Der Luftverkehr ist in großen Teilen Europas bereits eingeschränkt. Auch in Hamburg müssen viele Flugzeuge am Boden bleiben.

Hamburg. Der Vulkanausbruch auf Island sorgt für ein Verkehrschaos: Während große Teile des europäischen Luftverkehrs bereits lahmgelegt sind, weichen die Passagiere auf andere Transportmittel aus. Alle Züge von Brüssel und Paris nach London am heutigen Donnerstag und morgigen Freitag sind bereits ausgebucht. Das sagte ein Sprecher des Schnellzuges Eurostar auf Anfrage in Brüssel: „Nur wer ein gültiges Ticket hat, sollte zum Bahnhof kommen.“ Auch von London aus Richtung Kontinent seien die Züge voll. Ob Eurostar Sonderzüge einsetzen könne, sei noch nicht entschieden.

Der gesamte britische Luftraum ist bis mindestens 18 Uhr (19 Uhr MESZ) geschlossen. Nur in Notfällen soll es Ausnahmen geben. Auch in Irland verhängten die Behörden bis zum Abend ein Flugverbot. Alle Londoner Flughäfen wurden am Mittag geschlossen, darunter auch Heathrow, mit 1300 Flügen pro Tag einer der wichtigsten Flughäfen der Welt.

1. SO GEFÄHRLICH IST EIN FLUG DURCH VULKANASCHE

2. BETROFFENE PASSAGIERE BEKOMMEN IHR GELD ZURÜCK

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat Berichte über die Schließung von Teilen des deutschen Luftraums zurückgewiesen. „Der deutsche Luftraum ist derzeit unbeeinträchtigt“, sagte Sprecherin Ute Otterbein. Es werde am Nachmittag aber weitere Besprechungen geben. Der Luftverkehr im Nordwesten Deutschlands und in den Benelux-Ländern werde voraussichtlich ab 16 Uhr stark behindert, so Eurocontrol.

Auch auf dem Flughafen Hamburg kommt es wegen dem Vulkanausbruch zu Behinderungen: Derzeit fallen Flüge in folgende Destinationen aus oder sind auf unbestimmte Zeit verspätet: Manchester, Birmingham und London-Heathrow in England sowie Göteborg (Schweden) und die norwegische Hauptstadt Oslo. Die gute Nachricht: Der Hamburger Flughafen ist bislang nicht von der Aschewolke erreicht worden. Eine Mitarbeiterin zum Abendblatt: „Hier herrscht freie Sicht.“

"Insgesamt sind ein Dutzend Flüge betroffen, die Lage in den Terminals ist aber entspannt", sagte Flughafensprecherin Karen Stein. Die letzten Flieger nach London Heathrow starteten in Hamburg um 11.15 Uhr. Gestrichen wurden Verbindungen nach London, Birmingham, Stockholm, Oslo und Helsinki. „Wir rechnen damit, dass es weitere Ausfälle geben wird“, so die Sprecherin. Es sei abzuwarten, wie schnell und in welche Richtung sich die Aschewolke ausbreite.

Der Flughafen Lübeck war zunächst von dem Vulkanausbruch auf Island nicht betroffen. Der Ryanair-Flug nach London sei am Morgen noch planmäßig abgefertigt worden, sagte eine Sprecherin des Flughafens. Andere Flüge nach Palma de Mallorca oder Barcelona könnten wohl planmäßig an den Start gehen.

Die Vulkanasche stelle eine bedeutende Bedrohung für die Sicherheit von Flugzeugen dar, hieß es bei der Flugsicherung National Air Traffic Service. Auch in Nordschweden, dem Norden von Finnland und Norwegen wurde der Luftraum gesperrt. Der norwegische König Harald V. und Königin Sonja konnten nicht wie geplant zum 70. Geburtstag der dänischen Königin Margrethe nach Kopenhagen fliegen, wie ein Sprecher mitteilte. Ministerpräsident Jens Stoltenberg saß in New York fest, weil sein Rückflug abgesagt wurde.

