In Bochum trug der 31-Jährige erstmals die Kapitänsbinde für St. Pauli. Doch trotz der Chefrolle droht Kringe diese Saison häufiger die Ersatzbank.

Hamburg. Florian Kringe lässt lange auf sich warten. Weit nach den anderen Profis des FC St. Pauli kommt er aus den Katakomben des Stadions zum Gespräch ins Clubheim am Millerntor. Massagen standen nach Sprintübungen und einem lockeren Lauf durch den Hafen auf dem Programm. „In Bochum hat der Muskel in der zweiten Halbzeit zugemacht“, erzählt Kringe. Trotzdem stand der Routinier am Freitagabend beim 2:2-Remis über 90 Minuten auf dem Feld. Weil Trainer Michael Frontzeck bereits dreimal gewechselt hatte, musste er auf die Zähne beißen. „Sonst habe ich mich ein paarmal geärgert, wenn ich runtermusste, diesmal konnte ich halt nicht“, sagt Kringe.

Erstmals hatte der frühere Dortmunder die Mannschaft in Abwesenheit von Fabian Boll gegen den VfL als Kapitän aufs Feld geführt. „Natürlich ist es schön, diese Aufgabe zu übernehmen“, erklärt Kringe. An seinem Verhalten auf dem Platz habe sich aber nichts geändert. Dort ist der erfahrene Profi, der 192-mal in der Bundesliga auflief, ohnehin anerkannte Führungskraft, genießt innerhalb des Teams hohes Ansehen. Seit dieser Saison gehört er auch dem Mannschaftsrat an, vertritt die Interessen der Spieler gegenüber dem Verein. Ein Amt, das Kringe schon zu seinen Zeiten bei Borussia Dortmund jahrelang ausübte. Seinen Einstand als Kapitän – wer die Binde erstmals übernimmt, muss die Mannschaft einladen – verband Kringe, der am Sonntag 31 Jahre alt wurde, mit einer kleinen Geburtstagsfeier.

Trotz aller Führungsaufgaben bangt der zweifache Meister zu Beginn dieser Saison um seinen Stammplatz im defensiven Mittelfeld. In fünf Partien musste er bereits zweimal auf der Bank Platz nehmen und kam dabei nur zu einem zweiminütigen Kurzeinsatz. „Das hat mich schon überrascht“, gibt Kringe zu, weiß aber auch, „dass ich die Entscheidung des Trainers akzeptieren muss“. Aus Sicht des Spielers sei es jedoch immer schwer nachvollziehbar.

Frontzeck zog dem Siegener in Karlsruhe und Münster Christopher Buchtmann vor. Die vermeintlich offensivere und dynamischere Variante, kommt der 21-Jährige doch von der Spielmacherrolle. Kringe will sich jedoch nicht auf seine Defensivqualitäten beschränken lassen: „Ich bin schon auch jemand, der sich gerne mit nach vorne einschaltet und dann in die Tiefe geht“. Seine öffnenden Pässe bereiteten in der vergangenen Spielzeit sieben Tore vor. Kritiker halten ihm jedoch vor, er entwickle zu wenig Tempo. Kringe selbst will sein Spiel situationsbedingt anpassen. Gegen 1860 München habe Nebenmann Boll beispielsweise so häufig die Initiative nach vorn ergriffen, dass er im Mittelfeld absichern musste. „Natürlich hätte ich mich auch noch vorne reinmogeln können, um mehr aufzufallen und meine Aktionen zu haben, aber dann hätten wir hinten ein Problem bekommen“, erklärt er.

Schon gegen Dresden am Montag (20.15 Uhr) soll es mit dem ersten Torerfolg am Millerntor klappen. Nur einmal per Elfmeter traf Kringe in einem Jahr beim FC St. Pauli. „Es ist mein Anspruch, mit Toren weiterzuhelfen“, sagt er. Führungsfigur Kringe will vorweggehen. Sein Rezept: „Wir müssen mehr unser Spiel durchdrücken. Mit dem Faustpfand der Zuschauer muss sich eine Dynamik entwickeln.“

Der FC St. Pauli hat das Testspiel beim Schleswig-Holstein-Ligisten TuS Hartenholm mit 9:0 gewonnen. Die Tore erzielten Maier (2), Verhoek (2), Kulikas (2), Thorandt, Thy und Gregoritsch.