Der HSV-Trainer erklärt im Interview, wie er die Schwäche seiner Spieler bei Standardsituationen bekämpfen will. Einsatzgarantie für Petric.

Hamburg. Schon am Sonntagabend im Sportclub im NDR blitzte sein Kampfgeist wieder auf. Als Moderator Alexander Bommes wiederholt die schwache Leistung des HSV gegen den SC Freiburg ansprach, platzte HSV-Trainer Thorsten Fink der Kragen. "Ich habe Ihre Sendung schon häufiger gesehen. Und die waren nicht alle gut." Im Abendblatt-Interview spricht Fink über den Abstiegskampf, die Gründe der Krise, Selbstüberschätzung und weshalb seine Spieler jetzt unter Beobachtung stehen. Vor allem Mladen Petric.

Hamburger Abendblatt: Herr Fink, warum haben Sie Ihrer Mannschaft den freien Montag gestrichen?

Thorsten Fink: Weil wir nicht freimachen können. Ich glaube, auch der Letzte hat kapiert, dass wir uns im Abstiegskampf befinden. Wir müssen jetzt arbeiten. Das ist das klare Signal an die Mannschaft. Und ich wollte mit den Spielern sprechen, mich austauschen. Ich werde genau hinsehen und analysieren, wer den Kampf annimmt.

Der Vorstand beschäftigt sich mit Planungen für die Zweite Liga. Sie auch?

Fink: Nein, überhaupt nicht. Weil ich davon ausgehe, dass wir es schaffen.

Offensichtlich mit allen Mitteln. Sie haben ja auch eine Sitzung mit dem Mannschaftsrat angesetzt.

Fink: Ja, weil ich hören will, auf wen wir jetzt setzen können, wer Flagge zeigt. Ich will wissen, wie die Stimmung ist, um die Mannschaft einzuschwören. Vor drei Wochen haben wir nach einem guten Spiel bei Mönchengladbach auf Platz acht übernachtet. In den vergangenen Tagen haben wir einige Rückschläge hinnehmen müssen, weil der eine oder andere sich vielleicht zu sicher wähnte und es schleifen gelassen hat. Vielleicht müssen wir da einen Teil Zufriedenheit wegkriegen. Es ist eben nur ein sehr schmaler Grat zwischen Selbstvertrauen und falscher Zufriedenheit.

Dafür haben Sie David Jarolim zusätzlich in den Mannschaftsrat beordert. Weil er es sich mit seiner zuletzt gezeigten Leistung verdient ha t?

Fink: Zusätzlich? Wie kommen Sie darauf?

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Jarolim war vorher nicht im Rat.

Fink: Was vor meiner Zeit war, ist mir egal. Das ist jetzt mein Mannschaftsrat.

Haben Sie sich dabei ertappt, sich selbst schon zu sicher gefühlt zu haben?

Fink: Nein, ich habe immer gesagt, dass wir mit einem Auge nach oben schauen dürfen - aber immer auch mit einem Auge nach unten blicken müssen. Wenn hier von Europa League gesprochen wurde, war ich nicht dabei. Ich habe immer gesagt, dass es mit unserer Qualität dafür nicht reichen wird, dass es für uns nur um den Klassenerhalt gehen kann. Und dafür haben wir jetzt acht Endspiele vor uns.

"Auch der Letzte hat kapiert, dass wir uns im Abstiegskampf befinden. Wir müssen jetzt arbeiten. Das ist das Signal an die Mannschaft."

Was muss sich im Speziellen ändern, worauf werden Sie in der Trainingswoche bis zum Wolfsburg-Auswärtssiel besonderen Wert legen?

Fink: Wir werden vermehrt auf Standards schauen, ganz klar. Aus Standards entstehen 50 bis 60 Prozent aller Tore. Wir waren da auch schon besser, haben eine Zeit lang Standards in für uns gefährlichen Bereichen vermieden.

Was wollen Sie wie verbessern? Von Mann- auf Raumdeckung umstellen?

Fink: Nein, ich habe immer Manndeckung spielen lassen. So sehe ich sofort, wer den Fehler gemacht hat. Ich werde der Mannschaft vielleicht eine Rechnung vorschlagen: Für jedes Gegentor durch oder nach einem Standard muss sie zahlen. Für jedes Spiel ohne Standardgegentor bekommt sie vom Klub etwas Geld. Das habe ich schon als Trainer bei Red Bull Salzburg mal erfolgreich gemacht. Wir müssen genau schauen, was wir ändern können. Und für dieses Können gibt es nur einen Beweis: das Tun. Wir müssen es auf dem Platz zeigen. Ansonsten ist es nur Gerede. Aber die Mannschaft hat in dieser Saison schon gezeigt, dass sie mit schwierigen Situationen umgehen kann.

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Ein besonderer Fokus liegt derzeit auf Mladen Petric, dessen Vertrag nicht verlängert wird und der zuletzt auf dem Platz oft unglückliche Szenen hatte.

Fink: Das gilt nicht nur für ihn, sondern für die ganze Mannschaft. Die vergangenen Wochen haben zweifellos neue Aufschlüsse geliefert. Aber ich gebe einigen noch die Zeit, noch mal zu reagieren. Und natürlich wird mehr auf ihn geschaut. Auch Mladen muss sich steigern. Aber wir müssen unser Spiel auch insgesamt besser aufbauen, dann bekommt er auch mehr Chancen. Er ist ein Teil des Teams und ich vertraue ihm. Deshalb wird er am Freitag auch spielen.

Erwarten Sie von ihm die entscheidenden Impulse?

Fink: Auch. Wir haben insgesamt genug gute Typen. Und die sind jetzt gefragt. Jetzt haben wir eine schwierige Situation, jetzt müssen Sie sich zeigen. Alle sind gefragt, auch ich als Trainer. Die Spieler sind eben oft wie Kinder - da musst du als Trainer ständig die Schrauben nachziehen.