Eine Zwei-Tore-Führung reichte den Portugiesen nicht, denn Bendtner traf doppelt. Doch dann kam Bentos Joker. Ronaldo war der Chancentod.

Lwiw. Trotz „Chancentod“ Cristiano Ronaldo hat Portugal einen EM-Albtraum vorerst vermieden. Gegen Holland-Schreck Dänemark wahrten die Portugiesen mit einem glücklichen 3:2 (2:1) im zweiten Gruppenspiel die Chance auf den Einzug ins Viertelfinale. „Das ist ein großartiges Gefühl, das war sehr wichtig für uns. Wir wollten unbedingt im Turnier bleiben“, sagte Abwehrspieler Pepe, Schütze des portugiesischen Führungstreffers. Zwischenzeitlich hatte Portugal eine 2:0-Führung verspielt.

Dank „Joker“ Silvestre Varela (87.), der die vergebenen Großchancen Ronaldos mit seinem Siegtreffer vergessen machte, wird das Duell mit den Niederlanden am Sonntag zum „Endspiel“. Das gilt für die Dänen im letzten Gruppenspiel gegen Deutschland ebenso. „Das war ein verdienter Sieg, obwohl wir das Spiel früher hätten entscheiden müssen“, sagte Portugals Trainer Paulo Bento, „ich habe immer an meine Spieler geglaubt, auch nach dem 2:2.“

Vor allem Ronaldo hätte das Spiel füher entscheiden müssen. Der teuerste Fußballer der Welt war wie schon gegen die DFB-Auswahl mehrmals im Abschluss überhastet, er ließ aber zumindest ab und an seine Mitspieler glänzen. An der Vorbereitung der Tore durch Pepe (24.) und Helder Postiga (36.) war er aber nicht beteiligt. Für Dänemark traf zweimal Nicklas Bendtner (41./80.).

Ronaldo brachte dagegen zweimal das Kunststück fertig, freistehend vor Dänemarks Torhüter Stephan Andersen den Ball nicht im Tor unterzubringen (50./78.). Pepe nahm den unglücklichen Weltstar, der nach dem Schlusspfiff erst mal tief durchatmete, aber in Schutz: „Cristiano Ronaldo ist einer der besten Spieler der Welt, ein sehr guter Kapitän. Früher oder später wird er schon treffen.“

Sonderlich schlecht schien Paulo Bento der Auftritt seiner Elf gegen Deutschland (0:1) am Samstag nicht gefallen zu haben, Portugals Trainer ließ seine Mannschaft unverändert auflaufen - angeführt von Cristiano Ronaldo, der grimmig die Nationalhymne „A Portuguesa“ sang und entschlossen wirkte. Jedoch wurde er anschließend wieder einmal konsequent in Doppeldeckung genommen, zudem vergab er seine beiden besten Chancen in diesem Turnier äußerst kläglich.

Morten Olsen, Nationaltrainer der Dänen, sah nach dem 1:0 gegen die Niederlande zum EM-Start ebenfalls keinen Anlass zu Veränderungen. Seine Mannschaft dankte es ihm mit einer Anfangsoffensive: Nach sechs Minuten hatte Bento auf seinem Kritzelblock schon vier Eckbälle des Gegners notiert, zweimal mussten sich portugiesische Spieler in Schüsse der Dänen werfen.

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Von der hochgelobten „Abteilung Attacke“ um Ronaldo und Nani dagegen war zunächst wenig zu sehen - zu eng war die argwöhnische „Begleitung“. Ronaldo versuchte sich zu entziehen, indem er in die Mitte auswich, forderte dort den Ball, was ihm hin und wieder eine gute Schusschance einbrachte (17.).

Was Dänemark in vier Versuchen nicht gelungen war, schaffte Portugal dann schon im zweiten Anlauf: ein Tor nach einem Eckball. Joao Moutinho trat ihn, zirkelte auf den kurzen Pfosten, Innenverteidiger Pepe löste sich von Dänemarks Kapitän Daniel Agger - 1:0, eine Erlösung für die Portugiesen. Ronaldo kam nun auch besser ins Spiel, scheiterte mit seinen gefürchteten Flatter-Freistößen an der dänischen Abwehrmauer (34.) oder schoss über das Tor.

Postiga traf dann nach einem genialen Pass von Nani mit seinem ersten Torschuss des Turniers. Bento jubelte wie wild. Minuten später schimpfte er aber, als Bendtner einen kollektiven Tiefschlaf der portugiesischen Defensive zum Anschlusstreffer nutzte. So musste Portugal weiter zittern, und die Dänen rochen Lunte, denn sattelfest war die Abwehr auch in der zweiten Halbzeit nicht immer.

Ronaldo hätte die Nerven beruhigen können, doch die spielten ihm einen Streich, während er auf Andersen zulief. Er prüfte den Torhüter mit seinem Schüsschen noch nicht einmal ernsthaft. Später schoss er aus bester Position zwei Meter am Tor vorbei. Die Folge: Bendtner schockierte die Portugiesen mit seinem zweiten Treffer, und es wurde dramatisch. Am Ende verließ Ronaldo aber erleichtert den Platz. (sid/abendblatt.de)

Vor dem Spiel: Es geht bereits um das blanke Überleben. Portugal steht vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Dänemark mit dem Rücken zur Wand. Nach dem 0.1 gegen Deutschland würde eine weitere Niederlage wohl das Aus für die Südeuropäer bedeuten. Zwar mahnt Stürmer-Star: "Wir dürfen erst gar nicht ans Verlieren denken." Doch die Gefahr ist präsent. Superstar Christiano Ronaldo könnte schon nach der Vorrunde seine Koffer packen.

Doch obwohl die Dänen zum Auftakt überraschend die Niederlande schlugen, ist im Lager der Skandinavier Bescheidenheit das Gebot der Stunde. "Wir müssen auch gegen Portugal einen sehr guten Tag haben, um sie zu schlagen", sagt etwa der Wolfsburger William Kvist.

Das größte Problem der Portugiesen, das wurde gegen Deutschland mehr als deutlich, ist die miserable Chancenverwertung. Beste Einschussmöglichkeiten blieben ungenutzt. In den letzten vier Länderspielen erzielten die Südeuropäer gar nur einen mickrigen Treffer. "Das ist schon verrückt, wenn man jemanden wie Cristiano Ronaldo im Team hat", so Nani, der aber überzeugt ist: „Wir haben immer noch viele Spieler, die Tore machen können. Diese Diskussion macht uns keine Angst“ und anfügt: „Gegen Dänemark müssen wir in erster Linie intelligent spielen. Da dürfen wir nicht sinnlos ins Verderben rennen.“

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Die Aufstellungen

Dänemark: 1 Andersen - 5 Simon Poulsen, 4 Agger, 3 Kjaer, 6 Jacobsen - 8 Eriksen, 7 Kvist, 21 Zimling (16. Poulsen) - 9 Krohn-Dehli (90. Schöne), 10 Rommedahl (60. Mikkelsen), 11 Bendtner. - Trainer: Olsen

Portugal: 12 Rui Patricio - 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao - 4 Miguel Veloso - 8 Joao Moutinho, 16 Raul Meireles (84. Varela) - 17 Nani (89. Rolando), 23 Helder Postiga (64. Nelson Oliveira), 7 Cristiano Ronaldo. - Trainer: Bento

Schiedsrichter: Craig Thomson (Schottland)

Zuschauer: 30.000

Tore: 0:1 Pepe (24.), 0:2 Postiga (36.), 1:2 Bendtner (41.), 2:2 Bendtner (80.), 2:3 Varela (87.)