großer bunter lauter Kindergarten. Inklusive streiten, kratzen, aber mit wenig Aussicht aufs Vertragen, weil das Stück Kuchen auf dem Nebenteller immer größer aussieht als das eigene.

Da ist zum Beispiel der Martin, der heult, weil ihn beim Turnen im Bewegungsraum keiner in seine Mannschaft gewählt hat. Martin ist ein bisschen pummelig, er taumelt zwischen Diät und Gebäck. Die Kinder seien nett zu ihm, „aber sie sind es aus Mitleid“, sagt er der Erzieherin und schluchzt vor sich hin.

Diese will den Martin am liebsten zusammenfalten und ihm sagen, dass er sich mal das Pipi aus den Augen wischen soll, aber ganz pädagogisch korrekt wie Erzieher halt so sind, sagt sie der Andrea, die den Martin immer piesackt, dass sie eine sehr, sehr laute Stimme habe und die anderen sie im Stuhlkreis auch sehr gut verstehen könnten, wenn sie ein bisschen leiser reden würde. „Daanke, Andrea“, wirft sie noch hinterher.

Der „Fritzi“ kämpft noch mit Anpassungsschwierigkeiten

Anderseits hat die Lehrerin aber genug mit dem Friedrich zu tun. Der ist nach einer längeren Abwesenheit wieder in den Kindergarten zurückgekehrt und kämpft seitdem mit gewissen Anpassungsschwierigkeiten.

Da fängt er doch erst vergangene Woche wieder an, alte Kamellen in der Puppenküche aufzukochen. Und da erklärt noch der Bezugserzieher, das seien dieselben Verhaltensmuster von früher, wenn „der Fritzi“ sagt, dass darüber geredet werde müsse, ob das Asylgrundrecht „in dieser Form fortbestehen“ könne.

Dafür wollte ihm die Gundi, dessen Eltern bei der Antifa sind, erst einmal „ins Gesicht kratzen“, was das pädagogische Personal gerade noch mit dem Einsatz von drei Fachkräften verhindern konnte, denn die Eltern vom „Fritzi“ sind ja so klagefreudig und das wäre jetzt wirklich ganz blöd gewesen.

Andererseits weiß die Erzieherin ja auch, dass „Fritzi“ eigentlich nur der Alice und ihren Freunden mit seinem Alpha-Verhalten imponieren will, aber dass er gerade damit null bei ihr ankommt, weil die ja ganz andere Probleme hat. Alice hat nämlich gelogen. Das behaupten zumindest die anderen und lügen darf man nicht.

„Dann müssen alle ihre Bonbons zeigen“, sagt Alice

„Petzen aber auch nicht“, schreit da die Alice aus der Strafecke zurück, aber da hat die Erzieherin ihr schon einen strengen Blick zugeworfen. Alle finden, dass wenn Alice schon Bonbons in die Kita mitbringt, dann soll sie auch sagen, von wem, und überhaupt allen eins abgeben. „Das wäre ja sonst voll unfair“, merkt Wolfi, der Gruppenälteste, an.

Da sind sich ja ausnahmsweise mal alle einig. „Ja, aber dann müssen alle ihre Bonbons zeigen“, ruft da wieder die Alice aus der Ecke. Aber da hört auch schon keiner mehr zu, denn der Abschied von der kleinen Angela steht an. Zwar sagt der Jens, dass er gar nicht traurig sei und die „Angie“ eh immer blöd war, aber da nimmt ihn schon die Erzieherin in den Arm und sagt, dass er ruhig traurig sein dürfe, und jetzt im Nachhinein gemein zu sein, wäre nicht nett gegenüber der Angela. Der Jens sagt darauf dann auch nichts weiter, weil er keine Lust auf eine „Auszeit“ neben der Alice hat.

Die Angela thront derweil auf dem Ehrenstuhl mit einer selbstgebastelten Krone, die ihre Freundin Annegret für sie gebastelt hat, und schaut ohne ein Wort zu sagen, dem Gezanke zu. Als sie merkt, dass die Erzieherin ihr von hinten den Arm auf die Schulter legt, schaut sie zu ihr hoch und fragt: „War ich früher auch so?“

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