Formcheck vor Saisonauftakt gegen Nürnberg: Noch kein HSV-Spieler hat sein Leistungs- Limit erreicht. Heute startet der HSV in der Liga.

Hamburg. Von außen betrachtet wirkt alles gut. Die Spieler lachen und scherzen auf dem Trainingsplatz. Unmittelbar vor dem Saisonauftakt des HSV gegen den 1. FC Nürnberg (Sonnabend, 15.30 Uhr, Imtech-Arena, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) herrscht allseits gute Stimmung. "Warum auch nicht?", fragt Trainer Thorsten Fink, der dieser Tage bemüht ist, die gute Laune innerhalb seiner Mannschaft aufrechtzuerhalten. Zu heftig war zuletzt die Kritik von außen eingeprasselt. Ehemalige HSV-Größen wie Uwe Seeler, Ditmar Jakobs oder Ex-Nationalspieler Stefan Effenberg hatten sogar "fehlende Qualität" attestiert und sprachen vom HSV als Abstiegskandidaten. Zu viel für Fink, der sich schützend vor sein Team stellt, und das auch noch nach dem 2:4 am vergangenen Sonntag im DFB-Pokal beim Zweitliga-Absteiger Karlsruhe. "Wir lassen uns die Vorfreude nicht vermiesen", sagte Fink trotzig, bevor auch er einsehen musste, dass seine Mannschaft eine alles andere als optimale Vorbereitung hingelegt hat. "Mit zehn Siegen im Rücken wären wir sicher selbstbewusster, wir haben aber genügend National- und Führungsspieler, um darüber hinwegzukommen und Nürnberg zu schlagen."

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Das Abendblatt analysiert die voraussichtliche Startelf des Spiels gegen Nürnberg. Der Formcheck des HSV zum Bundesligaauftakt:

René Adler: Die ehemalige Nummer eins Deutschlands ist auf dem langen Weg zurück zu alter Stärke. Angekommen ist der Torhüter dort noch lange nicht. Im Training und in den vergangenen Spielen offenbarte Adler für ihn ungewohnte Schwächen. Dass er in Normalform ein Führungsspieler ist, bleibt unbestritten. Allerdings hat der 27-Jährige noch zu sehr mit sich selbst zu tun. Vielleicht auch, weil er mit Jaroslav Drobny den wahrscheinlich bestverdienenden Ersatzkeeper der Liga und die bisherige Nummer eins in Topform im Rücken spürt. Form: 65 Prozent.

Dennis Diekmeier: Der ehemalige Nürnberger ersetzt wohl den in Karlsruhe enttäuschenden Zhi Gin Lam. Zuletzt musste der Rechtsverteidiger wegen Asthmas den hohen Temperaturen Tribut zollen. Jetzt will er wieder ran. "Ich bin topfit." Zumindest körperlich. Ansonsten offenbart der schnelle, offensiv ausgerichtete Rechtsverteidiger noch immer die ihm seit Jahren von verschiedenen Trainern angelasteten taktischen Schwächen im Defensivverhalten. Mit dem vor ihm spielenden Sala, der über bessere Abwehrqualitäten verfügt, soll dieses Manko im Verbund behoben werden. Form: 70 Prozent.

Michael Mancienne: Fußballerisch limitiert, geht der Innenverteidiger immer an seine Grenzen und hat sich wegen seiner tadellosen Einstellung und Konstanz seit der Rückrunde 2011/12 in die Startelf gespielt. Der Engländer verfügt über eines der besten Kopfballspiele der Liga und zählte zuletzt zu den wenigen Konstanten. Form: 80 Prozent.

Jeffrey Bruma: Der talentierte Innenverteidiger bleibt weiter hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück. In der Abstimmung mit Nebenmann Mancienne sowie dem Rest der Viererkette gibt es noch erhebliche Mängel, die sich an zuletzt drei Gegentoren gegen den Oberligaklub Altona 93 und vier Gegentreffern beim Drittligaklub Karlsruher SC festmachen lassen. Die von Fink etwas verfrüht gefeierte neue Stabilität in der Defensive ist noch nicht gefunden. Auch seinetwegen. Form: 70 Prozent.

