Charles setzt auf Solarenergie und macht sich für die Umwelt stark. Er nimmt aber auch den Charterjet statt eines Linienflugs.

London. Selbst künftige Könige dürfen das Stadtbild nicht verschandeln. Deshalb musste Prinz Charles, 61, erst in aller Form einen Antrag stellen, als ihm die Idee kam, klimaschonende Solarzellen auf dem Dach seiner Londoner Residenz Clarence House anzubringen. Nun habe ihm der Bezirksrat von Westminster die Genehmigung erteilt, ließ er "hocherfreut" aus dem Schottlandurlaub kundtun.

Hinter der hohen Balustrade des 183 Jahre alten, unter Denkmalsschutz stehenden Palais sei die Anlage von der zum Buckingham-Palast führenden Prachtallee Mall nicht zu sehen, entschieden die Ratsherren. Dort sollen demnächst 32 Solarmodule mit einer Gesamtfläche von 12,25 Quadratmetern montiert werden. Sie dürften jährlich etwa 4000 Kilowattstunden Strom erzeugen - genug zur Versorgung einer Normalfamilie und ausreichend, um das bereits seit drei Jahren CO2-neutrale Gebäude CO2-negativ zu machen. Amortisieren wird sich die Ausgabe von schätzungsweise 185 000 Euro trotz staatlicher Subvention allerdings frühestens in zehn Jahren.

Der Bezirksrat lobt das Solarprojekt Seiner Königlichen Hoheit

Doch der Hausherr ist willens und in der Lage, sich den Umweltschutz - oder die Sympathien, die er sich damit erkauft - etwas kosten zu lassen. Mittelfristig denke er auch schon über Solarpanele für das südwestwärts blickende Dach nach, heißt es. Der Bezirksrat lobte das Projekt "Seiner Königl. Hoheit des Prinzen von Wales, weil es nicht nur zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beiträgt, sondern mittelbar auch die Wirkung hat, das Profil erneuerbarer Energietechnologien zu steigern".

Für beides wirbt der Thronfolger zurzeit intensiv. Erst vor wenigen Tagen empfahl Charles, der morgens angeblich kalt duscht, seinen Landsleuten eindringlich, zum Wohl der Welt kürzer und kühler zu duschen, ihre Häuser und Wohnungen mit Schafswolle zu isolieren, den Garten mit Badewasser zu gießen und alte Vorhangstoffe zu bunten Handtaschen oder Einkaufsbeuteln umzufunktionieren. Das seien "Dinge, die ich selbst tue", wie er anfügte.

Ab 6. September reist er fünf Tage quer durchs Inselreich, um Klima- und Umweltschutz zu predigen. Danach lädt er Fachleute und Volk zu einem zwölftägigen "Gartenfest" ein, im Clarence House und den beiden Nachbarvillen mit Musik, Diskussionsrunden und Tipps, "wie jeder von uns einen Beitrag leisten kann, selbst wenn es sich nur um einen Schrebergarten, eine Hühnerhaltung oder eine Bienenzucht handelt".

Viele Briten sind beeindruckt vom ökologischen Engagement ihres nächsten Monarchen. Viele - aber nicht alle. Manche fragen sich angesichts seines aufwendigen Lebensstils, wie echt, wie tief sitzend der missionarische Umwelteifer von Charles wirklich ist. Als "The Prince of Green Hypocrites", den grünen Heuchlerfürsten, geißelte die prominente Publizistin Julie Burchill, 51, ihn kürzlich in der Londoner Tageszeitung "The Independent". Seine bevorstehende Landauf-/Landabreise im königlichen Sonderzug tat sie als "heiße Luft" ab, monierte seinen US-Flug im Charterjet zur Entgegennahme einer Umweltauszeichnung und zitierte ein renommiertes Buch, demzufolge der Prinz jeden Morgen sieben Frühstückseier von unterschiedlicher Kochzeit köpft, um zu entscheiden, welches ihm genehm ist. "Wenn ich ihm begegnete", zürnte sie, "würde ich nur zwei Wörter zu ihm sagen: Marie Antoinette!"

Die Anspielung auf die guillotinierte Franzosenkönigin, die hungernden Untertanen riet, Kuchen zu essen, ist durch ein Hofdementi im Internet ("Tut er nicht und hat er nie getan") etwas entkräftet, wenngleich unbestritten bleibt, dass Charles seinen persönlichen Legehühnern einen 15 000 Euro teuren Fachwerkstall hat bauen lassen.

Camillas Schuhe wurden mit einer Sondermaschine hinterhergeflogen

Zuweilen gemahnt Charles' Verhalten sogar an noch frühere Zeiten, an den verschwendungssüchtigen Herrscher, Ludwig XIV. (1638-1715), den Sonnenkönig. So beispielsweise als Charles ein Paar Pumps, die seine Frau versehentlich nicht mit eingepackt hatte, per Sondermaschine von London nach Kuwait fliegen ließ, damit Camilla, 63, nicht auf sie verzichten musste. "Welch ein höllischer CO2-Fußabdruck für ein Paar Schuhe", höhnte Joss Garman von der Grünen-Organisation Plane Stupid. Da sind die Fälle, wo der Prinz zwar die Bahn nimmt, den gepanzerten Bentley aber vorausschickt, oder wo er, Camilla und 27 Begleiter zu einer Umweltvisite in vier südamerikanischen Ländern einen 140-sitzigen Airbus 319 chartern. Und nicht zuletzt der 6,5-Tonnen-CO2-Fußabdruck, den er im Dezember hinterließ, weil er den eintägigen Besuch des Umweltgipfels in Kopenhagen an Bord eines Siebensitzers statt eines Linienfliegers absolvierte.

Mithin - ein leuchtendes Beispiel für Klimaschutz ist der Thronfolger nicht gerade. Seine CO2-Jahresbilanz pendelt immer noch um die 2500 Tonnen, verglichen mit elf Tonnen je Durchschnittsbrite. Doch jedes Jahr wird sie etwas besser. Charles bemüht sich. Das zeigt die Umrüstung seines Fuhrparks, außer dem Bentley, auf Biotreibstoff aus Bratfett, Wein und einem Nebenprodukt aus der Käseherstellung. Und das beweisen auch die Solarzellen.