Die Hamburger können mit einem Sieg über Dresden bis auf Rang fünf vorstoßen. Bei einer Niederlage am Millerntor droht jedoch ein Absturz. Der Gegner ist vor allem eines: unberechenbar.

Hamburg. Der Altmeister machte es am Sonnabend vor. Bei der von Marius Ebbers initiierten Torschussaktion für den guten Zweck in der Sternschanze traf der beim FC St. Pauli im Sommer aussortierte Stürmer aus rund elf Metern per Drehschuss souverän. Ebbers hatte sich zuvor via Facebook mit seinem Nachfolger Christopher Nöthe, der exakt jene Großchance im letzten Heimspiel gegen Bielefeld vergeben hatte, solidarisiert und die Fans herausgefordert – gegen Spende für den guten Zweck –, es selbst besser zu machen. Für jeden Treffer gab es 50 Euro aus der privaten Kasse des Ex-Profis, wer nicht traf, musste zahlen. Am Ende kam eine vierstellige Summe zusammen.

Weil Routinier Ebbers am Montagabend, wenn St. Pauli im dritten Heimspiel der Saison auf Dynamo Dresden (20.15 Uhr/Sky, Sport1 und im Liveticker auf abendblatt.de) trifft, nur als Zuschauer auf der Tribüne Platz nehmen wird, ist die verjüngte Offensivabteilung der Hamburger wieder unter Zugzwang. Nach drei Zweitliga-Partien ohne Sieg und dem Pokal-Aus wartet der Club seit der Auftaktpartie gegen 1860 München auf einen Erfolg. Nur drei erzielte Treffer stellen den schlechtesten Wert der Liga (zusammen mit Gegner Dresden und Sandhausen) dar. Bei einem Sieg könnte das Team bis auf Platz fünf vorrücken, bei einer Niederlage auf Platz 15 abrutschen.

Fünf Punkte aus vier Spielen hatte St. Pauli auch im vergangenen Jahr auf dem Konto. Anschließend folgten vier Pleiten in Serie und die Entlassung von Trainer André Schubert. Gedankenspiele, erneut in eine Abwärtsspirale geraten zu können, verbieten sich auf St. Pauli derzeit jedoch. „Die Heimniederlage gegen Bielefeld (0:1, d. Red.) liegt uns schon im Magen, aber die zwei Auswärtspunkte waren okay“, analysierte Coach Michael Frontzeck den Saisonstart. Druck, die Partie gewinnen zu müssen, verspüre er ohnehin in jedem Spiel, „aber gerade zu Hause wollen wir unser Publikum natürlich begeistern“.

Dabei will der Trainer an die erste Hälfte der Vorwoche in Bochum anknüpfen, als St. Pauli ein 0:1 zu einer 2:1-Pausenführung gedreht hatte und fußballerisch zu unterhalten wusste. „Unsere Spieleröffnung war da schon deutlich besser. Gegen Bielefeld mussten wir die Brechstange rausholen, aber eigentlich wollen wir einen anderen Fußball spielen“, erklärte Frontzeck.

Grundstein für jenes Offensivspiel soll gegen Dresden erneut Marc Rzatkowski in der Spielmacherrolle sein. Erstmals hatte Frontzeck den technisch starken Mittelfeldmann in Bochum in zentraler Rolle aufgeboten. „Dadurch haben wir eine bessere Verbindung zum Angriff. Das war in der ersten Hälfte schon so, wie ich mir das vorstelle“, schwärmte der 49-Jährige. Rzatkowski hatte beide Treffer für Stürmer John Verhoek vorbereitet und immer wieder für kreative Glanzpunkte gesorgt.

Der Niederländer, der die Torflaute St. Paulis beendet hatte, erhält erneut den Vorzug vor Nöthe. Einem Zusammenspiel der beiden zentralen Angreifer, das sich das Duo gewünscht hatte, erteilte Frontzeck vorerst eine Absage. „Träume sind durchaus erlaubt. Wenn die Mannschaft stabil ist, sich gefunden hat, dann ist das eine Option“, sagte er. Weil seinem Team jene Stabilität bislang noch zu häufig abgeht, vertraut Frontzeck dem defensiveren 4-2-3-1-System. Verzichten muss indes Jan-Philipp Kalla, der im Training einen Schlag aufs Knie bekam.

Zur großen Wundertüte wird Gegner Dynamo für St. Paulis Akteure am Millerntor. Denn nach der Entlassung von Trainer Peter Pacult wird Interimslösung und Sportdirektor Steffen Menze das Team wohl durcheinanderwirbeln. „Ich erwarte da Änderungen“, sagte Frontzeck. Von einem für die Gastgeber „beschissenen Zeitpunkt“ für den Dresdner Führungswechsel sprach Fabian Boll. Aus eigener Erfahrung wusste Florian Kringe, dass Spieler, „die hinten dran waren, sicherlich ein paar Prozentpunkte draufpacken wollen“.

Sollten Motivationsschübe auch bei St. Pauli vonnöten sein, unterstrich ein gut gelaunter Frontzeck am Sonntag: „Flutlicht, volles Haus an einem Montag – toll, das gibt es nicht überall.“