Tolgay Arslan, der Vertreter des verletzten Petric, trifft beim 1:1 erstmals für den HSV, Borussia Mönchengladbach profitiert von Hankes Abseitstor.

Mönchengladbach. Kurz vor dem Abpfiff gönnte Thorsten Fink seinem Star des Abends den verdienten Sonderapplaus. Der HSV-Trainer bat Tolgay Arslan vom Platz, tätschelte ihm den Kopf und klatschte dreimal in die Hände. "Ich bin sehr zufrieden, die Jungs haben sich super zusammengerissen", sagte Fink, der sich besonders über den Auftritt seines Youngsters freuen durfte. Durch den ersten Treffer des gebürtigen Paderborners für den HSV schafften die Hamburger am Ende von 90 überzeugenden Minuten gegen Borussia Mönchengladbach ein verdientes 1:1, was sich eine Stunde zuvor noch überhaupt nicht abzeichnete.

Als die erste Halbzeit vorbei war, stapfte Fink noch wütend Richtung Kabine. Bevor er mit seinem Team die Halbzeitanalyse vornahm, richtete er aber noch das Wort an Schiedsrichter Günter Perl. "Konzentrieren Sie sich! Konzentrieren Sie sich!", forderte er den Unparteiischen energisch auf.

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Was war passiert? In der 45. Minute hatte der HSV ein Tor kassiert, das nicht hätte gegeben werden dürfen. Erst pfiff Perl ein vermeintliches Handspiel von Heiko Westermann. Beim anschließenden Freistoß von Juan Arango stand Mike Hanke, der den Ball ins Tor beförderte, klar im Abseits.

Der Rückstand war bitter für den HSV. Die Hamburger präsentierten sich in der ersten Hälfte mutig, mit der nötigen Aggressivität in den Zweikämpfen und bekämpften weitgehend erfolgreich die Aufbaubemühungen der Gastgeber. Erst nach zwölf Minuten gab es den ersten Torschuss - natürlich vom überraschend überragenden Arslan.

Arslan? Um 19.40 Uhr war der Deutsch-Türke vom Rasen kommend in den Kabinengang eingebogen. Die Kapuze verdeckte fast seinen ganzen Kopf, doch das breite Grinsen war dennoch unübersehbar. Vorfreude pur beim 21-Jährigen, der nach seiner Rückkehr aus Aachen und dem Kurzeinsatz gegen Bremen in Mönchengladbach erstmals von Beginn an auflaufen durfte. Wenige Minuten später folgte die Erklärung für die Überraschung in der Aufstellung, als Mladen Petric mit traurigem Gesicht folgte: "Ich hatte schon gegen Bremen einen Schlag auf das Knie bekommen", erklärte der Stürmer. "Unter der Woche ging es ganz gut, aber am Donnerstag habe ich beim Training noch einmal was genau an der gleichen Stelle abbekommen. Es schmerzt ein wenig, wir wollten kein Risiko eingehen."

Für Arslan war der Freitagabend dagegen das ersehnte persönliche Happy End einer ihm ewig erscheinenden Leidenszeit. Eine Sprunggelenksverletzung, die er sich nach seiner Rückkehr aus Aachen im vergangenen Sommer bei einem Testspiel gegen Wolfsburg zugezogen hatte, als er von Ashkan Dejagah übel gefoult wurde, zwang ihn zu einer monatelangen Pause. Erst im Trainingslager in Spanien konnte der Offensiv-Allrounder wieder angreifen.

Arslan bedeutet auf Türkisch Löwe, das passte auch für die Partie. Wie die Löwen würden die Hamburger kämpfen müssen, um gegen den Champions-League-Kandidaten bestehen zu können. Vor dem Spiel hatte die "Süddeutsche Zeitung" die "Favre-Tabelle" der letzten 34 Spiele errechnet. Demnach holte die Borussia 66 Punkte, der HSV aber nur 38 Zähler. Doch wer geglaubt hatte, dass die Partie angesichts der jüngsten Entwicklung beider Klubs eine einseitige Angelegenheit sein würde, sah sich zumindest optisch getäuscht. Die Partie war weitgehend ausgeglichen, Favres Team konnte angesichts der aufmerksamen HSV-Defensive kaum einmal das gefürchtete Kurzpassspiel aufziehen. Der kleine, aber feine Unterschied: Die Gladbacher erspielten sich klare Torchancen. Erst musste Diekmeier nach einer Reus-Ecke Brouwers Schuss auf der Linie retten (21.), dann verzog Arango. Die beste Chance aber vergab Igor de Camargo, der nach einem Neustädter-Pass frei vor Drobny stand, dieser aber mit dem Fuß retten konnte (28.). Überhaupt zeigte sich der Tscheche vom sich ankündigenden Wechsel René Adlers unbeeindruckt. Beim nicht regelgerechten Treffer zum 0:1 jedoch war auch er machtlos.

Kurz nach Wiederanpfiff dann aber die erste Großchance für den HSV. Nach einem feinen Zuspiel von Paolo Guerrero hätte Arslan sein Comeback mit einem Tor bereits krönen können, doch er verzog (47.). Nur neun Minuten später zielte der Petric-Vertreter nach einer erneuten Vorlage Guerreros aus kurzer Distanz besser. Der 1:1-Ausgleichstreffer war der verdiente Lohn in doppelter Hinsicht. Verdient für den HSV, der nach tollem Spiel gegen die bisherige Übermannschaft der Liga im achten Auswärtsspiel in Folge ungeschlagen bleibt. Und vor allem verdient für Arslan, der diesen Abend im Borussia-Park so schnell nicht vergessen wird.