Der Lokalmatador gewann sein Auftaktmatch beim Tennisturnier am Hamburger Rothenbaum souverän. Auch Mayer und Kohlschreiber weiter.

Hamburg. Als Tommy Haas gestern um kurz vor 18 Uhr den rechten Arm als Zeichen des Triumphs in die Höhe reckte, da konnte der neutrale Beobachter einen guten Eindruck davon gewinnen, wie schön Tennis am Rothenbaum sein kann. Rund 5000 Besucher auf dem Centre-Court jubelten, die Sonne schien durch das geöffnete Dach, und ein Lokalmatador hatte seine knifflige Erstrundenaufgabe souverän gelöst - für die Organisatoren des größten deutschen Herrenturniers hätte der zweite Tag kaum besser verlaufen können.

68 Minuten lang hatten sich die Zuschauer am ersten Auftritt des 34 Jahre alten gebürtigen Hamburgers am Rothenbaum seit sechs Jahren erfreuen können. Nach kurzer Abtastphase in den ersten vier Spielen des ersten Satzes hatte Haas, die obligatorische Baseballkappe rückwärts gedreht auf dem Kopf und ein blaues Kinesiotape am rechten Knie, die Kontrolle übernommen und den zehn Ränge hinter ihm auf Position 59 der Weltrangliste platzierten Slowaken Martin Klizan, 23, vom Court geschossen. 6:2 und 6:1 lautete das Endergebnis, das Haas allerdings nicht überbewerten wollte. "Am Anfang hat man gesehen, wie gefährlich er ist. Aber ich wusste, dass er unter Druck dazu neigt, überhastet zu spielen. Mir ist es gelungen, diesen Druck aufzubauen, deshalb bin ich mit dem Erfolg sehr zufrieden", sagte er.

Als Haas um 16.31 Uhr den Centre-Court betreten hatte, war der Beifall der rund 3000 Fans noch verhalten gewesen. Mit steigender Zuschauerzahl - 7500 waren insgesamt auf der Anlage, sie strömten nach und nach auf die Tribünen - wuchs auch der Applauspegel. "Ich wurde toll unterstützt und habe mich sehr wohl gefühlt. Es ist ein schöner Moment, hier noch einmal spielen zu dürfen", sagte Haas, der nach zwei von Verletzungen geprägten Jahren in dieser Saison ein formidables Comeback erlebt.

Während die Veranstalter hoffen, dass der Sieg über Klizan nur der Auftakt einer Haas-Festwoche war, will der Wahl-Amerikaner, der seine Verlobte Sara Foster und Tochter Valentina (20 Monate) ebenso wie seine Eltern Brigitte und Peter als moralische Unterstützung in Hamburg dabei hat, nur von Spiel zu Spiel denken. Schon heute (14.30 Uhr/Hamburg 1) sieht er sich in seinem Achtelfinalmatch gegen Titelverteidiger Gilles Simon aus Frankreich als Underdog. "Er ist ein erfahrener Mann, der sehr solide spielt. Aber wenn ich es schaffe, meine Chancen zu nutzen und genauso aggressiv zu spielen wie heute, dann habe ich vielleicht eine Chance", sagt er.

Haas ist indes nicht der einzige Deutsche, auf dem heute die Hoffnungen auf einen Viertelfinaleinzug ruhen. Auch Florian Mayer ist in der Partie im Anschluss an das Haas-Match gegen den Niederländer Robin Haase gefordert. Gestern siegte der Bayreuther mit mehr Mühe als erwartet 7:6 (9:7), 7:5 gegen den argentinischen Qualifikanten Horacio Zeballos, war aber dennoch zufrieden. "Für mich ist nur wichtig, in zwei Sätzen gewonnen zu haben", sagte der 28-Jährige, der in den vergangenen beiden Jahren bester Deutscher am Rothenbaum war.

+++ Menschlich gesehen: Tennis, aber sicher +++

Nach einer schnellen 3:0-Führung im ersten Satz hatte der Weltranglisten-23. seine Linie verloren, was er damit begründete, sich bei seinem deutschen Lieblingsturnier zu sehr unter Druck gesetzt zu haben. "Ich wollte es zu gut machen und habe es mir damit selber schwer gemacht", sagte er. Die Zerrung in der Gesäßmuskulatur, zugezogen beim Viertelfinaleinzug in Wimbledon Anfang des Monats, habe ihn nicht weiter behindert. Deshalb sei es auch kein Problem für ihn, bereits heute wieder anzutreten. "Ich fühle mich fit und freue mich drauf!"

Am Abend zog mit Philipp Kohlschreiber dann auch der derzeit beste deutsche Profi ins Achtelfinale ein, wo morgen der Italiener Fabio Fognini wartet. Der Weltranglisten-22. aus Augsburg gewann das deutsche Duell mit dem Darmstädter Björn Phau nach anfänglichen Schwierigkeiten mit 4:6, 6:2 und 6:3. "Die Umstellung von Rasen auf Sand war nicht so einfach, ich habe nicht gut aufgeschlagen. Deshalb bin ich glücklich über den Sieg", sagte der Wimbledon-Viertelfinalist, der in Hamburg endlich zum ersten Mal das Achtelfinale überstehen möchte.

Neben Phau scheiterte mit Cedrik-Marcel Stebe ein weiterer Deutscher. Allerdings lieferte der Schwabe dem an Position drei gesetzten Argentinier Juan Monaco im längsten Spiel des Tages über 2:42 Stunden einen sehenswerten Kampf, den der Stuttgart-Finalist der Vorwoche letztlich 6:4, 3:6 und 7:5 für sich entscheiden konnte.