Ticket-Verkäufern drohen hohe Vertragsstrafen. Online-Plattformen der Gang vors Gericht. Selbst St. Pauli orientiert sich am Nachbarn.

Hamburg. Da hat der FC Barcelona wohl noch mal Glück gehabt. Nachdem der HSV im Anschluss an das Freundschaftsspiel gegen die Katalanen vor einem Monat juristische Schritte gegen die Spanier erwog, haben sich Hamburgs Verantwortliche relativ zeitnah dagegen entschieden. Obwohl Barça nur eine Nachwuchsmannschaft nach Hamburg schickte, wollte es der HSV bei der zuvor ausgehandelten Vertragsstrafe von 400 000 Euro belassen. Ein juristisches Nachspiel wird die Partie aber in jedem Fall haben. Denn Hendrik B., HSV-Mitglied seit 2005, hatte weniger Glück als Messi und Co.

Das war passiert: Der 33-jährige B. hatte sein Ticket für das Freundschaftsspiel gegen Barcelona zum Verkauf beim Internet-Auktionshaus Ebay angeboten, was ihn nun teuer zu stehen kommt. Denn was B. nach eigenen Angaben nicht wusste oder besser: nicht so genau wusste, ist, dass der HSV das Verkaufen von Eintrittskarten im Internet durch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen generell untersagt. "Der HSV versucht, so gut wie möglich gegen Schwarzmarkthändler im Internet vorzugehen", sagt HSV-Ticketchef Kai Voerste, der B. eine Vertragsstrafe über insgesamt 700 Euro zustellte. Nachdem B. ebenfalls einen Anwalt einschaltete, wurde dem Angestellten ein Vergleich von insgesamt 578 Euro angeboten. Die Frist läuft heute ab, aber gegenüber dem Abendblatt bestätigte B., den Vergleich anzunehmen. Sein Argument, er sei krank gewesen und habe deshalb die Karte verkaufen wollen, hält Voerste ohnehin für wenig glaubwürdig: "Es ist schon erstaunlich, dass die Leute immer vor hochklassigen Partien krank werden und ihre Tickets dann überteuert bei Ebay verkaufen."

+++ Rote Karte für den Schwarzmarkt +++

Tatsächlich gab B. auf Nachfrage des Abendblatts zu, auch schon mal Karten für Bundesligaspiele des HSV gegen Bayern und gegen Dortmund im Internet verkauft zu haben. Als Schuldeingeständnis wollte er dies aber nicht werten. Es sei schließlich üblich, dass Fans auf Internetplattformen wie Ebay, Viagogo oder Seatwave Karten ersteigern. Und genau dies sei laut Voerste der Kern des Problems: "Wir versuchen durch eine Mischkalkulation möglichst viele Karten so günstig wie möglich zu verkaufen, die dann auch durch teure Karten subventioniert werden. Wenn die günstigen Karten aber im Internet überteuert verkauft werden, funktioniert das gesamte System nicht mehr."

Beim Barcelona-Spiel musste der HSV insgesamt 400 Karten stornieren, die online zum Verkauf angeboten wurden. "Wir gehen nur gegen diejenigen juristisch vor, die bereits auffällig geworden sind", sagt Voerste, der in seinem sechsköpfigen HSV-Ticketingteam einen Mitarbeiter für den Kampf gegen Internethandel abgestellt hat. Ist eine Karte erst mal storniert, kommt ihr Käufer durch das elektronische Einlasssystem nicht mehr ins Stadion.

Um noch besser gegen den aus HSV-Sicht illegalen Tickethandel im Internet vorzugehen, hat der Verein vor knapp zwei Jahren einen Prozess gegen die Plattform Seatwave in Gang gesetzt, der in der Bundesliga mit großem Interesse verfolgt wird. Die Intention: Der HSV will gerichtlich die Online-Auktionshändler dazu zwingen, den Kartenverkauf gar nicht erst zuzulassen. Das für den 7. August erwartete Urteil wurde vom Landgericht Hamburg nun auf den 27. Oktober verschoben. Das Pikante: Sollte der HSV recht bekommen, dürften weitere Prozesse gegen Branchenriesen wie Ebay und Viagogo, immerhin Vertragspartner des FC Bayern, folgen. Die Firma Seatwave war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Auch beim FC St. Pauli verfolgt man den Prozess des Stadtnachbarn ganz genau, da sich der Klub beim Ticketing maßgeblich am HSV orientiert. "Wir sind im ständigen Dialog", sagt Daniel Bierhoff, Ticketchef vom FC St. Pauli. Jedes Jahr erwischt der Kiezklub rund 120 Kartenhändler, die meist über Ebay ihre Tickets anbieten. Werden die Verkäufer identifiziert, droht ihnen ein Stadionverbot, eine Kartenkaufsperre oder gar ein Mitgliedsausschluss. "Pro Saison werden in etwa 800 Karten bei rund 500 Aktionen angeboten", sagt Bierhoff, "die Tendenz ist leider steigend." Anders als der HSV kann St. Pauli die Karten allerdings nicht sperren lassen, da es am Millerntor noch immer kein elektronisches Einlasssystem gibt.

B. hat nach eigener Aussage aus der ganzen Geschichte jedenfalls gelernt. Ins Stadion wolle er am Sonnabend gegen den 1. FC Nürnberg aber trotzdem gehen. Nicht mit einem Internetticket, sondern mit seiner Dauerkarte.