Schlittschuhläufer und Eishockeyfans freuen sich über zugefrorene Seen. Doch die Kältewelle in Europa treibt auch den Preis für Heizöl nach oben.

Berlin. Eisige Kälte und eisiges Vergnügen: Osteuropa leidet unter Extremfrost, Deutschland genießt Winterfreuden wie Schlittschuhlaufen auf zugefrorenen Seen. In Hannover werden am Wochenende Zehntausende zum Schlittschuhlaufen auf dem Maschsee erwartet. In Hamburg wagten sich bereits Hunderte auf eigenes Risiko auf die Alster. Am Wochenende gibt es dort das sogenannte Alstervergnügen . Bitterkalt war es in der Ukraine und Russland: Mit bis zu minus 28 Grad war die Nacht zum Mittwoch die bislang kälteste im Gebiet Moskau in diesem Jahr. Die Zahl der Kältetoten in Europa steigt. Lieferengpässe bei der Gasversorgung gibt es in Deutschland nicht.

„Das Bibbern geht weiter“, sagte Meteorologin Christina Speicher vom Deutschen Wetterdienst (DWD). In den nächsten Tagen werden höchstens minus ein bis minus zehn Grad am Tag und bis minus 16 Grad in den Nächten erwartet. Frühestens in der nächsten Woche könnte tagsüber vielleicht mal die Null-Grad-Marke geknackt werden. Am kältesten war die Nacht zum Mittwoch im bayerischen Oberstdorf mit minus 23 Grad. Laut DWD waren die ersten sieben Februartage in Deutschland viel kälter als sonst.

Für Schlittschuhläufer und Eishockeyspieler sind es gute Nachrichten: Hannovers größter Binnensee, der Maschsee, ist seit Mittwoch offiziell zum Betreten freigegeben. Mitarbeiter der Stadt maßen am Vormittag deutlich mehr als die erforderlichen 13 Zentimeter Eisdicke. Sollte es bis zum Wochenende so kalt bleiben, werden Zehntausende Menschen zum Schlittschuhlaufen erwartet.

Auch vielen Niederländern kann es nicht kalt genug sein: Schlittschuhfans hoffen auf eine Neuauflage der traditionsreichen „Elf-Städte-Tour“. Das Eislaufrennen über die zugefrorenen Kanäle der Provinz Friesland könnte am Wochenende stattfinden. Allerdings ist die Eisdecke an den meisten Orten noch nicht dick genug, berichteten lokale Medien am Mittwoch. Die Niederländer warten seit 1997 auf eine Neuauflage der „Elfstedentocht“.

Bei der Gasversorgung deutscher Haushalte und Unternehmen gibt es nach Einschätzung des Energieriesen Eon derzeit keine Lieferengpässe. „Wir können alle unsere vertraglichen Verpflichtungen erfüllen“, sagte der Vertriebschef für Deutschland, Stefan Vogg, am Mittwoch in Essen. Die Kältewelle in Europa trieb den Heizölpreis in Deutschland auf den höchsten Stand seit Sommer 2008. Das ging aus dem täglichen Marktüberblick der Firma Tecson in Schleswig-Holstein hervor.

Die Bergwacht rief aufgrund des eisigen Wetters zu erhöhter Vorsicht bei sportlichen Aktivitäten im Freien auf. An einem zugefrorenen Wasserfall im Schwarzwald verunglückte ein Jugendlicher beim Eisklettern schwer. Der 15-Jährige hatte am späten Dienstagabend den Halt verloren und stürzte zehn Meter in die Tiefe, teilte die Bergwacht Schwarzwald am Mittwoch mit.

Der Winter ließ auch Wasserstraßen zufrieren. „Wir haben den Mittellandkanal gesperrt. Bei uns fährt kein Schiff mehr“, sagte der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Minden in Nordrhein-Westfalen, Henning Buchholz. In Bulgarien legten dicke Eisschollen die Schifffahrt auf der Donau lahm. Wegen Treibeises war auch die Elbe seit Dienstagabend von der tschechischen Grenze bis nach Hamburg komplett gesperrt.

