Teammanager Bierhoff wirft ihm vor Länderspiel gegen Ecuador Stillstand vor. Podolski gereizt: “Wenn es der Bierhoff so sieht, dann sieht er es so.“ Bundestrainer verteidigt den Stürmer.

Miami. Die gute Stimmung war Lukas Podolski versaut worden. Alles war eigentlich so schön, seine erste USA-Reise gefiel dem 27-Jährigen richtig gut. Doch dann kam der Verdruss. Verschwitzt kam Podolski vom Trainingsplatz der Barry University in Miami, und sein Hitzepegel stieg noch weiter an. "Wenn es der Bierhoff so sieht, dann sieht er es so", sagte er mit gereiztem Unterton. Er stellte sich diesen Fragen nur missmutig. Teammanager Oliver Bierhoff hatte ihm ein paar Stunden vorher die Laune verhagelt mit einer wenig positiven, auf ihn gemünzten Saisonbilanz. "Bei der Nationalmannschaft war es ein Jahr des Stillstandes", hatte Bierhoff im "Kicker" erklärt und damit nur Podolski gemeint.

Heute (20.30 Uhr MESZ/ARD live) soll Podolski als erfahrenster Spieler mit 108 Länderspielen für die junge Mannschaft, die wegen des Fehlens von 16 Stammspielern eigentlich als Deutschland B auflaufen müsste, in Boca Raton gegen Ecuador der Leitwolf sein. Wenn Per Mertesacker, der wegen Knöchelproblemen kaum trainieren konnte, ausfällt, wäre der Kölner nach acht Jahren in der Nationalelf sogar erstmals bei Spielbeginn der Kapitän. Dennoch bekam er von Bierhoff diesen Denkzettel verpasst. "Wenn es die vergangenen Jahre davor immer bergauf ging, dann kann man mal ein Jahr verkraften, wo es ein bisschen stiller ist", sagte Podolski zu der Kritik, die ihn wie eine Ohrfeige traf. Dann wies er den Teammanager in die Schranken.

"Ich weiß nicht, ob das Kritik war. Das ist mir auch völlig egal. Ich weiß, was ich an mir habe. Wenn er das so sieht, dann ist das seine Meinung", sagte Podolski. "Mehr braucht man auch dazu nicht zu sagen. Man muss nicht alles diskutieren." Unterstützung bekam er von Bundestrainer Joachim Löw, der vorgab, die Aussagen Bierhoffs gar nicht zur Kenntnis genommen zu haben. "Für mich ist es überhaupt kein Thema, dass man Lukas kritisiert. Er hat in den vergangenen zehn Jahren Überragendes geleistet und ist für mich ein unheimlich wichtiger Spieler. Auch wenn er nicht spielt, weil er mit seiner Laune für gute Stimmung sorgt", sagte Löw.

Bierhoff hatte auch ein Urteil über Podolskis erstes Jahr in England gefällt, was nicht unbedingt die Aufgabe des DFB-Teammanagers ist. "Es ist toll, dass er sich bei Arsenal einigermaßen durchgesetzt hat. Aber er hat es nicht hundertprozentig bestätigt, weil er sehr häufig ein- und ausgewechselt wurde", sagte Bierhoff. Die Fakten: In 42 Pflichtspielen kam Podolski auf elf Tore und zehn Vorlagen.

Während Podolski mit dickem Hals die Aussagen des Teammanagers als Stammtischäußerung herabwürdigte, legte Bierhoff nur wenige Meter entfernt nach. Der Ex-Kölner wurde der Form halber ein bisschen gelobt, aber es wurde dann weiter draufgehauen. "Ich bin eben ein Freund der klaren Worte. Spieler müssen kritikfähig sein. Sie müssen mit den Tatsachen leben können. Das heißt nicht, dass wir ihm nicht vertrauen, aber seine Entwicklung in der Nationalmannschaft war im letzten Jahr nicht zufriedenstellend."

Ob Podolski das so offen selbst zu hören bekam, ist fraglich. Löws Aussage, dass er mit Mertesacker der beste Basketballer im Team sei, interessierte ihn dann auch nicht mehr. "Wenn der Bundestrainer das sagt", erklärte er knapp. Ist mir auch egal, hätte genauso gut gepasst. Wahrscheinlich sollte Podolski mit der Kritik an seinen aktuellen fußballerischen Fähigkeiten angestachelt werden, sozusagen als Extramotivationsschub. Dass erst Leverkusens Andre Schürrle ihm den Platz im linken offensiven Mittelfeld streitig machte, dann Marco Reus an ihm vorbeizog und auch dessen Dortmunder Clubkollege Mario Götze ihn verdrängt hat, ist eine Tatsache. Nun drängt auch noch Julian Draxler nach vorne. Dem 19-Jährigen wurde erst letzte Woche eine Metallplatte aus dem Arm entfernt, die nach einem Bruch eingesetzt worden war. Dennoch soll er gegen Ecuador zum Einsatz kommen, allerdings an der Seite von Podolski und anstelle des Bremers Aaron Hunt. Ob Podolski am Sonntag gegen die USA spielt, ist noch nicht klar.

Auffällig war, wie sich der gebürtige Pole im Training besonders anstrengte. Gegen Ecuador dürfte Podolski auf der linken Seite zum Einsatz kommen. Es sei ja bekannt, dass er nicht wirklich in der Spitze spielen könne, bestätigte Löw. Da Mario Gomez und Miroslav Klose wie 14 andere Topstars fehlen, wird wohl der gebürtige Reinbeker Max Kruse (Freiburg) sein Debüt geben.

Das Mannschaftsfoto vom Mittwoch wird einzigartig bleiben, diese Formation wird niemals mehr so auflaufen. Allenfalls 10.000 Zuschauer werden in Boca Raton für die Partie gegen Ecuador, das als aktuell zweitbestes Südamerika-Team auf Platz zehn der Weltrangliste steht, erwartet. Für die deutsche Nationalmannschaft besteht ein gewisses Blamagen-Risiko. Die deutschen Fernsehzuschauer sollten in jedem Fall gewarnt sein: Nach den Entscheidungsspielen in der Champions League und den Bundesliga-Relegationen und vor dem DFB-Pokalfinale geht es bei dem Test um nichts, oder genauer gesagt, nur um den Sieg. Für Podolski geht es allerdings um etwas mehr.

Deutschland: Adler - Höwedes, Mertesacker, Westermann, Jansen - Neustädter, L. Bender - Schürrle, Draxler, Podolski - Kruse.