Manfred Kaltz, 58, trug 581-mal das Trikot des HSV.

Hamburger Abendblatt: 1. Der HSV möchte Matthias Sammer als Sportdirektor verpflichten. Er wäre eine große, aber wahrlich keine billige Lösung. Würden Sie ihn holen?

Manfred Kaltz: Aber ja! Sammer wäre sicher eine gute Wahl. Er war nicht nur ein großer Spieler, sondern kann beim DFB auf eine sehr erfolgreiche Arbeit im Nachwuchsbereich zurückblicken, vor allem zusammen mit Juniorentrainer Horst Hrubesch. Gerade international kennen sich beide sehr gut aus. Mit ihm könnte es beim HSV einen Neuanfang geben. Wichtig wäre allerdings eine klare Verteilung der sportlichen Kompetenzen. Es muss klar sein, dass ihm niemand hereinredet. Noch ist aber meines Wissens nichts entschieden.

2. Vor welchen Hauptaufgaben würde Sammer als Sportchef in Hamburg denn stehen?

Kaltz: Die Ansprüche in Hamburg sind stets groß, aber zur Umsetzung brauchst du eine Mannschaft. Nur, die sehe ich nicht beim HSV, zumindest keine gewachsene Mannschaft. Das Team ist falsch zusammengestellt, viele Spieler sind zu alt, es fehlt mir an Nachwuchsspielern. Von außen fällt auch auf, dass die Stimmung schlecht zu sein scheint. Irgendwas stimmt da nicht.

3. Was vermissen Sie als regelmäßiger Besucher der HSV-Spiele im Volkspark denn?

Kaltz: Feuer, Temperament, Leidenschaft, kontinuierliche Leistungen. Es reicht nicht, die Raute kurz vor einer Vertragsverlängerung zu küssen. Spielerisch genügt der HSV auch längst nicht höchsten Ansprüchen.

4. Warum wartet der HSV seit 1987, als der Klub mit Ihnen in Berlin DFB-Pokalsieger wurde, auf einen Titel?

Kaltz: Mir fehlt schon seit vielen Jahren eine klare Linie, was sich auch bei den vielen Trainerwechseln ausdrückt. Auch jetzt hängt wieder alles in der Schwebe. Hier wird immer von Kontinuität geredet, dann muss man aber danach handeln. Jetzt muss der Aufsichtsrat zunächst entscheiden, wer neuer Chef des Gremiums werden soll. Danach muss diskutiert werden, ob und wie lange der Vorstand bleiben darf. Und dann ran an die Arbeit, schließlich laufen eine ganze Menge Verträge aus, auch von Leihspielern. Diese Reihenfolge muss stimmen. Ich kann ja auch nicht auf Angriff spielen, wenn ich keine Abwehr habe.

5. Am Sonnabend startet der HSV bei Schalke 04 in die Bundesliga-Rückrunde. Was trauen Sie Ihrem Ex-Klub nach der bescheiden verlaufenen Hinrunde noch zu?

Kaltz: Es müsste schon wirklich alles optimal laufen, wenn der HSV noch die Qualifikation für die Europa League, also Platz fünf, erreichen soll. Ich glaube aber nicht daran, auch wenn es besonders finanziell ungemein wichtig wäre.