Nach zwei freien Tagen hat der HSV-Trainer am Dienstag die Zügel wieder angezogen. Aogo fliegt aus dem Kader – und auch Rincon war auf der Baleareninsel.

Hamburg. Natürlich war es nur Zufall, dass just in dem Moment, als HSV-Trainer Thorsten Fink am Dienstag erstmals nach der 1:5-Blamage gegen Hoffenheim vor die Kameras trat, eine Putzkolonne die letzten Reste des Debakels vom Wochenende beseitigte. Mit lautstarken Gerätschaften wurde der Müll auf den Tribünen zusammengeblasen, so dass sich Fink gezwungen sah, die Stimme anzuheben. „Junge, ich kann doch auch nicht zaubern“, antwortete er fast schreiend einem Reporter, der fragte, was der Coach denn nun gedenke zu unternehmen, „mitspielen darf ich ja nicht. Ich kann die Mannschaft nur heißmachen. Und das mache ich sehr ordentlich.“

Nach den zwei trainingsfreien Tagen war der 45-Jährige am frühen Morgen kurz vor die Mannschaft getreten, um seine Spieler auf die besondere Situation vor der zum „Wiedergutmachungsspiel“ erkorenen Partie gegen Hertha BSC am Sonnabend (18.30 Uhr) einzuschwören. „Ich will spüren, wie die Jungs nach der Niederlage ticken“, sagte Fink, der mit jedem Profi im Laufe der Woche ein Einzelgespräch führen will. „Alle Spieler sind unterschiedlich und brauchen unterschiedliche Maßnahmen. Der eine braucht Streicheleinheiten, der andere braucht Druck“, erklärte der Trainer, der „einen Lasse Sobiech mal streicheln muss, weil er eigentlich zuletzt stark gespielt hat, am Wochenende aber Selbstvertrauen verloren hat“. Einem Dennis Aogo, so Fink, wolle er dagegen eher Druck machen.

Überhaupt, Aogo! Den früheren Nationalspieler, der die zwei freien Tage auf Mallorca verbracht hatte und bei der Anreise am Flughafen mit einem Fotohandy abgeschossen worden war, schien Fink buchstäblich gefressen zu haben. „Ich gebe den Jungs doch nicht zwei Tage frei, damit sie nach Mallorca fahren. Das ist nicht okay, auch wenn wir es ihm nicht verbieten können. Aber letztendlich schadet er sich selbst damit“, schimpfte der Coach, der selbst häufig in sein Feriendomizil auf der Lieblingsinsel der Deutschen reist, diesmal aber die freien Tage bei seiner Familie in München verbracht hatte.

Aogo, der nach seinem Kurztrip für den Berlin-Kader gestrichen wurde, habe aber insbesondere nach der Niederlage gegen Hoffenheim das falsche Signal gesendet, sagte Fink: „Es ist klar, dass er damit an Kredit verliert, auch bei der eigenen Mannschaft. Die Sache mit Mallorca hilft ihm nicht. Da gucken auch die anderen Spieler drauf.“

So war es auch wenig überraschend, dass der 26-Jährige vor der Nachmittagseinheit zum Rapport ins Büro von Oliver Kreuzer musste. „Dennis weiß, dass er einen Fehler gemacht hat“, sagte der Sportchef nach dem Vieraugengespräch, wollte es bei einer einfachen Ermahnung aber nicht belassen: „Wir können das nicht unsanktioniert lassen. Dennis wird zumindest mal nicht mit nach Berlin fahren.“ Eine Geldstrafe müsse der Linksfuß aber natürlich nicht fürchten: „Im Prinzip können die Spieler an ihren freien Tagen ja machen, was sie wollen. Auch Dennis hätte so ziemlich in jede Stadt Europas reisen können, aber dass er ausgerechnet auf die Partyinsel fliegt, ist nach so einem Spiel eben ein schlechtes Zeichen.“

Rincon fliegt wohl auch aus dem Kader

Was Kreuzer zu jenem Zeitpunkt noch nicht wusste: Neben Aogo war auch Mannschaftskollege Tomas Rincon an seinen freien Tagen auf der Ferieninsel, um dort seine Schwester zu besuchen. Und was nach einem normalen Spiel wohl niemanden gestört hätte, könnte nun noch hohe Wellen schlagen. Fink, den der Venezolaner unmittelbar vor dem Nachmittagstraining informierte, wollte Rincons Reise zunächst nicht kommentieren, sagte am Abend dann aber: „Natürlich kann ich das nicht gutheißen.“ Man kann wohl davon ausgehen, dass der Südamerikaner ebenfalls für ein Spiel aus dem Kader gestrichen wird, bestätigen wollten das Trainer und Sportchef aber nicht.

Fink weiß aber, dass auch auf Vorstandsebene genau hingeschaut wird, wie er die erste, zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison nicht erwartete Krise der neuen Spielzeit meistert. „Wir haben möglicherweise noch immer ein Mentalitätsproblem in der Mannschaft“, hatte HSV-Chef Carl Jarchow bereits unmittelbar nach der Niederlage gegen Hoffenheim angemerkt. Eine Feststellung, die nicht zum ersten Mal im Vorstand kritisch diskutiert wurde. So hat es beispielsweise auch in der vergangenen Saison für atmosphärische Störungen gesorgt, als Fink seiner Mannschaft gewährte, direkt nach der 0:3-Niederlage im letzten Spiel der Hinrunde bei Bayer Leverkusen in den Urlaub zu fahren. So angespannt wie damals soll die aktuelle Situation nach der Klatsche vom Wochenende aber nicht sein. Jarchow hatte angekündigt, dass man weiter daran festhalten werde, im Herbst das Gespräch über eine Vertragsverlängerung mit Fink zu suchen.

Viel zu weit wollte Fink selbst am Dienstag aber gar nicht in die Zukunft schauen. Für ihn zähle jetzt nur das Spiel am Wochenende gegen Hertha, sagte der Trainer: „Wenn wir dort gewinnen, dann habe ich alles richtig gemacht. Wenn wir dort verlieren, dann war natürlich alles falsch. Dieser Verantwortung stelle ich mich gerne.“

Und sollte seine Mannschaft nicht überraschenderweise durch weitere Last-Minute-Mallorca-Urlauber dezimiert werden, gehe er auch fest von einem positiven Ergebnis in Berlin aus. Die letzten Überbleibsel von der Hoffenheim-Blamage sollten dann jedenfalls in jeglicher Hinsicht beseitigt sein.