Mit dem 2:0-Sieg bei Union Berlin setzen sich die Kiezkicker in der Spitzengruppe der 2. Liga fest. Naki und Thorandt treffen.

Berlin. Mit den Fäusten in die Luft gereckt sprangen sie von der Reservebank auf das Feld, brüllten ihren Jubel heraus und klatschten sich beherzt ab. "Na siehste, es geht doch", stand nach dem 2:0-Sieg bei Union Berlin in den Gesichtern von Trainern, Spielern und Funktionsteam des FC St. Pauli geschrieben. "Wir sollten das nicht zu hoch hängen, aber wir haben einen Schritt nach vorne gemacht. Unter dem Strich war das ein souveräner Sieg", fand Kapitän Fabio Morena. Sein Klub nahm die hohe Auswärtshürde in Köpenick, verbleibt in der Spitzengruppe der Zweiten Liga und beendete beim im eigenen Stadion zuvor fünfmal in Folge siegreichen Gegner eine dunkle Serie. Es war der erste Erfolg in der Alten Försterei seit dem 13. August 1994, als sich beim 3:2 noch Sergej Barbarez und Holger Stanislawski gegenübergestanden hatten.

Die Idole der Vergangenheit wirken längst bei anderen Vereinen und in neuen Funktionen, doch auch im Vergleich zur jüngsten Vereinsgeschichte des FC St. Pauli hatte André Schubert einiges an Personal ausgetauscht. Der Trainer veränderte seine Mannschaft auf vier Positionen. Für Fabian Boll, Morena, Kevin Schindler und Charles Takyi kehrten Dennis Daube, Markus Thorandt und Florian Bruns in die Startelf zurück. Patrick Funk, bislang erst mit 74 Saisonminuten bei seinen vier Kurzeinsätzen, feierte überraschend sein Zweitligadebüt in der Anfangsformation. Die jugendliche Frische des 21-Jährigen war früh gefragt. Temporeich und intensiv gingen die 22 Akteure auf dem Rasen zu Werke, sodass die Räume auf beiden Seiten so eng waren wie auf den Rängen. Dort drängelten sich die Zuschauer in der Alten Försterei, über deren Status es keiner Erklärung des Stadionsprechers bedurft hätte. Jeder der 18 432 Fans sah und spürte, dass das Stadion ausverkauft war - und das bereits seit dem 24. September.

Mit Leidenschaft, Lautstärke und Kreativität aus beiden Lagern vermischten sich die Gesänge aus den Blöcken zu einer dauerhaften und doch spielbezogenen Begleitmusik, die die Geschehnisse zwischen den Toren akustisch dokumentierte, allerdings nicht wiedergeben konnte, dass auf dem Rasen zwei unterschiedliche Fußballphilosophien ihre Anwendung fanden. Während St. Paulis Kombinationskollektiv immer wieder mit flachen Pässen in die Schnittstellen der Berliner Abwehr seine physischen Nachteile umkehrte, versuchte es Union vor allem mit Laufspiel und langen Bällen über die agilen Außen Quiring und Parensen. 25 Minuten lang dauerte der abwechslungsreiche Vergleich, der aufgrund zu vieler Ungenauigkeiten torlos endete.

+++ Der Spielverlauf: Einmal half der Pfosten +++

Die Hamburger verschleppten im Mittelfeld anschließend immer mehr das für ihre Stafetten nötige Tempo, ließen sich zu weit zurückfallen und wurden wie bereits in den vergangenen Wochen immer passiver. Dass sich bei den wenigen durchdachten Vorstößen dann auch noch Undiszipliniertheiten einschlichen, ermöglichte den weiter überaus agilen "Eisernen" zu allem Überfluss noch Kontermöglichkeiten. Allein Außenverteidiger Jan-Philipp Kalla musste gleich zweimal mit ausgestrecktem Bein als letzter Mann einen langen Ball der Berliner volley ins Aus klären. Der vom Stadionmagazin befürchtete "Piratenangriff auf die Festung an der Alten Försterei" war abgeblasen worden. So wurde Schuberts unzufriedener Gesichtsausdruck beim Gang in die Halbzeitpause einzig von einem tiefen Durchpusten unterbrochen.

Die Pause kam rechtzeitig. Denn während Stefan Gelat seine Dauerkarte und Marcel Knödel sein Portemonnaie suchte, wie der Stadionsprecher kurz nach Wiederanpfiff wusste, fand Schuberts Mannschaft immer besser den Weg zurück in die Partie. Von Max Kruse angetrieben kombinierte sich St. Pauli nun zielstrebiger in Richtung Union-Tor. Max Kruse (47.) und dem erneut als einzige Sturmspitze aufgebotenen Deniz Naki (54.) gelangen mit zwei Torschüssen erste Ausrufezeichen, die die Beantwortung der Frage nach dem ersten Tor der Partie andeuteten. Neun Minuten später wies Naki dann eine Parallele zur vergangenen Woche nach. Zwar stand er nach zehn Abseitspositionen gegen Frankfurt diesmal nie zu weit in der gegnerischen Hälfte, traf dafür aber erneut das Tor, als er einen abgeblockten Kruse-Schuss verwertete.

Eine Führung, die Stuff eine Viertelstunde vor dem Abpfiff hätte egalisieren können. Doch während der eine Innenverteidiger nur den Pfosten traf, drückte ein anderer fünf Minuten später den Ball über die Linie. Markus Thorandt bewirkte mit dem 2:0 aus kurzer Distanz die letztlich verdiente Entscheidung, die kurz darauf ausgiebig mit den 3500 mitgereisten Fans gefeiert wurde. Nachdem fast alle Spieler auf dem Bauch in Richtung Fankurve gerutscht waren, nahm Naki einen langen Anlauf und übersprang seine Kollegen mit abgespreizten Beinen. Ein Sinnbild für das kommende Wochenende, wenn der Tabellenführer aus Fürth ans Millerntor kommt? "Das wird wieder eine heiße Atmosphäre", prophezeit Torhüter Philipp Tschauner, "und wir wollen auf jeden Fall den Abstand weiter verkürzen." Weiter eisern dranbleiben!

Statistik:

Union Berlin: Glinker - Menz (73. Zoundi), Stuff, Madouni, Kohlmann - Karl - Quiring, Michael Parensen (73. Ede) - Mattuschka - Silvio, John Jairo Mosquera (37. Savran). - Trainer: Neuhaus

FC St. Pauli: Tschauner - Schachten, Thorandt, Gunesch (46. Morena), Kalla - Daube, Funk - Bartels (83. Schindler), Kruse, Bruns - Naki (74. Saglik). - Trainer: Schubert

Schiedsrichter: Tobias Stieler (Obertshausen)

Tore: 0:1 Naki (63.), 0:2 Thorandt (78.)

Zuschauer: 18.432 (ausverkauft)