Der Präsident der Kiez-Kicker kritisierte das Verhalten der Ultras Sankt Pauli. Sie sorgen für Risse in der St. Pauli-Fanszene.

Hamburg. Als der Sieg gefeiert, die Verkaufsstände geschlossen und die Promenade hinter der Südtribüne von den Menschenmassen befreit war, standen die Sicherheitskräfte zusammen und diskutierten die Situation, der sie sich drei Stunden zuvor an gleicher Stelle gegenüber sahen. Der Einsatzleiter kritisierte das Verhalten einiger Ordner, doch im Grunde war klar: Der Macht der Ultras Sankt Pauli (USP) waren diese einfach nicht gewachsen. Die Ultra-Fans hatten die Eingänge zur Südtribüne besetzt und ließen niemanden, keine Frauen, Kinder, nicht mal Menschen mit Behinderungen auf ihre Plätze.

In der Enge der Promenade kam es zu lautstarken Anfeindungen zwischen den Fans, einige Zuschauer berichteten von Handgreiflichkeiten und Kindern, die in Tränen ausbrachen. Es sollte eine Solidaritätsbekundung mit den Gästefans aus Rostock sein, denen vor dem Sicherheitsspiel nach einer Entscheidung von Verein, Polizei und DFL nur fünfhundert Karten zur Verfügung gestellt worden waren. Doch was als Protestaktion für Fanrechte geplant war, eskalierte - und sorgt für tiefe Risse in der Fanszene sowie zwischen Verein und USP.

"Wir haben nichts gegen Proteste, solange sie friedlich und freiwillig sind. Aber dieses Verhalten wird nicht ohne Konsequenzen bleiben", kündigte St. Paulis Präsident Corny Littmann an und forderte die Verantwortlichen der Aktion auf, bis morgen eine Stellungnahme abzugeben. Danach würden Gespräche folgen. Fans äußerten ihren Unmut über USP in Internetforen, auch das Abendblatt erreichten viele Leserbriefe. Die Vorwürfe reichen von "Kaspertruppe" bis "gefährliche Gruppierung mit diktatorischen Zügen" und münden in der Frage: Wie weit darf der Einfluss der Ultras in der Fankurve gehen und was kann der FC St. Pauli dagegen tun?

"Der Verein wird dafür sorgen, dass sich so ein Vorfall nicht wiederholt", erklärte Littmann und drohte mit rechtlichen Schritten: "Es handelt sich zweifelsohne um Nötigung und wir werden überprüfen, inwieweit es sich um den Tatbestand der Freiheitsberaubung handelt." Trainer Holger Stanislawski, der nach dem Spiel gegen Rostock (2:0) noch süffisant die Stimmung auf den anderen Tribünen hervorgehoben hatte, war der Spaß einen Tag später vergangen: "Der Protest hatte eine Qualität, die es noch nicht gab. Viele Dinge, für die St. Pauli immer stand, wurden am Sonntag vergessen. Das gibt Anlass zum Nachdenken."