Wetterexperten zufolge kann sich der Vulkanausbruch bis zum Wochenende auf den Luftverkehr über Deutschland auswirken. Eine Aschewolke solle bis Donnerstagabend von Bremen nach Frankfurt ziehen und dort bis zu einen Tag bleiben, sagte der Meteorologe Andreas Beck von der Luftfahrtberatungszentrale Nord des Deutschen Wetterdienstes. Die südliche Grenze liege vermutlich im Rhein-Main-Gebiet, München werde wohl nicht mehr betroffen sein. Die Aschewolke ziehe nach Osten, die Feinstaub-Konzentration nehme dabei immer weiter ab.

Seit dem Ausbruch am Mittwoch treibt Wind die Aschewolke von Island aus zum europäischen Festland. Sie habe sich dabei gespalten, eine Teil sei nach Skandinavien gezogen, sagte der Wetterexperte. In der Nacht zum Freitag lägen die Wolken über Deutschland, Schweden, Finnland, Norwegen, Polen, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden und Nordfrankreich. „Die betroffenen Lufträume werden dann zur Sicherheit geschlossen“, sagte Beck. Die Sperrung könne 12 bis 24 Stunden dauern.

Die Deutschen müssen sich vor der Vulkanasche jedoch nicht fürchten. „Wir, die wir hier in Deutschland leben, können recht entspannt sein“, sagte Prof. Bernd Zimanowski vom Lehrstuhl für Physische Geographie der Universität Würzburg der Nachrichtenagentur dpa. „Die Asche ist nur dann für unsere Gesundheit gefährlich, wenn wir wirklich sehr hohe Konzentrationen erhalten würden. Das ist aber hier überhaupt nicht zu erwarten“, sagte der Geophysiker. „Da ist nix radioaktiv oder giftig. Das ist nicht toxisch.“

Zur Zusammensetzung der Asche erklärte Zimanowski:„Die isländische Vulkanasche besteht wie alle Vulkanaschen aus feinen Partikeln, zum größten Teil Glas, die durch feine Zerteilung von Magma entstehen. Basaltische Glaspartikel sind a priori harmlos, wenn man nicht große Mengen einatmet.“ Auch für Tiere, Pflanzen und Böden sei die Asche unbedenklich. „Das ist sehr fruchtbar. Das ist im Augenblick aber mengenmäßig so wenig, dass wir uns darum keine Gedanken machen müssen.“

Es sei möglich, dass in einigen Gebieten Deutschlands Asche zu Boden fällt. „Es kann sein, dass hier und da morgen die Autos staubig sind“, sagte Zimanowski. „Das kennen wir aber auch, wenn wir Südwetterlage haben und ein Staubsturm in der Sahara stattfindet. Dann findet man morgens auch Saharastaub bei uns.“

Triebwerken von Flugzeugen bereiteten die Partikel Probleme, „weil sie in den Verbrennungskammern der Triebwerke schmelzen, sich dann als Ablagerung niederlassen und die Triebwerke fast zerstören“, erläuterte der Geophysiker. „Unseren Automotoren macht das vorläufig mal gar nichts aus.“

Der Ausbruch vom Mittwoch war bereits die zweite schwere Eruption innerhalb eines Monats auf Island. Am 21. März war zum ersten Mal seit 1823 ein Vulkan im Gebiet des Eyjafjallajökull ausgebrochen. Wie lange die gegenwärtigen Eruptionen andauern, ist nach Einschätzung des isländischen Geophysikers Magnus Tumi Gudmundsson schwer vorherzusagen. Die Dauer der Eruptionen schwanke zwischen einigen Tagen und „mehr als einem Jahr“, sagte Gudmundsson. Angesichts der Heftigkeit des jüngsten Ausbruches rechne er jedoch mit einer „langen Zeit“.