Der zur lebenslanger Haft verurteilte Magnus Gäfgen schildert im Prozess die Drohung und Misshandlung durch einen Polizeibeamten.

Frankfurt/Main. Der verurteilte Kindesmörder Magnus Gäfgen hat am Donnerstag vor dem Frankfurter Landgericht über die Vernehmung nach seiner Festnahme berichtet. Ein Vernehmungsbeamter habe ihm am 1. Oktober 2002 Schmerzen angedroht, um das Versteck des entführten elfjährigen Jakob von Metzler zu erfahren, sagte Gäfgen. Er klagt deswegen gegen das Land Hessen um Schmerzensgeld. Der Beamte habe ihm gesagt, dass bereits ein Spezialist mit dem Hubschrauber unterwegs sei, der dazu ausgebildet sei, „mir solche Schmerzen zuzufügen, wie ich sie noch nie erlebt habe“. Eine andere Äußerung habe er als Drohung aufgefasst, dass er aus dem Hubschrauber geworfen werden könnte, sagte der ehemalige Jura-Student.

Ihm sei gesagt worden, „ich könne mir gar nicht vorstellen, was man alles mit mir machen könne“. Dabei habe der Polizist - soweit er sich erinnere - auch mit einer Wahrheitsdroge gedroht. Der Vernehmungsbeamte habe ihn zudem mehrfach geschubst und mit dem Handballen geschlagen. Nachdem er ihn an der Schulter geschüttelt habe, sei er mit dem Hinterkopf an die Wand geschlagen, berichtete Gäfgen weiter.

"Hilflosigkeit und Angst" verspürt

Er sei sich nicht sicher, ob er während des Verhörs gefesselt gewesen sei. „Ich gehe aber davon aus“, sagte der 35-Jährige in der Verhandlung. Zwischendurch habe ihn der Beamte immer wieder gefragt, wo der Junge sei und ob er noch lebe. Er habe „Hilflosigkeit und Angst“ verspürt. Deshalb habe er die Polizei zur Leiche des Kindes an dem Weiher geführt. Das Gespräch habe etwa zehn Minuten gedauert.

Der Kindesmörder führt in dem Zivilverfahren an, dass er durch die Gewaltandrohung während des Polizeiverhörs psychische Schäden davongetragen habe. Der Streitwert liegt bei 15.000 Euro. Als Zeugen wurden der Vernehmungsbeamte und der damalige Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner geladen. Außerdem sollte ein Gutachter gehört werden.

Klage durch alle Instanzen

Der damalige Jurastudent hatte den elfjährigen Jungen am 27. September 2002 entführt und in seiner Wohnung erstickt. Von der Familie forderte er eine Million Euro Lösegeld. Kurz nach der Geldübergabe wurde Gäfgen festgenommen. Die Polizei wähnte Jakob noch am Leben und drohte dem Täter Gewalt an, um das Leben des Kindes zu retten. Daraufhin führte Gäfgen die Beamten zur Leiche an einem See. Das Frankfurter Landgericht verurteilte ihn 2003 zu lebenslanger Haft. Seitdem klagt sich Gäfgen durch alle Instanzen.

Zuletzt landete sein Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Richter verurteilten Deutschland wegen Verstoßes gegen das Folterverbot. Die Große Kammer bezweifelte, dass die Behörden angemessen auf den Ernst der Lage reagiert haben. Sie bemängelte, dass die Beamten nur zu geringen Geldstrafen auf Bewährung verurteilt wurden. Die Verurteilung Gäfgens zu lebenslanger Haft beanstandeten die Richter aber nicht.