Eine Mutter packte den Kinderwagen auf den Bahnsteig und wollte danach ihr Kind holen. Da schlossen sich die Türen, der Zug fuhr ohne sie weiter.

Potsdam. Die Bahn kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen: Ein zweijähriges Mädchen musste in Brandenburg eine Bahnfahrt allein überstehen, weil die Mutter beim Aussteigen ausgesperrt worden war. Die Mutter wollte am Freitag in Pritzwalk mit dem Kind aus dem Zug steigen. Sie packte zuerst den Kinderwagen auf den Bahnsteig und wollte danach ihr Kind holen. Da schlossen sich die Türen, der Zug fuhr ohne sie weiter. Bahn-Chef Rüdiger Grube entschuldigte sich bei der Mutter und kündigte am Sonntag die Aufklärung des Vorfalls an.

Wie die Zeitung „Märkische Allgemeine“ am Wochenende berichtete, hatte sich die Mutter in ihrer Panik an einen Bahnmitarbeiter gewandt. Doch der habe mit Hinweis auf den Fahrplan abgelehnt, den bereits abgefahrenen Zug zu stoppen. Die Bahn betonte, das Kleinkind sei während der etwa 45 Minuten langen Fahrt betreut worden. Als Helfer in der Not stellte sich die Polizei zur Verfügung: Mit einer Funkstreife wurde die Mutter von Bahnhof zu Bahnhof gefahren. Die Beamten hätten sie dann mit ihrem Kind auch wieder zurück gebracht, teilte die Polizei in Perleberg (Prignitz) mit. In der Bahn-Mitteilung hieß es, intern werde untersucht, wie es zu der „Verkettung unglücklicher Umstände“ kommen konnte. In den nächsten Tagen sollten die Mitarbeiter intensiv befragt werden. „Nach ersten Erkenntnissen war das zweijährige Kind jedoch während der unfreiwilligen Trennung von der Mutter unter Betreuung und keiner Gefahr ausgesetzt“, bekräftigte die Bahn.

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Zugausfälle, Verspätungen, Pannen: Der Bahnverkehr war beim Wintereinbruch im Dezember noch stärker beeinträchtigt als offiziell bestätigt. Über die Weihnachtszeit erreichte zum Teil nur jeder fünfte Fernzug rechtzeitig sein Ziel, im Regionalverkehr blieben nur 60 Prozent der Züge im Fahrplan. Das geht aus einer internen Statistik der Deutschen Bahn hervor, über die der "Tagesspiegel" berichtet. Der Konzern wollte sich zu den Zahlen nicht äußern. Die Statistik wird streng unter Verschluss gehalten.

Experten wie Karl-Peter Naumann, der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, sehen in den eisigen Temperaturen nicht den einzigen Grund für die Verspätungen. "Es hat an der langfristigen Vorbereitung auf den Winter gefehlt", sagte Naumann dem Abendblatt. Er kritisierte, dass wegen des geplanten Börsengangs zu viele Waggons und Loks verkauft wurden. Jetzt könne nicht mehr auf Reserven zurückgegriffen werden. Zudem seien viele Gleisverbindungen abgebaut worden, sodass Ausweichmöglichkeiten fehlten. Verspätungen wirkten sich deshalb schnell auf viele nachfolgende Züge aus.

Am Montag wollen sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern auf einer Sonderkonferenz in Berlin mit den Problemen der Bahn befassen.

(dpa/abendblatt.de)