Berlin. Wie wäre wohl eine Welt, in der CDU-Vorsitz-Anwärter wie Friedrich Merz dringende soziale Probleme angehen würden? Etwa die von Frauen.

Diese Woche, da kam ich doch in mein feministisches Vereinsheim reingestürmt. Die anderen alleinerziehenden Mütter waren gerade dabei, einen würzigen HimbeerInnentee aufzusetzen und die Voodoo-Puppen für unser wöchentliches Anti-Maskulinisten zu drapieren, als sie alle durch meine laute Stimme erschreckt wurden.

„Ladys, es ist so weit. Lasst uns die guten Nachrichten feiern“, rief ich und warf meinen Mantel in die Sofaecke.

„Wie“, sagte Gunda aufgeregt. „Ist Horst Seehofer etwa zurückgetreten?“ Die anderen blickten auf.

„Aber nein, viel besser“, antwortete ich. „Der Merz kandidiert für den CDU-Vorsitz!“ Gunda schaute mich an, als wäre ich ein Gespenst. „Geht es dir nicht gut, meine Liebe?“, fragte sie besorgt. „Möchtest du diese negativen Stimmungen vielleicht hinten in der Wutecke erst einmal wieder ausbalancieren?“

Blackrock? Sind das nicht die mit den Geschäften in Saudi-Arabien?

Aber ich schüttelte den Kopf und nahm auf einem der indischen Fairtrade-Sitzkissen Platz. Die anderen folgten mir mit Blicken, interessiert an meiner weiteren Agitation. „Wisst ihr, ihr nervt mich manchmal mit eurem linksliberalen Weltbild, alles Konservative immer zu verteufeln. Da ist Friedrich Merz als dreifacher Vater, Ehemann einer Richterin, ja, ganz korrekt, als gleichberechtigter Partner einer berufstätigen Frau in hoher Position, der durch seine jahrzehntelange Expertise in der Finanzwelt, als Aufsichtsratsvorsitzender und Deutschlandversteher bei ,Blackrock‘“ ...

„Blackrock“, schrie Gunda mich an. „Du meinst die Vermögensverwalter, die nach der Ermordung von Jamal Kha­shoggi verkündeten, dass Geschäfte in Saudi-Arabien ,nichts wofür man sich schäme‘ seien?“

„Gunda“, polterte ich zurück. „jetzt gehst du zu weit. Was kann denn der arme Friedrich Merz dafür, wenn sein Vorstand Larry Fink so etwas öffentlich sagt?“ Alle blickten mich an. Sogar die Bärbel von der Antifa hatte aufgehört, Gurken für die Rohkostplatte zu schneiden. „Schaut doch mal“, sagte ich. „Es fehlen derzeit 300.000 Kita-Plätze in Deutschland, vergangenes Jahr mussten der Bundeshaushalt und die Länder rund eine Milliarde für Unterhaltsvorschüsse an Alleinerziehende ausgeben. Das ist auch deshalb nötig, weil 37,5 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Deutschland in Teilzeit arbeiten und die 2,3 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland auf Unterhalt angewiesen sind. Das Rechenbeispiel ist deshalb sogar für jeden Volkswirtschaftsstudenten im Proseminar Makro-Ökonomie verständlich: Würden die Öffnungszeiten von Kitas bundesweit ausgedehnt werden, wären mehr Frauen Vollzeit berufstätig. Und Gott sei Dank kommt da jetzt so ein Mann wie Merz, der den Ausbau von Kita-Plätzen und Betreuung bestimmt schon als Geheimpapier in der Schublade hat.“

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    „Klar“, sagte Antifa-Bärbel und nervte wieder herum. „So ein Typ wie Merz interessiert sich für uns Mütter und Frauen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ach, Bärbel, jetzt redest du aber wie ein linksfrustriertes Dummerchen. Wir Frauen sind doch diejenigen, die Care-Arbeit wie Haushalt, Betreuung von Kindern und alten Menschen laut Studie zu 90 Prozent ausführen. Unsere kostenlosen Dienstleistungen haben den Gegenwert von rund 50 Prozent des Nationalproduktes. Wer, wenn nicht wir – und das hat doch ein Stratege wie Merz schon in der Grundschule begriffen –, sind denn sonst seine wichtigsten Wähler? Und schaut mal“, rief ich dann und rannte zu meiner Tasche.

    „Ich habe da gleich mal CDU-Mitgliedsanträge für uns alle mitgebracht. Auf denen wird übrigens auch abgefragt, ob man für die Dauer der Parteimitgliedertreffen Kinderbetreuung braucht.“ Ich verteilte die Anträge. Irgendwie sagte jetzt keine mehr etwas. „Ich weiß, was ihr jetzt denkt“, sagte ich beschwichtigend. „Das Kind gehört doch zur Mutter.“