In Italien starben seit Beginn der Kältewelle Anfang Februar mindestens 40 Menschen. Unter den Opfern sind Obdachlose, die erfroren sind, aber auch Menschen, die beim Schneeschippen einen tödlichen Herzinfarkt erlitten haben oder bei Unfällen auf eisglatten Straßen starben, wie der Mailänder „Corriere della Sera“ am Mittwoch berichtete.

Die meisten Kältetoten gibt es wohl im Osten Europas: Das Gesundheitsministerium in der Ukraine gab ihre Zahl weiter mit mindestens 135 an, auch hier waren die meisten Obdachlose. Mehr als 2400 Menschen liegen mit Erfrierungen in Krankenhäusern. Im Nordosten sinken die Temperaturen auf bis zu minus 27 Grad, in der Hauptstadt Kiew sind es tagsüber minus 16 Grad.

+++ Treibeis auf der Elbe sorgt für Komplettsperrung +++

In der Nacht zum Mittwoch fielen in Polen sechs Menschen der Kälte zum Opfer, damit stieg die Zahl der Toten auf 74. In Rumänien starben seit Ausbruch des Extremfrosts 41 Menschen, landesweit blieben zahlreiche Schulen geschlossen, weil Heizungen nicht funktionierten und Straßen nicht zu befahren waren.

In Bulgarien erfroren nach Medienangaben bislang mindestens 11 Menschen. Auch in Ungarn, Serbien und Kroatien meldeten die Behörden Kältetote. Frankreich bestätigte vier Kältetote, in Österreich war die Rede von fünf. In Tschechien erreichte die Zahl der Toten inzwischen 20. Einen erneuten Kälteeinbruch erwarten die Meteorologen in Prag am Wochenende. Dann könnte der Rekord von minus 42,2 Grad aus dem Jahr 1929 geknackt werden.

Fahrlässigkeit in Bulgarien - aus Regen wurde Flutkatastrophe

Eine Flutkatastrophe in Bulgarien, bei der acht Menschen ertranken, ist nach Auffassung von Experten größtenteils selbstgemacht. Verantwortlich für die Tragödie seien die Behörden, die fahrlässig handelten, sagte der Hydro-Ingenieur Dimitar Kissljakow im privaten Fernsehsender bTV am Mittwoch in Sofia. Bei strömendem Regen waren am Montag im Süden des Balkanlandes viele Stauseen und Flüsse übergelaufen. Allein in dem Dorf Bisser, das übersetzt „Perle“ heißt, ertranken vier ältere Männer.

Doch die Menschen in dem Dorf wussten seit sechs Jahren, dass der Damm des übergelaufenen Stausees Iwanowo Risse hat. Vergeblich hätten sie nach eigener Darstellung versucht, die Behörden dazu zu bewegen, den Damm zu festigen. Doch die schoben sich die Verantwortung gegenseitig zu.

2007 hatte sich eine ähnliche Tragödie ereignet, bei der acht Menschen ertranken. Damals war in dem Städtchen Zar Kalojan ein Fluss über die schlecht abgesicherten Ufer getreten. Beide Fälle werfen Licht auf die Zustände in dem neuen EU-Land. So wusste nach der jüngsten Katastrophe keine Behörde, wem die gut 3000 Stauseen im Land gehören und wer sie gerade betreibt. Viele von ihnen sind in private Hände übergegangen und werden für die Fischzucht genutzt. Die unzureichende Instandhaltung vieler Stauseen gefährde nach einem Bericht der Zeitung „24 Tschassa“ das Leben von mehr als einer Million Menschen.

Zudem gab es sowohl 2007 als auch jetzt kein Frühwarnsystem. Die Bürgermeisterin von Bisser lief nach Berichten von Dorfbewohnern eine Minute vor der Flutwelle durch die Straßen und rief den Menschen zu, ihre Häuser zu verlassen. Doch die Zeit reichte kaum - viele kletterten auf die Dächer und mussten mit Helikoptern gerettet werden. Eine verzweifelte Frau aus dem Dorf hatte bTV angerufen, um Hilfe zu fordern. Bilanz der Fahrlässigkeit sind Dutzende zerstörte Häuser und massenweise ertrunkenes Zuchtvieh. Ihre Häuser hatten die Dorfbewohner nicht versichert.

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