Seit heute steht Roger Federer 287 Wochen auf Platz eins und damit so lange an der Spitze der Weltrangliste wie kein Spieler zuvor.

London. Maradona oder Pele? Muhammad Ali, Mike Tyson - oder einer der Klitschkos? Rod Laver, Björn Borg, Pete Sampras? Oder Roger Federer? Die Diskussionen sind so spannend wie müßig.

Wer ist der Beste der Besten? Und wie kann über alle Generationen, Gegner und Geschmäcker überhaupt entschieden werden? Im Tennis gibt es am Montag einen weiteren Fingerzeig auf die Antwort. Der Schweizer Rekordmann Roger Federer setzt erneut einen Meilenstein, um seinen Anspruch auf den inoffiziellen Titel „bester Spieler der Geschichte“ zu manifestieren.

287 Wochen steht Federer am Montag auf Platz eins der Weltrangliste und lässt damit den bisherigen Spitzenreiter Sampras hinter sich. Es ist nur eine Zahl, ein weiterer Rekord in der einzigartigen Karriere des 30-Jährigen. Doch Federer hat nie einen Zweifel daran gelassen, was ihm die „287“ bedeutet.

„Jeder weiß, was für ein Held Pete für mich ist, und wie sehr ich ihn für das bewundere, was er im Tennis erreicht hat“, sagte Federer, als er seinen siebten Wimbledontitel gewonnen hatte und zum ersten Mal seit zwei Jahren auf Platz eins der Weltrangliste zurückgekehrt war: „Ich bin stolz darauf, dass ich es geschafft habe.“

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Sampras selbst, der für einige Jahre auch die meisten Grand-Slam-Titel (14) hielt, aber längst von Federer (17) überholt worden ist, gab das Kompliment zurück. „Ich bin es gewohnt, dass Roger meine Rekorde bricht. Ich kann dagegen nichts machen“, sagte der Amerikaner: „Es ist leichter, wenn dir jemand die Rekorde abjagt, den du bewunderst und als Freund betrachtest.“

Bestmarken hat Federer mittlerweile beinahe so viele gesammelt wie Titel auf der ATP-Tour. 75 Turniere hat er gewonnen. Sein bestes Jahr war dabei 2006, als er zwölfmal triumphierte, unter anderem bei den Australian Open, in Wimbledon und bei den US Open. 109 Titel hat Jimmy Connors auf seinem Konto, seinen letzten Sieg feierte der Amerikaner im biblischen Tennisalter von 37 Jahren. Bis dahin hat Federer noch einige Jahre Zeit, in den Augen vieler Tennisfans reichen die bisherigen Rekorde jedoch längst aus, um der Größte aller Zeiten zu sein.

Denn Federer ist kein maschineller Sammler mehr, er ist menschlich geworden. Zweieinhalb Jahre lang hatte er kein Grand-Slam-Turnier mehr gewonnen, die Vorherrschaft war an seine größten Rivalen Rafael Nadal und Novak Djokovic übergegangen. Kritiker legten Federer bereits das Karriereende nahe, doch der Vater von Zwillingen kehrte zurück. Auch das zeichnet die Größten aus.

Federer selbst hat nie auf die Zweifler gehört. „Dass ich in jedem Jahr 90 Prozent meiner Spiele gewinne, ist unmöglich“, sagte er: „Man erlebt immer Höhen und Tiefen. Aber ich wusste immer, wie knapp ich dran war.“ Er wusste es, weil er seinem einzigartigem Spiel vertrauen kann. Die Eleganz auf den Beinen und mit dem Schläger eröffnet Federer mehr Möglichkeiten als seinen Kontrahenten. Seine Spielweise ist der dritte Grund neben allen Rekorden und der wiederholten Rückkehr an die Weltspitze, der Federer von den Superstars abhebt.

Nun Woche 287 - und wenn es nach seinem Trainer Paul Annacone geht, ist noch lange nicht Schluss: „Wieder Nummer eins zu werden, war nie wirklich ein Ziel. Es ist ein Nebenprodukt des Prozesses, in dem er steckt.“

Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro seien ein Ziel, hat Federer selbst einmal gesagt. Die Goldmedaille im Einzel fehlt ihm noch, in London (28. Juli bis 5. August) ist die Chance dazu da. Doch selbst im Falle des Olympiasiegs darf weiter herrlich darüber gestritten werden, wer der beste Tennisspieler der Geschichte ist.