Dennis Aogo: Seit seiner Nichtberücksichtigung für die EM 2012 scheint der Linksverteidiger vermehrt mit sich selbst beschäftigt zu sein. Der ehemalige Nationalspieler will Verantwortung - zumindest theoretisch. Praktisch klappte das bislang nicht. "Er kann ein Führungsspieler werden", sagt Fink. Ein Lob, das für den selbst ernannten Führungsspieler Aogo einer Degradierung gleicht. Form: 60 Prozent.

Per Skjelbred: Der Norweger ist seit seinem Wechsel zum HSV Ende August 2011 auf der Suche nach seinem Platz im Team. Jetzt gibt ihm Fink die Chance. Und die sogar zum zweiten Mal in Folge. In Karlsruhe konnte Skjelbred dabei ebenso wenig überzeugen wie in den Monaten zuvor. "Ich habe mich endlich an die Bundesliga gewöhnt", sagt Skjelbred selbst - gegen Nürnberg muss er den Beweis antreten. Form: 50 Prozent.

Heiko Westermann: Der gelernte Innenverteidiger muss wegen fehlender Alternativen weiter das zentral-defensive Mittelfeld sortieren. Zweikampfstark räumt Westermann den größten Teil weg - ohne dabei nach vorn Impulse setzen zu können. Kreativität sollte von ihm eher nicht erwartet werden. Zuletzt wirkte der Vorkämpfer frustriert, weil ihm vor allem die Unterstützung seiner Kollegen fehlt. Form: 85 Prozent.

Jacopo Sala: Der Italiener könnte den Vorzug vor Maximilian Beister erhalten, weil er defensiv stärker ist als dieser. Im Training hinterlässt Sala einen guten Eindruck, allerdings dürfte der ständige Wechsel von Startelf zu Bankdrücker nicht förderlich für sein Selbstvertrauen gewesen sein. Sala fehlt es an Sicherheit. Form: 75 Prozent.

Heung Min Son: Der Südkoreaner verzichtete auf die Olympischen Spiele in London, um sich optimal vorbereiten zu können. Hatte mit der Position im rechten Mittelfeld gerechnet, muss nun den verletzten Tolgay Arslan und damit den gesuchten kreativen Mittelfeldspieler ersetzen. Eine Rolle, die der Stürmer in Karlsruhe nicht umzusetzen wusste. Form: 70 Prozent.

Marcell Jansen: Wenn der HSV gefährlich wird, dann über ihn. Hat gegenüber seinem Konkurrenten für die linke Außenbahn, Ivo Ilicevic, klar die Nase vorn. Der Linksfuß ist körperlich topfit und konnte sich in der langen Vorbereitung verletzungsfrei für sein kraftbetontes Spiel die nötige Fitness holen. Form: 90 Prozent.

Marcus Berg: Der Schwede taut langsam auf. Im direkten Zweikampf oft noch etwas zu naiv, macht er, was ein Stürmer machen soll: Er trifft. Die Rückkehr in die schwedische Nationalelf dürfte ihm zusätzlich Auftrieb geben. Berg ist kein mitspielender Stürmer, aber ein Vollstrecker. Wird er in Szene gesetzt, trifft er in aller Regel. Form: 80 Prozent.

Die Spiele des ersten Bundesliga-Spieltages: Dortmund - Bremen; Sonnabend, 15.30 Uhr: HSV - Nürnberg, Mönchengladbach - Hoffenheim, Freiburg - Mainz, Augsburg - Düsseldorf, Greuther Fürth - Bayern München; 18.30 Uhr: Frankfurt - Leverkusen; 20.45 Uhr: Stuttgart - Wolfsburg. Sonntag, 17.30 Uhr: Hannover - Schalke.