Neuseeland kämpft gegen die Ölpest. Die letzten Seeleute sind von Bord. Das Wetter wird schlechter. Der Frachter droht auseinanderzubrechen.

Wellington. Nachdem Unwetter den havarierten Frachter „Rena“ weiter beschädigt haben, hat Neuseelands Umweltminister Nick Smith vor der schlimmsten Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes gewarnt. Starker Wellengang hatte in der Nacht zu Dienstag Löcher in den Rumpf des Containerschiffes geschlagen. Das Öl strömt laut Smith nun fünfmal so schnell aus dem Frachter. Bislang sind aus den Treibstofftanks des Frachters nach Angaben der neuseeländischen Behörden 300 Tonnen Öl ausgelaufen. Davon sei eine große Menge ins Meer geflossen.

Die „Rena“ wurde mittlerweile zum Geisterschiff: Rettungskräfte haben die komplette Besatzung mit Helikoptern in Sicherheit gebracht. Zuletzt waren noch 25 Mann an Bord, die das Schweröl aus den Treibstofftanks abpumpten. Das wurde nun wegen des schlechten Wetters zu gefährlich. Von insgesamt 1700 Tonnen Treibstoff sind nach Angaben der neuseeländischen Schifffartsbehörde MNZ bislang nur rund zehn Tonnen auf ein Spezialschiff gepumpt worden. Die 236 Meter lange „Rena“ droht auseinanderzubrechen und könnte eine noch größere Ölpest verursachen. Die Zeit läuft davon und die Wettervorhersagen für die kommenden zwei Tage sind schlecht.

Die Crew werde nicht auf das Schiff zurückkehren, solange sich das Wetter nicht bessere, teilte ein MNZ-Sprecher mit. Zugleich bestätigte er, dass auf Luftaufnahmen keine „ernsthaften Deformierungen“ am Frachter festgestellt wurden. Experten glaubten nicht, dass das Schiff bald auseinanderbreche, sagte der Sprecher.

Wegen des starken Seegangs konnten Taucher den Schiffsrumpf nicht inspizieren. Über Nacht gelangte der Frachter zwar zunächst in eine aufrechtere Position. Inzwischen steht das Schiff aber ungünstiger als zuvor. Die Situation sei mehr und mehr „besorgniserregend“, sagte der Sprecher von MNZ. Kommende Woche soll ein australisches Schiff die Fracht der „Rena“ mit einem Kran übernehmen und wegtransportieren.

An den weißen Sandstränden der Nordküste Neuseelands sind die ersten Folgen der Umweltverschmutzung entdeckt worden. Bei Mount Maunganui, einem beliebten Badevorort der Hafenstadt Tauranga, wurden Ölplacken angeschwemmt. Mehrere tote Vögel seien geborgen worden, berichtete die MNZ. Weitere ölverschmierte Tiere würden behandelt. Laut Behörden wird immer mehr Öl an den Strand gespült. Noch Monate werde man gegen die Katastrophe kämpfen.

Berichte, wonach die „Rena“ erhebliche Mängel aufgewiesen haben soll, wollten die neuseeländische Schifffahrtsbehörde und die Regierung weiterhin nicht kommentieren. Bei mehreren Inspektionen in China, Australien und im neuseeländischen Hafen Bluff hätten Behörden unter anderem ungenaue Seekarten entdeckt, berichtete die Gewerkschaft der Seeleute Maritime Union. Verkehrsminister Steven Joyce sagte, die neuseeländische Schifffahrtsbehörde habe der „Rena“ eine Freigabe gegeben und lediglich ein Problem mit einer Seekarte von Südchina festgestellt.

Das Unglücksschiff ist nach Auskunft des deutschen Verbands der Reeder 1990 in Kiel gebaut worden und somit erst 21 Jahre alt – und nicht 32, wie zuvor angegeben. Das Schiff war an dem Astrolabe-Riff auf Grund gelaufen. Das Unglücksgebiet vor der Plenty-Bucht ist ein Paradies für Seevögel, Delfine sowie Wale und wegen der Natur und der Badestrände auch bei Touristen sehr beliebt.