Der 63-Jährige tritt wie Ali Eghbal und Björn Floberg zurück und erhebt schwere Vorwürfe. „Ich habe mich in den letzten Tagen manipuliert, instrumentalisiert und genötigt gefühlt“, sagte der Journalist.

Hamburg. Als „Freund“ von Manfred Ertel durfte man sich über eine interessante Mittagslektüre freuen. Via Facebook teilte der frühere Aufsichtsratschef um zwölf Uhr mit, dass er sich den zurückgetretenen Kontrolleurskollegen Hans-Ulrich Klüver und Marek Erhardt (Sonntag) sowie Ali Eghbal und Björn Floberg (Montag) anschließt, und machte auch keinen Hehl aus seinen Beweggründen.

„Ich habe mich in den letzten Tagen manipuliert, instrumentalisiert und genötigt gefühlt“, schrieb der Journalist, dem besonders die Personaldebatte über eine mögliche Zusammenarbeit mit Felix Magath, zu der er „unter Vortäuschung falscher Tatsachen“ gedrängt worden sei, zu schaffen machte: „Mein Vertrauen wurde in der vergangenen Woche zum wiederholten Male gröblichst missbraucht.“

Adressaten der Vorwürfe wurden zwar nur indirekt („Kleine Teile im Aufsichtsrat und Vorstand in Zusammenarbeit mit Kräften außerhalb des Vereins“) benannt. Doch gemeint sein dürften vor allem die Räte Christian Strauß und Jürgen Hunke, Vorstand Joachim Hilke sowie die von Ertel wiederholt kritisierte Reformbewegung HSVPlus: „Ich bin nicht länger bereit, für wirre Alleingänge oder eitle Karriereplanungen Einzelner in Haftung genommen zu werden. Und ich bin nicht bereit, mich dem Hass und den persönlichen Angriffen, die zuletzt in gewalttätigen Bedrohungen und Lynchaufrufen gipfelten, auszusetzen.“

Nach der Zustimmung für Trainer Mirko Slomka (alle am Montagmorgen bis acht Uhr noch verbliebenen neun Kontrolleure gaben ihr Jawort) zog Ertel somit als fünfter Aufsichtsrat die Konsequenzen aus dem Streit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. „Meine Loyalität gegenüber Verein und Vorstand wurde in den vergangenen Monaten mehrfach, viel zu oft, überstrapaziert.

Durch Kampagnen gegen den Ex-Sportchef Frank Arnesen zum Beispiel, durch gezielte Indiskretionen [...] und durch vorsätzliche Obstruktion gegen einzelne Vorstandsmitglieder oder vereinspolitische Entscheidungen.“

Ertels Abrechnung bei Facebook – kurioserweise das Medium, durch das er vor knapp einem Jahr durch eine unbedachte Spitze gegenüber Bayerns Präsidenten Uli Hoeneß selbst in Bedrängnis geriet – ist der vorläufige Höhepunkt der Krise zwischen den Gremien. Ein Ende der Spannungen ist allerdings noch nicht absehbar, da auch die Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrats noch immer nicht gewährleistet ist.

Dafür müssten laut Satzung mindestens vier von der Mitgliederversammlung gewählte Räte im Amt bleiben, was bis Montagabend mit Strauß, Hunke, Aufsichtsratschef Jens Meier und dessen Stellvertreterin Katrin Sattelmair gewährleistet war. Eckart Westphalen (Amateure) und Ronny Wulff (Senioren) werden als Delegierte in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt. Auf Nachfrage des Abendblatts ließen allerdings sowohl Meier, Sattelmair als auch Westphalen ihre Zukunft vorerst offen.

Der wahrscheinliche Grund: Sollte die im Sommer anberaumte Mitgliederversammlung tatsächlich wie geplant am 25. Mai durchgeführt werden, müssten Meier und Sattelmair bis zum 25. Februar im Amt bleiben, um die durch die Satzung geforderte Frist von drei Monaten zu gewährleisten. Erst dann könnten auch sie zurücktreten, wodurch aus dem Elfergremium ein Dreierrat werden würde.