Portugals ehemaliger Mittelfeldstar Luis Figo über seine Landsmänner, die Titelchancen der DFB-Elf und das große Duell am Sonnabend.

Berlin. Viele Frauen sagen, Luis Figo gehört zu den attraktivsten Fußballern aller Zeiten. 40 Jahre alt ist der Portugiese inzwischen - und immer noch austrainiert. Zum Interview kommt der ehemalige Mittelfeldstratege (32 Tore in 127 Länderspielen) im weißen Hemd, schwarzen Sakko und mit Gel in den Haaren. Er hat für Sporting Lissabon, den FC Barcelona, Real Madrid und Inter Mailand gespielt. Heute ist er UniCredit-Botschafter für die Champions League und angesichts der EM in Polen und der Ukraine ein gefragter Fußballexperte.

Hamburger Abendblatt: Herr Figo, an diesem Sonnabend spielt Portugal gegen Deutschland. Wer ist der Favorit?

Luis Figo: In diesen Spielen gibt es keinen Favoriten. Es ist ein absolutes Spitzenspiel, in dem die besten Spieler Europas aufeinandertreffen. Deutschland gegen Portugal bedeutet Emotion pur. Portugal hat viel Qualität, Deutschland auch, für uns wird es sehr schwierig. In solchen Partien können Kleinigkeiten entscheidend sein. Auf jeden Fall wird es ein besonders emotionales Spiel.

Trauen Sie Deutschland den Titel zu?

Figo: Ja. Die deutsche Mannschaft zählt mit Sicherheit zu den Favoriten, so wie immer. Allein schon wegen ihrer Erfahrung. Der größte Titelfavorit ist für mich aber Spanien, weil diese Mannschaft einen großartigen Fußball spielt und die letzten zwei großen Turniere gewonnen hat.

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Sie dürften keine guten Erinnerungen an Deutschland haben: Bei Ihrem letzten Einsatz für Portugal bei der WM 2006 verloren Sie im Spiel um Platz drei 1:3.

Figo: Da ging es für uns nicht mehr um viel. Wir hatten das Finale knapp verpasst, für alle war das ein trauriges Spiel. Seitdem haben sich beide Mannschaften verändert: Die Deutschen kommen jetzt nicht mehr nur über die Kraft, sondern legen auch viel Wert auf Technik. Und bei uns ist es umgekehrt.

Portugals Nationalmannschaft wird oft auf Cristiano Ronaldo reduziert. Finden Sie das ungerecht?

Figo: Das ist normal. Wenn eine Mannschaft einen der besten Spieler der Welt in seinen Reihen hat, passiert das eben. Cristiano ist derzeit mit der Beste. Ihn komplett aufzuhalten, ist kaum möglich. Soll ich Ihnen aber mal was sagen, was bei diesem Thema ganz wichtig ist?

Bitte!

Figo: Ein Turnier wie die Europameisterschaft gewinnt eine Mannschaft nicht wegen eines Spielers. Sie muss all ihre Qualitäten ausspielen.

Wer ist für Portugal noch wichtig?

Figo: João Moutinho vom FC Porto könnte so ein Spieler sein. Er gibt dem Spiel im Mittelfeld wichtige Impulse. Nani von Manchester United und Hélder Postiga von Real Saragossa sind torgefährlich.

Portugal hat in den vergangenen Jahren oft attraktiv gespielt, aber keinen Titel gewonnen. Warum nicht?

Figo: Ganz einfach: Weil es sehr schwer ist, ein solches Turnier zu gewinnen.

Welcher deutsche Spieler beeindruckt Sie am meisten?

Figo: Ich mag Schweinsteiger.

Was gefällt Ihnen so an ihm?

Figo: Er ist sehr komplett. Wie auch Mesut Özil, ein sehr eleganter Spieler.

Kapitän Lahm will mit Schweinsteiger und den anderen Nationalspielern zu einer goldenen Generation werden.

Figo: Das wird erst dann der Fall sein, wenn sie den Titel gewonnen haben. Deutschland hat schon immer eine starke Nationalmannschaft gehabt und auch goldene Zeitalter durchlebt. Die aktuelle Mannschaft braucht einen Titel, um das auch von sich behaupten zu können.