Vor dem letzten Gruppenspiel heute gegen Schweden träumt die Grande Nation vom EM-Titel. Vor allem der Bayern-Star wird gefeiert.

Kiew. Franck Ribery hat es geschafft. Die Franzosen lieben ihn wieder – sie schwärmen geradezu über ihn. Ribery sei derzeit „pures Dynamit“ und in der Form seines Lebens, schreiben die Zeitungen erstaunlich euphorisch. Lange war Ribery so etwas wie der Leibhaftige, jetzt gilt er den Franzosen plötzlich als eine Art Erlöser.

Und mit dem angeblich besten Ribery, den es je gab, will auch die Fußball-Nationalmannschaft wieder zum Stolz der Grande Nation werden. Die Medien träumen vor dem letzten Gruppenspiel gegen Schweden heute in Kiew (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) sogar vom dritten EM-Titel nach 1984 und 2000, mindestens aber vom Finaleinzug des peinlichsten WM-Teilnehmers 2010. Trainer Laurent Blanc warnte aber, Frankreich dürfe die punktlosen und schon ausgeschiedenen Tre Kronor „auf keinen Fall unterschätzen“.

England setzt auf Rooney – Ukraine bangt um Schewtschenko

Eine Niederlage mit einem Tor dürften sich Les Bleus erlauben, um dennoch ins Viertelfinale einzuziehen, doch das ist tabu. „Baut die Serie auf 26 Spiele aus“, fordert die Sporttageszeitung "L’Equipe" angesichts von mittlerweile 23 Spielen ohne Niederlage. Eine längere Serie haben die Franzosen nur einmal hingelegt, als sie zwischen 1994 und 1996 über 30 Partien hinweg nicht zu schlagen waren. Auch diese Serie hatte an einem Tiefpunkt begonnen: nach dem Scheitern in der Qualifikation für die WM 1994.

Auch diesmal wirkt es, als sei Phoenix aus der Asche aufgestiegen. 2010 in Südafrika blamierte die Equipe Tricolore die äußerst stolze Nation bis auf die Knochen. Sportlich, und auch mit ihrem Verhalten abseits des Platzes. Spieler revoltierten gegen Trainer Raymond Domenech, es war eine Schande. Ribery galt danach als einer der Rädelsführer, er wurde für drei Spiele ausgeschlossen aus der Nationalmannschaft, und viele wünschten sich, er würde nie zurückkommen. Doch er kam zurück, und neuerdings ist der Offensivspieler von Bayern München auf dem besten Weg, Frankreichs Liebling zu werden.

Nach "Regentanz": Frankreich macht Ukraine nass

„Ich bin froh, dass ich das Verhältnis zur französischen Öffentlichkeit wiederherstellen konnte“, sagt Ribery (29). Die französischen Medien, die ihn bei jeder Gelegenheit in der Luft zerreißen würden, schreiben nun, als seien sie Werbebotschafter. „Ribery ist pures Dynamit“, stand etwa im "Parisien". Und "L’Equipe", die ewig kritische, bohrende "L’Equipe", jubelt: „Das ist der Ribery von 2006 - nur besser!“ Vor sechs Jahren hatte Ribery bei der WM an der Seite von Zinedine Zidane den internationalen Durchbruch geschafft.

Bei der EM vollzieht der inzwischen 29-Jährige endlich auch den überfälligen Schritt zum Führungsspieler. "Le Parisien" nennt ihn schon den „großen Bruder der jungen Generation“. Berater Jean-Pierre Bernes erzählt: „Franck hat Gefallen daran, Anführer zu sein und sich um die Jungen zu kümmern.“ Ribery selbst sagt: „Es ist schon lange her, dass ich mich im Nationalteam so wohl gefühlt habe.“

Das geht wohl nicht nur ihm so: Am Sonntag etwa gab Blanc trainingsfrei. Gemeinsames Bowlingspielen im Hotel stand an. Das Geschrei der Spieler, heißt es, sei bis in die Hotellobby zu hören gewesen.

Eine derartige Stimmung herrscht im schwedischen Lager nur unter den unentwegt feiernden Fans. Bei der Mannschaft dagegen ist sie nach dem bisher schlechtesten Turnier der Verbandsgeschichte am Tiefpunkt angelangt. Vor allem Trainer Erik Hamren steht nun in der Kritik. „Er hat seine Spielidee häufiger gewechselt als ein ukrainischer Taxifahrer die Spur“, schrieb das "Aftonbladet".

Hamren, das hat der Verband versichert, darf bleiben. Olof Mellberg dagegen wird wohl aufhören. Das 117. Länderspiel des „alten Schweden“ (34) dürfte das letzte sein. Verzichten muss Hamren dabei auf Johan Elmander (Fußverletzung). (sid/HA)