Nach dem tödlichen Zugunglück in Polen sorgen sich die Menschen im Land um die Sicherheit auf den Schienen. Bahnmitarbeiter angeklagt.

Warschau. Die polnische Staatsanwaltschaft hat einen Bahnmitarbeiter angeklagt, versehentlich das tödliche Zugunglück nahe Zawiercie in Südpolen verursacht zu haben. Dies teilte die Staatsanwaltschaft am Montag mit. Ein zweiter Mitarbeiter wurde für eine Befragung festgenommen, aber nicht angeklagt, sagte der mit den Ermittlungen betraute Staatsanwalt Tomasz Ozimek. Die beiden Fahrdienstleiter hatten zur Unglückszeit in den Bahnhöfen an der Unfallstrecke zwischen Warschau und Krakau Dienst. Am Sonnabendabend stießen zwei Personenzüge frontal zusammen. Bei dem Unglück starben 16 Menschen, Dutzende wurden zum Teil schwer verletzt.

Experten spekulieren derweil, der Fahrer des Zuges, der von Warschau aus in Richtung Krakau auf dem falschen Gleis unterwegs war, habe ein Signal verpasst. Andere mutmaßen, das Signal sei schlicht ausgefallen. Antworten könnten die Fahrtenschreiber geben - etwa über die Geschwindigkeit der beiden Züge, oder darüber, ob sie ungebremst ineinanderrasten. Insgesamt saßen rund 350 Passagiere in dem Intercity und dem Interregio.

Polens Regierung glaubt aber nicht an einen technischen Fehler. Die Strecke sei erst im vergangenen Jahr modernisiert worden, sagte Verkehrsminister Slawomir Nowak. „Überraschend“ nannte er daher die Tragödie. „Alles deutet darauf hin, dass den technischen Geräten nicht die Schuld zugeschrieben werden kann.“

Kritiker widersprechen Nowak. Die Modernisierung der Bahnanlagen geschehe nicht im nötigen Maße. Trotz der jüngsten Bemühungen, Bahnen und Schienen zu erneuern, gelten polnische Züge als langsam. Auch Verspätungen sind nicht selten in dem osteuropäischen Land.

„Es gibt nicht genug Geld, um die Schienen und Züge zu erneuern“, sagte Ryszard Dolata von der Gewerkschaft Solidarnosc (Solidarität) dem Fernsehsender „TVN 24“. Auch in die Ausbildung des Nachwuchses werde nicht ausreichend investiert. Keiner traue sich, dies laut auszusprechen, klagte Dolata.

„Jahrelang wurde die Bahn als ein Fass ohne Boden angesehen, in das zu investieren sich nicht lohne“, sagte Jakub Majewski, früherer Leiter des öffentlichen Eisenbahnunternehmens Koleje Mazowieckie dem Sender. „Der Sicherheit zuliebe wurde deshalb die Geschwindigkeit (der Züge) begrenzt.“

Wojciech Paprocki, ein weiterer Kritiker von der Wirtschaftsuniversität in Warschau, lenkt den Blick in eine andere Richtung: „Es mangelt nicht an polnischen Einrichtungen, die für die Sicherheit bei der Bahn verantwortlich sind“, sagte er PAP. „Es gibt sie, aber sie funktionieren nicht richtig.“