Es ist ein Wettlauf mit der Zeit: Bevor schlechtes Wetter aufkommt, versuchen Experten, eine große Ölpest vor der Küste Neuseelands abzuwenden.

Wellington/Berlin. Nach der Havarie eines Containerschiffes vor Neuseeland wächst die Angst vor einer Ölpest von historischer Größe. Es gebe eine ernsthafte Gefahr, dass die 32 Jahre alte und 236 Meter lange „Rena“ auseinanderbricht und große Mengen Öl in den Südpazifik strömen, räumte Verkehrsminister Steven Joyce am Freitag ein. Ein Treibstofftank sei schon geborsten: Rund 100 Tonnen Schweröl seien in den Schiffsrumpf und ins Meer geflossen - wie viel genau in den Ozean gelangte, ist ungewiss.

„Das Unglück könnte sich zu der schlimmsten Meeres- Umweltkatastrophe seit Jahrzehnten in Neuseeland entwickeln“, warnte Umweltminister Nick Smith. In den Tanks befinden sich schätzungsweise noch 1500 Tonnen Schweröl. Bereits am Donnerstag hatte sich ein fünf Kilometer langer Ölteppich gebildet, mehrere ölverschmierte Seevögel verendeten. „Es braucht gar kein großer Öltanker zu sein. Auch Frachter oder Containerschiffe können große Auswirkungen haben, wenn die kentern“, warnte Jörn Ehlers vom Umweltverband WWF im TV-Sender n-tv. Sein Verband verwies auf den Unfall des Holzfrachters „Pallas“. Das Schiff war 1998 in der Nordsee gestrandet. Damals tötete eine vergleichsweise geringe Menge von etwa 100 Tonnen Schweröl rund 16000 Seevögel.

Am Freitag bargen Tierschützer in Neuseeland nahe der kleinen Motiti-Insel in der Plenty-Bucht vier verklebte Zwergpinguine und zwei Kormorane, wie die staatliche Schifffahrts- und Meeresschutzbehörde (MNZ) mitteilte. In der Gegend leben auch Delfine und Wale sowie eine Seehund-Kolonie. Der Einsatz von chemischen Lösungsmitteln gegen das Öl war bislang ohne Erfolg.

Die „Rena“ war am Mittwoch rund 20 Kilometer vor dem Hafen von Tauranga an dem Astrolabe-Riff auf Grund gelaufen und leckgeschlagen. Zwei Laderäume wurden überflutet, der Frachter hat eine Schlagseite von 14 Grad.

Die 23 Besatzungsmitglieder aus den Philippinen seien weiterhin an Bord und versuchten, Wasser abzupumpen, berichteten örtliche Medien. Das Schiff hat etwa 2100 Container mit Holz, Milchpulver, Fleisch und Fisch geladen. Seine Frachtkapazität beträgt 47.000 Tonnen.

Rund 100 Experten und Freiwillige sind im Kampf gegen die drohende Ölpest im Einsatz. Die Marine hält 500 Soldaten bereit. Ein Bergungsteam will am Montag damit beginnen, das Öl aus den Tanks abzupumpen. Bis dahin sollen Spezialschiffe und weitere Ausrüstung eintreffen. „Die Operation ist kompliziert, das wird länger als nur ein paar Tage dauern“, sagte MNZ-Einsatzleiter Rob Service. Es sei zudem unvermeidbar, dass einiges Öl ans Ufer gelange. „Wir sind auf eine große Reinigungsaktion vorbereitet.“

Auch Verkehrsminister Joyce äußerte sich eher pessimistisch: „Die Situation mit dem Öl wird sich verschlechtern, daran gibt es keine Zweifel.“ Er rief die Bewohner in der Plenty-Bucht auf, sich auf anschwemmendes Öl an den Stränden einzustellen.

Dabei wird die Bergung zu einem Wettlauf mit der Zeit: Noch ist das Wetter ruhig, aber für nächste Woche sind starke Winde und hohe Wellen angesagt. Das könnte das Schiff destabilisieren. Zudem hat die „Rena“ nach Angaben der Behörden vier Container mit gefährlichen Substanzen geladen, die beim Kontakt mit Wasser entzündbar sein könnten. Überdies sei das austretende Öl giftig, warnte die Meeresschutzbehörde.

Die Umweltorganisation WWF forderte unterdessen ein Verbot von Schwerölen in der Schifffahrt. „Schweröl muss weg. Das ist eigentlich Sondermüll, mit dem die Schiffe da betrieben werden. An Land dürfte kein Fahrzeug mit sowas herumfahren“, sagte WWF-Meeresschutzexperte Stephan Lutter der Nachrichtenagentur dpa am Freitag. Stattdessen sollten Schiffe mit leichterem Dieselkraftstoff betrieben werden.