Aktivisten sprechen vom “Bohrloch der Hölle“, erst in Monaten könnte es gestopft sein. Mehrere benachbarte Plattformen wurden evakuiert.

Frankfurt/Main/London. Zur Schließung des Gaslecks an einem Bohrloch vor der Ostküste Schottlands prüft der Energiekonzern Total mehrere Optionen. Bis zur Fertigstellung einer Entlastungsbohrung könnten sechs Monate vergehen, erklärte Total laut einem Bericht des britischen Senders BBC vom Mittwoch. Die Lage sei stabil, das Leck sei jedoch noch nicht gefunden.

Die Region ist für Schiffe und Flugzeuge gesperrt, die betroffene Förderplattform "Elgin" wurde evakuiert. Auch der Konzern Shell brachte Arbeiter von einer benachbarten Plattform in Sicherheit. Ein Sprecher der Gewerkschaft RMT, die die Ölarbeiter vertritt, sagte, es bestehe das Risiko "katastrophaler Verwüstung". Dies gelte insbesondere dann, wenn sich das Gas entzünden sollte, zitierte die BBC Sprecher Jake Molloy. Das Leck trat am Sonntag auf.

Für die Öffentlichkeit an Land besteht nach Angaben der Behörden keine unmittelbare Gefahr. Das ausströmende Gas enthalte aber giftigen Schwefelwasserstoff, weshalb Personen direkt am Leck gefährdet seien. Dies dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb Total die Plattform bereits am Sonntag evakuieren ließ und die 238 Arbeiter vor Ort in Sicherheit brachte. Nach Angaben der Behörden wird sich das nach faulen Eiern riechende Gas mit der Zeit in die Atmosphäre verflüchtigen.

Die norwegische Umweltgruppe Bellona sprach von einem Horrorszenario. „Das Problem ist außer Kontrolle geraten“, sagte Bellona-Chef Frederic Hauge. Bevor die Arbeiter auf der Plattform in Sicherheit gebracht worden seien, hätten sie sich

14 Stunden um eine Eindämmung des Problems bemüht. Auch Greenpeace zeigte sich alarmiert und kritisierte die britische Regierung, die die Ausbeutung von besonders tief gelegenen Rohstoffvorkommen in der Nordsee mit speziellen Anreizen noch gefördert habe. Das Gasfeld von „Elgin“ liegt etwa 6000 Meter unter dem Meeresboden.

Total flog nach eigenen Angaben 10 bis 20 Spezialisten ein und heuerte den Dienstleister Wild Well Control an, der auch bei der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko zum Einsatz kam. Total erklärte, der Konzern halte sich alle Optionen offen, darunter auch eine Entlastungsbohrung, was aber rund sechs Monate dauern dürfte. Die andere Alternative sei das „Kill“-Verfahren mittels einer gezielten Explosion, was aber deutlich riskanter wäre. An der „Elgin“-Plattform förderte Total täglich neun Millionen Kubikmeter Gas, was drei Prozent der britischen Gesamtfördermenge von Erdgas entspricht. Zudem wurden an der Bohrinsel täglich 60.000 Barrel Leichtöl gewonnen, was rund 5,5 Prozent der britischen Gesamtfördermenge von Erdöl entspricht. Nach der Evakuierung der Plattform zog der Gaspreis an.

An der Pariser Börse verlor die Total-Aktie sechs Prozent und war damit der mit Abstand größte Verlierer im Pariser Leitindex CAC40 sowie im EuroStoxx50. Der Kurssturz vernichtete mehr als fünf Milliarden Euro an Marktkapitalisierung von Total und drückte die Titel auf ein Zweieinhalb-Monatstief. „Das ruft böse Erinnerungen an die Ölkatastrophe von BP im Golf von Mexiko 2010 hervor“, sagte ein Händler in Paris. Der weitere Fortgang der Geschehnisse in der Nordsee sei schwer absehbar, deshalb werde die Aktie im Zweifel lieber verkauft.