Der schleswig-holsteinische Politiker stellt sich kritischen Fragen der Gymnasiasten - und antwortet erstaunlich offen.

Werner Marnette ist ein Mann der klaren Worte. Einer, dem man anmerkt, dass er die meiste Berufszeit nicht als Politiker, sondern als Manager agiert hat. So antwortete Schleswig-Holsteins Wissenschafts-, Wirtschafts- und Verkehrsminister erstaunlich offen auf die kritischen Fragen der Gymnasiasten im Schulzentrum Am Heimgarten in Ahrensburg. Denen hat er zwar als Privatmann ein Abendblatt-Paten-Abo gespendet, das er nun persönlich vorbeibrachte, aber in der gestrigen Diskussionsrunde ging es vor allem um die drängenden Probleme im Land.

So wirkte Werner Marnette (CDU) sichtlich geknickt, als ein Schüler ihm vorwarf, mit der finanziellen Unterstützung der HSH Nordbank die Schulden Schleswig-Holsteins noch weiter in die Höhe getrieben zu haben. Denn es ist ja vor allem auch die heutige Jugend, die später zur Kasse gebeten wird. "Das mit der HSH Nordbank ist eine bittere Geschichte und ich stehe mit klammen Gefühl vor Ihnen, dass ich ein Geschäftsmodell unterstützen muss, von dem selbst der Aufsichtsrat der Bank nichts hält", gab der Wirtschaftsminister zu. Hätten die Länder in dieser Notlage nicht handeln müssen, hätte er sich für eine andere Lösung stark gemacht. Denn Marnettes Motto ist, wie er vor den Schülern bekräftigte, "so wenig Staat wie möglich".

Das passe aber gar nicht in die heutige Zeit, bemerkte ein Schüler, wo doch Politiker von Enteignung sprechen und massive Staatshilfen fließen sollen. Da erzählte Marnette im Plauderton, dass Kanzlerin Angela Merkel ihn am Wochenende mürrisch angeschaut hätte, als er sich öffentlich gegen Enteignung aussprach.

"Der Staat muss Spielregeln aufstellen, aber aus Managementfragen sollte er sich raushalten", sagte der Ex-Chef der Norddeutschen Affinerie.

In dieser Position habe er immer gerne die "Klappe" gegen Politiker aufgemacht, sagte er. Und der 63-Jährige machte gestern nicht den Eindruck, als ob ihn sein eigenes Ministeramt nun davon abhalte. "Ich bin ein Seiteneinsteiger und wollte nach der Wirtschaft wissen, wie die Politik so funktioniert." Er habe aber, anders als viele Politiker, die Unabhängigkeit zu sagen: "Wenn ihr es zu doll treibt, könnt ihr mir den Buckel runterrutschen." Politiker seien von den Medien getrieben. Daraufhin fragte eine Zwölftklässlerin, ob es ihn denn stören würde, dass es so viele Informationen über ihn im Internet gebe? Da bekannte der Minister, dass er in die Enzyklopädie

Wikipedia nicht mehr reinschaue. "Da stand schon einiges an Quatsch über mich drin."

Aber grundsätzlich habe er ein "dickes Fell" entwickelt. "Doch für meine Familie ist und war es nicht immer leicht", sagte er und erinnerte an den Anschlag im Sommer 2005, als sein Dienstwagen in Brand gesteckt wurde.

Da lag die Frage, ob er angesichts der Wirtschaftskrise bereue, Wirtschaftsminister geworden zu sein, natürlich auch nahe: "Sie sprechen mir aus der Seele", gab Werner Marnette zu, der erst seit Juli 2008 im Amt ist. Aber auch in der Wirtschaft habe er Höhen und Tiefen miterlebt. "Und ich lasse mich nicht verbiegen", sagte er kämpferisch - als Politiker ein gewagtes Statement.

So wolle er auch an der Atomkraft festhalten (was einigen Schülern sichtlich nicht passte), sich für die Fehmarn-Belt-Querung einsetzen (trotz ökologischer Bedenken eines Abiturienten) und sich als Unterstützer der mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein beweisen.

Am Ende der Diskussion hatte der Herr Minister um mehr als 30 Minuten überzogen ("Ist gerade so spannend") und die Schüler aus den Leistungskursen "Wirtschaft und Politik" bekamen den lebenden Beweis dafür, dass Politikunterricht richtig Spaß machen kann.