Vorstand Bernd Hoffmann und Supporters-Chef Ralf Bednarek erklären ihre Positionen zum Kühne-Vertrag. HSV gewinnt Testspiel.

Hamburg. Es ist eine Sitzung, die mit großer Spannung erwartet wird. Morgen um 18.30 Uhr (Osttribüne, HSV-Arena) stehen Vorstand und Aufsichtsrat des HSV Rede und Antwort zum umstrittenen Investorenmodell Anstoß{+3} . Vertraglich ist bereits fixiert, dass der Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne 15 Millionen Euro in den HSV investieren wird und dafür im Gegenzug Beteiligungen an Spielertransfers erhält. Während Vorstandschef Bernd Hoffmann den Vertrag mit Kühne als große Chance für den Verein sieht, künftig Topspieler zu verpflichten, sehen Teile der mitgliederstärksten Abteilung Supporters Club dieses Modell kritisch. Das Abendblatt stellte Bernd Hoffmann sowie Supporters-Chef Ralf Bednarek dieselben Fragen.

Abendblatt:

Was erwarten Sie von der Informationsveranstaltung?

Bernd Hoffmann:

Wir werden das Investorenkonzept am Dienstag im Detail vorstellen und erwarten diejenigen Mitglieder, die ohne Vorbehalte in die Versammlung gehen, auch davon zu überzeugen.

Ralf Bednarek:

Ich erwarte, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Mitgliedschaft endlich das Investorenmodell erklären. Bislang ist alles an uns Mitgliedern vorbei geschehen. Ich frage mich, wovor die Herren Angst haben. Was gibt es da, was wir Mitglieder nicht erfahren sollen? Seit Monaten diskutieren beide Gremien hinter verschlossenen Türen. Warum wurden wir nicht vorher ins Boot geholt?

Im Vorfeld gab es Irritationen, weil das Projekt sehr schnell abgesegnet und umgesetzt wurde. Warum braucht der HSV überhaupt ein Projekt wie Anstoß³?

Hoffmann:

Alle Vereine, und insbesondere die, mit denen wir uns im Wettbewerb befinden, versuchen Quellen zu erschließen, um sich weitere Handlungsfähigkeit zu schaffen. Für uns ist dieses Konzept der schlüssigste Weg, und dasjenige, das uns die größtmögliche Unabhängigkeit belässt.

Bednarek:

Genau das ist die Frage. Zum Zeitpunkt der Entscheidung war unser Antrag schon in der Welt. Trotzdem haben beide Gremien ohne Mitgliedschaft allein entschieden. Diese Hektik ist nicht zu erklären, denn Transfers hat es bis heute nicht gegeben. Ich befürchte, es gibt wirtschaftliche Gründe. Dabei haben wir Boateng und Sam für rund 14 Millionen Euro verkauft. Wenn die Gerüchte stimmen, erhalten wir die Boateng-Millionen in diesem Sommer auf einen Schlag. Trotzdem fehlt uns offensichtlich die Liquidität. Wo sind die Uefa-Cup-Millionen, das Geld aus der Finalaustragung und die Transfermillionen geblieben?

Hätte man die Mitglieder vielleicht früher über alle Details des Vertrages mit Klaus-Michael Kühne informieren müssen? Warum gibt es überhaupt so viele Vorbehalte?

Hoffmann:

Die Mitglieder haben einen umfassenden Anspruch auf Information nach Abschluss des Vertrages. Das sieht die Satzung vor. Bei einer Diskussion während Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen droht ein Projekt zerredet zu werden. Damit würden wir eine große Chance vertun.

Bednarek:

Eine Diskussion über das Investorenmodell hätte im Verein früher geführt werden müssen. Zumal es bereits im letzten Winter auf der Tagesordnung des Aufsichtsrates war. Der Verein geht einen neuen Weg, lässt die faktische Mitbestimmung eines Dritten zu und verliert an Selbstbestimmung. Trotzdem halten es Vorstand und Aufsichtsrat nicht für nötig, die Neuausrichtung mit den Mitgliedern zu diskutieren und sie mitzunehmen. Das ist an Arroganz kaum noch zu überbieten. Professor Debatin ist sich treu geblieben. Er hatte bei seiner Wahl angekündigt, dass er sich für Zahlen, nicht für die Mitgliedschaft interessiert. Aber was ist mit den Ur-HSVern wie Rieckhoff, Westphalen, Enge oder auch Wulff, warum haben die sich so weit von der Mitgliedschaft entfernt?

Der HSV bucht 2,5 Millionen Euro aus dem Investorenpaket auf das abgelaufene Geschäftsjahr. Warum?

Hoffmann:

Wir wollen uns damit Gestaltungsspielraum schaffen. Aber nach aktuellem Stand werden wir in der Saison 09/10 zum siebten Mal in Folge ein positives Ergebnis erzielen.

Bednarek:

Aufsichtsrat und Vorstand müssen das Misstrauen der Mitgliedschaft wegen der Gerüchte um etwaige Prämien und der wirtschaftlichen Gesamtsituation ausräumen. Wenn auch ohne Bilanztrick ein positives Ergebnis erzielt worden wäre, verstehe ich noch weniger, weshalb so gehandelt wurde.

Nach der verhinderten Ausgliederung jetzt dieses Projekt. Sind die Interessen des Vorstandes und der Supporters überhaupt noch miteinander vereinbar?

Hoffmann:

In einem Verein wie dem HSV gibt es eine große Meinungsvielfalt. Das Interesse des Vorstandes und der allermeisten Anhänger des Vereins ist, erfolgreich Fußball zu spielen. Dass es den einen oder anderen im Verein gibt, der dieses Ziel und unseren Weg nicht teilt und jedes Thema zu einer Grundsatzfrage macht, ist wohl Natur der Sache.

Bednarek:

Die Mitglieder des HSV sind nun einmal sehr skeptisch, wenn es um den Verlust von Selbstbestimmung und Mitgliederrechten geht. Die internationale Entwicklung gibt uns auch recht. In England und Spanien, sogar bei der Uefa und der EU gelten Investorenmodelle als gescheitert. Neidisch wird auf Deutschland, insbesondere auf den HSV gesehen. Und jetzt fangen wir an, uns zu verkaufen?

Unterdessen geann der HSV sein Vorbereitungsspiel gegen den SV Halstenbek-Rellingen mit 7:0. Trotz harter Vorbereitung und tropischer Temperaturen zeigte sich HSV-Torjäger Ruud van Nistelrooy dabei in gewohnter Torlaune. Der 34 Jahre alte Niederländer traf beim Torfest gegen den Landesligisten und dessen Torhüter Thomas Brandt (Foto l.) doppelt (1./19.) und unterstrich seinen Anspruch, Stürmer Nummer eins zu sein. Ohnehin war der Sonntag ein Tag für Gewinner. Neben den 1800 Zuschauern war das zum einen das Kinderkrebszentrum Hamburg e. V., zu dessen Gunsten das Freundschaftsspiel veranstaltet wurde, zum anderen konnte sich Trainer Armin Veh erneut über den Auftritt seines erst 18 Jahre alten koreanischen Sturmjuwels Son Heung-min freuen, das einen Hattrick (79./81./84.) erzielte. Zudem trafen für den HSV, bei dem Zé Roberto als Kapitän auflief, Paolo Guerrero (8.) und Marcus Berg (89.).