19 deutsche Opfer haben nach der Havarie der “Costa Concordia“ Strafanzeige erstattet. Jetzt ermittelt auch die französische Staatsanwaltschaft.

Paris/Marl/Bochum. Die französische Staatsanwaltschaft hat eigene Ermittlungen zum Kentern des italienischen Kreuzfahrtschiffes „Costa Concordia“ eingeleitet. Wie die Strafverfolgungsbehörde am Donnerstag mitteilte, wird sie sämtliche Überlebenden mit französischem Pass befragen lassen. Von den 4229 Passagieren kamen 462 aus Frankreich. Vier von ihnen starben, zwei werden noch vermisst.

Mit den Ermittlungen will die französische Staatsanwaltschaft zur Aufklärung der Katastrophe beitragen und mögliche Versäumnisse bei den Evakuierungs- und Rettungsmaßnahmen identifizieren. Zudem soll das Ausmaß der verursachten finanziellen und psychischen Schäden evaluiert werden. Dabei geht es vor allem um mögliche Schadenersatzforderungen. In Deutschland hatten kürzlich 19 Opfer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bochum erstattet.

Die „Costa Concordia“ war am 13. Januar vor der Insel Giglio vor der toskanischen Küste auf einen Felsen aufgelaufen und halb untergegangen. Bislang wurden 17 Todesopfer geborgen, 15 Menschen werden noch vermisst.

Deutsche Opfer erstatten Strafanzeige gegen Kapitän

Die Such nach den Vermissten ist eingestellt worden, jetzt wird die Besatzung zur Verantwortung gezogen: Denn nach dem Unglück des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia“ haben 19 deutsche Opfer Strafanzeige gegen den Kapitän Francesco Schettino (52) und verantwortliche Offiziere gestellt. „Es geht um den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung, der Aussetzung, Gefährdung des Schiffsverkehrs und um unterlassene Hilfeleistung“, sagte Opfer-Anwalt Hans Reinhardt am Mittwoch im nordrhein-westfälischen Marl. Er bestätigte damit einen Bericht von „bild.de“.

Der Kapitän habe die hilflosen Menschen im Stich gelassen und in Todesgefahr gebracht, sagte Reinhardt. Durch das grob fahrlässige Verhalten Schettinos und der Offiziere seien die Opfer erheblich verletzt worden. Eine Frau habe die Havarie mit einem Beckenbruch überlebt. Auch von Prellungen, Schürfungen und traumatischen Störungen ist die Rede. Mehrere „Costa Concordia“-Opfer litten unter Panikattacken und Alpträumen.

+++ Suche nach Vermissten in "Costa Concordia" offiziell beendet +++

Der Anwalt aus Marl vertritt die 19 Passagiere aus verschiedenen Bundesländern auch bei deren Forderungen nach Schmerzensgeld und Schadenersatz. Die Strafanzeige, die er am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft Bochum eingereicht hat, diene der Unterstützung der Schadenersatzforderungen. Dadurch könne er Akteneinsicht erhalten, sagte er. Falls es in Italien zu einem Prozess gegen „Concordia“-Offiziere kommen sollte, könnte der deutsche Anwalt über einen italienischen Kollegen als Nebenkläger auftreten. Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Strafanzeige. Sie sei aber noch nicht ausgewertet worden, sagte Sprecher Christian Kuhnert.

Zu der Katastrophe läuft in Italien derzeit ein Beweissicherungsverfahren. Nach dem Unglück wurden bislang 17 Todesopfer geborgen, 15 werden noch vermisst. (dpa)