Der Innenverteidiger des HSV erklärt, warum er ein ernster Mensch ist, was ihm in Hamburg Probleme bereitet hat und nun glücklich macht.

Abendblatt: Herr Rozehnal, warum lächeln Sie so selten?

David Rozehnal: Ist das so? Eigentlich könnte ich den ganzen Tag lächeln, so gut geht es mir jetzt.

Abendblatt: Weil Ihre Familie endlich in Hamburg ist?

Rozehnal: Ja. Wenn ich nach Hause komme, warten die auf mich, die ich nie wieder so lange missen möchte. Es war die schlimmste Zeit meiner Karriere.

Abendblatt: Rein privat?

Rozehnal: Ja. Als meine Frau und mein Sohn jetzt kamen, habe ich mich über mich selbst erschrocken. Ich habe an meinem Sohn Veränderungen festgestellt, die ich verpasst habe. Und in seinem Alter - Luka ist jetzt 18 Monate alt - ist das massiv. Das werde ich nie nachholen können. Das war nicht gut für uns als Familie und darf nie wieder passieren.

Abendblatt: Hatten Sie deshalb im ersten halben Jahr Probleme?

Rozehnal: Sicher auch. Aber sportlich machten es mir andere Probleme schwer. Schon die Art des Wechsels. Ich habe zwar während der unendlichen Verhandlungen von Lazio und dem HSV in Rom die Vorbereitung mitgemacht, war aber - das hat der Trainer so gesagt - das fünfte Rad am Wagen. Als ich endlich nach Hamburg kam, hatte ich zwei Taschen, keine Wohnung und musste auf den Platz. Ohne Vorbereitung. Jetzt beginnt alles neu.

Abendblatt: In Eindhoven wird es nach dem 1:0 im Hinspiel auf die Defensive ankommen.

Rozehnal: Das wissen wir. Das eine Tor Vorsprung ist in diesem speziellen Wettbewerb allerdings Gold wert. Und klar ist, wir müssen diesmal defensiver denken. Es wird ein gutes Spiel zweier guter Teams - mit dem besseren Ende für uns.

Abendblatt: Und trotzdem sieht man Sie so selten lächeln. Sind Sie ein sehr ernster Mensch?

Rozehnal: Ich kann schon lachen, keine Sorge. Grundsätzlich bin ich eher leise und ein absoluter Kopfmensch. Ich bin der Typ, der zweimal denkt, bevor er spricht.

Abendblatt: Sind Sie so nicht zu ruhig für einen Innenverteidiger?

Rozehnal: Das ist nun mal meine Art - und ich brülle nicht zur Show. Das machen andere authentischer, wie Joris Mathijsen oder auch Frank Rost. Als Frank am Anfang geschrien hat, habe ich mich erschrocken und wusste nicht, warum er immer so laut schreien muss. Ich war irritiert. Aber jetzt weiß ich, dass ich durch ihn nur stärker werde.

Abendblatt: Sie hatten bei Olmütz, Brügge, Paris, Newcastle und Lazio nie einen lauten Torwart?

Rozehnal (lacht): Einen so lauten noch nicht ...

Abendblatt: Sie sind bislang nirgendwo lange geblieben. Warum?

Rozehnal: Brügge war ebenso ein sportlicher Aufstieg wie die jeweils folgenden Stationen. In Newcastle passte eigentlich alles - bis ich rechter Verteidiger wurde. Rom holte mich, und ich war glücklich. Bis ich hörte, dass ich kein Trainerwunsch, sondern nur Quantität war, und ich spielte unregelmäßig. Jetzt bin ich in der stärksten Liga Europas. Auf Augenhöhe mit England, aber definitiv stärker als Italiens Serie A. Und ich spiele erstmals in einer Mannschaft, die alles besitzt. Jede Stärke, die man braucht, um Großes zu erreichen.

Abendblatt: Haben Sie die Bundesliga anfänglich unterschätzt?

Rozehnal: Nein. Ich war einfach zu wechselhaft in meinen Leistungen. Das weiß ich.

Abendblatt: Sie wurden - auch von uns - heftig kritisiert.

Rozehnal: Ich hatte schon ein paar echt böse Tage hier. Aber ich lese kaum Zeitung. Das, was ich mitbekommen habe, war hart. Aber ich weiß, dass ich mich hier sehr wohl fühlen kann. Wie jetzt. Ich lebe meinen Traum.

Abendblatt: Einen, der früh beendet schien ...

Rozehnal: Ja. Ich hatte zwischen meinem 16. und 17. Lebensjahr einen heftigen Wachstumsschub und anschließend Rückenprobleme. Beim Nachwuchs von Sigma Olmütz wurde ich daraufhin aussortiert und konzentrierte mich auf die Schule. Fußball spielte ich unter meinem Vater in meinem Heimatklub Ko{zcaron}usany in der sechsten tschechischen Liga. Nur so zum Spaß, denn eine Karriere schien abgehakt. Ich habe nach der Schule zwei Stunden an der Kulturschule gelernt.

Abendblatt: Kulturschule?

Rozehnal: Ja. Ich war zeichnerisch sehr begabt. Und meine Eltern wollten dieses Talent fördern. Ich war sogar auf der Sprachenschule und habe angefangen, Sportmanagement zu studieren. Aber zum Glück spielte ich mit meinem Klub gegen Olmütz' jüngeren Jahrgang, und deren Trainer entdeckte mich neu. Er machte aus mir - bis dahin hatte ich nur Mittelfeld und Angriff gespielt - einen Innenverteidiger, der sich einen großen Lebenstraum erfüllt hat. Ich habe einen tollen Klub, eine gesunde Familie und kann das Leben meines Sohnes absichern. Das ist mehr, als ich mir mit 16, 17 Jahren habe träumen lassen.