Weder sein Verband noch Hamburgs Trainer Veh und Sportchef Reinhardt waren über die Verhandlungen mit dem DFB-Sportdirektor informiert.

Hamburg. Die Veröffentlichung von der sich anbahnenden Verpflichtung Matthias Sammers als neuer Sportdirektor des HSV schlug am Freitag wie eine mediale Bombe ein - auch wenn sogar die Verbandsspitze sofort bemüht war, die Wellen der Aufregung zu glätten. So verkündete DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach, dass es zum amtierenden Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes öffentlich eigentlich gar nichts zu verkünden gebe. "Der Präsident Theo Zwanziger und ich haben eine klare Verabredung mit Matthias Sammer. Er wird sich bei uns melden, falls er Veränderungspläne hat. Dies ist eindeutig nicht der Fall, deshalb müssen wir auch nicht weiter darauf eingehen" sagte Niersbach, der das Thema des Tages somit am liebsten sofort wieder beendet hätte. Und auch Sammer selbst äußerte sich als Sky-Experte vor dem Spiel zwischen Leverkusen und Dortmund defensiv. "Kontakte gibt es seit vier Jahren, mal intensiver, mal weniger intensiv. Das ist normal in dieser Branche", sagte Sammer, ohne damit konkret über ein Angebot des HSV zu sprechen. Der 43-Jährige bestätigte, dass er, wenn "der Zeitpunkt irgendwie gekommen ist", zunächst mit der DFB-Spitze reden wolle. Dies sei aber momentan nicht der Fall.

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Verständliche Floskeln, da Sammer mit dem HSV noch keine Einigkeit erzielt hat. So wurde nach Abendblatt-Informationen auch Freitag hinter den Kulissen fleißig telefoniert, verhandelt und verabredet - mit zwei Ergebnissen. Erstens: Der am Sonntag gewählte Aufsichtsrat will den Sammer-Deal gemeinsam durchführen. So fühlten sich anfangs einige Kontrolleure brüskiert, weil zunächst nur ein kleiner Kreis - darunter auch der in der Mitgliederversammlung gescheiterte Wolfgang Burgard - informiert war. Ergebnis Nummer zwei: Bis zum Dienstag, wenn sich das Kontrollgremium zu seiner konstituierenden Sitzung trifft, ist man stark darum bemüht, dass keine Indiskretionen den spektakulären Deal mit Sammer auf der Zielgeraden gefährden.

Alexander Otto, der stellvertretende Aufsichtsratschef, wurde auserkoren, die Verhandlungen mit dem Wunschkandidaten zu führen. So soll nach Abendblatt-Informationen der ursprünglich bis zum 31. März 2013 unter Vertrag stehende Sammer möglichst zeitnah seinen Vertrag mit dem DFB auflösen, um anschließend einen langfristigen Kontrakt mit dem HSV zu unterschreiben. Am Dienstag will dann der Aufsichtsrat über das Gehalt Sammers, das bei mehr als zwei Millionen Euro liegen soll, endgültig abstimmen.

Bis es aber tatsächlich so weit kommt, müssen zunächst noch zwei klärende Gespräche mit zwei leitenden Angestellten des HSV geführt werden. Denn wie der DFB wurden sowohl Trainer Armin Veh als auch Noch-Sportchef Bastian Reinhardt offenbar nicht über den Transfercoup informiert. "Ich weiß von nichts", sagte Veh am Freitag. Und Reinhardt teilte lediglich per SMS mit, dass er keine Gerüchte kommentieren wolle. Klar ist aber auch: Sollte Sammer dem HSV tatsächlich sein Jawort geben, wären sowohl Vehs als auch Reinhardts Positionen nachhaltig beschädigt. So ist es noch nicht mal eine Woche her, als Veh in Dubai verkündete, er wolle zukünftig mehr Macht als Trainer des HSV haben. Ein Wunsch, der dem Cheftrainer unter einem Sportdirektor Sammer nicht erfüllt werden dürfte, im Gegenteil. Klubchef Bernd Hoffmann liebäugelte schon immer mit der strategischen Ausrichtung, wonach ein Trainer die Philosophie des Klubs umsetzen müsse. Reinhardt wiederum muss sich Gedanken machen, in welcher Form er weiterhin beim HSV arbeiten möchte. Gut möglich, dass der Ex-Profi freiwillig ins zweite Glied zurücktritt, da er ursprünglich in der gescheiterten Konstellation mit Urs Siegenthaler für genau diese Position vorgesehen war.

Auch in der Mannschaft hat sich das Sammer-Interesse herumgesprochen

In der Mannschaft hat man das Interesse an Sammer vor dem Spiel gegen Schalke (Sa, 18.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker) wohlwollend registriert. "Sammer setzt sich sehr kritisch mit dem Profifußball auseinander, versteht aber gleichzeitig sehr viel von Fußball", lobte Dennis Aogo, der Sammer aus seiner Zeit bei der U-21-Nationalmannschaft noch bestens kennt. Damals habe der DFB-Sportdirektor mehrere Trainingseinheiten intensiv beobachtet, anschließend Einzelgespräche mit den Jung-Nationalspielern geführt. "Er ist ein sehr ehrgeiziger Mensch und ein sehr akribischer Arbeiter", sagt Aogo, der wohl bald täglich mit dem gebürtigen Dresdner zusammenarbeitet.

Bevor die Verpflichtung Sammers als perfekt vermeldet werden kann, will sich der jüngste Bundesliga-Meistertrainer aller Zeiten zunächst noch am Wochenende am Rande der Bundesliga-Trainertagung in Frankfurt am Main mit Bundestrainer Joachim Löw treffen. "Ich habe das heute Morgen auch nur gelesen, mehr kann ich auch nicht sagen. Er hat ja einen längerfristigen Vertrag. Ich weiß nicht, ob Gespräche stattgefunden haben", hielt sich Löw ähnlich bedeckt wie Niersbach. Thema zwischen Löw und Sammer sollte der Umgang mit der U-21-Auswahl und deren Führung um Trainer Rainer Adrion sein. Die Themenlage dürfte sich nun allerdings verändert haben.