Nach Schwierigkeiten zu Beginn hat die DFB-Elf das Spiel gegen Aserbaidschan im Griff. Özil, Gomez und Schürrle trafen. Hier geht's zum Liveticker.

Baku. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist auf einem guten Weg zum siebten Sieg im siebten Spiel der EM-Qualifikation. Der stark ersatzgeschwächte WM-Dritte führt in Baku gegen das vom früheren Bundestrainer Berti Vogts betreute Aserbaidschan zur Pause mit 2:0, zeigt aber zum Abschluss einer kräftezehrenden Saison wie schon beim 2:1 in Österreich am vergangenen Freitag eine recht schwache Leistung. Spielmacher Mesut Özil (30.) und wieder Mario Gomez (41.) trafen.

Löw brachte im Vergleich zum Spiel in Wien drei neue Spieler und stellte auf vier Positionen um. So spielte Kapitän Philipp Lahm anstelle des verletzt abgereisten Sami Khedira im defensiven Mittelfeld neben Toni Kroos. Lahms Platz als Rechtsverteidiger nahm Benedikt Höwedes ein. Für Arne Friedrich, der in Wien einen rabenschwarzen Tag erlebt hatte, rückte Holger Badstuber in die Innenverteidigung. Zudem ersetzte Dennis Aogo auf der linken Seite der Viererkette Marcel Schmelzer. Unverändert blieb die deutsche Offensive.

Damit lief in Baku eine der jüngsten Mannschaften der deutschen Länderspielgeschichte auf. Die DFB-Auswahl hatte einen Altersdurchschnitt von 23,45 Jahren, Lahm war mit 27 der Älteste. Die Abwehrreihe brachte es gar nur auf 22,75 Jahre im Schnitt.

Und die hatte zunächst überraschend einige Probleme zu bewältigen. Nach Ballverlust von Lahm, der auf der Sechs schon einmal beim 2:1-Erfolg in England am 22. August 2007 gespielt hatte, verfehlte Alexander Tschertoganow aus 20 Metern nur knapp das Ziel (5.). Noch mehr Glück hatte Deutschland in der 9. Minute, als Mats Hummels versehentlich Vugar Nadirow bediente. Dessen Schuss lenkte Torhüter Manuel Neuer mit den Fingerspitzen gerade noch an die Latte.

Löw stand einige Male wild gestikulierend an der Seitenlinie. Besser wurden die Aktionen seiner Spieler dadurch zunächst nicht. Die gut eingestellten Gastgeber zerstörten den deutschen Aufbau mit aggressivem Spiel schon im Ansatz. Wie in Österreich fehlten den Aktionen Tempo und Präzision. So brachte eine Standardsituation die erste Chance für den WM-Dritten: Kroos traf mit einem sehenswerten Freistoß den Pfosten (18.).

Auch danach kam die DFB-Elf nicht wie erhofft zum Zug. Gomez, in Österreich mit zwei Treffern noch der Held, hing bis zu seinem Tor völlig in der Luft. So war es zunächst erneut Kroos, der mit einem Weitschuss gefährlich wurde (28.), ehe Özil das 1:0 gelang. Der Mittelfeldspieler von Real Madrid traf mit einem Flachschuss aus spitzem Winkel - und bereitete dann auch das 2:0 vor, bei dem Gomez nur noch den Fuß hinhalten musste. Badstuber hatte das Feld mit einem 40-Meter-Pass geöffnet.

Vor dem Spiel hatte Vogts angekündigt, dass er trotz der jüngsten Vorkommnisse und der massiven Kritik an seiner Arbeit Nationaltrainer von Aserbaidschan bleiben will. "Ich will meinen Vertrag erfüllen. Ich fühle mich sehr wohl“, sagte der 64-Jährige. Sein Vertrag läuft bis 2012.

Statistik:

Aserbaidschan: Kamran Agayev (Xäzär Länkäran/25 Jahre/24 Länderspiele) – Mälikov (Neftci Baku/25/36), Räsad Farhad Sadiqov (Qarabag Agdam/28/74), Allahverdiyev (Xäzär Länkäran/27/18), Vurgun Hüseynov (Turan Tovuz/23/7) – Abushev (Neftci Baku/23/15), Ämirquliyew (Xäzär Länkäran/21/12), Certoqanov (Inter Baku/31/39), Cavadov (FK Baku/22/35), Nadirov (Qarabag Agdam/23/35) – Ismayilov (Qarabag Agdam/22/2)

Deutschland: Neuer (FC Schalke 04/25/20) – Höwedes (FC Schalke 04/23/2), Badstuber (Bayern München/22/13), Hummels (Borussia Dortmund/22/7), Aogo (Hamburger SV/24/7) – Lahm (Bayern München/27/80), Kroos (Bayern München/21/18) – Müller (Bayern München/21/18), Özil (Real Madrid/22/26), Podolski (1. FC Köln/26/89) - Gomez (Bayern München/25/46)

Schiedsrichter: Koukoulakis (Griechenland)

Tore: 0:1 Özil (30.), 0:2 Gomez (41.)

Zuschauer: 25.000 in Baku

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DFB-Elf auf Rekordjagd

Wie groß in Aserbaidschan die Wertschätzung gegenüber Deutschlands Fußballelite ist, wurde bereits umgehend nach der Landung der Nationalmannschaft gestern Nachmittag im von Wolken bedeckten, 20 Grad warmen Baku deutlich. Den üblichen Feierabendstau auf der Autobahn zwischen Flughafen und Zentrum der Millionenmetropole ließ der Bus des DFB-Tross dank einer eilig herbeigerufenen Polizeieskorte buchstäblich links liegen. Selbst die kurzzeitige Vollsperrung wegen eines Regierungskonvois verhinderte nicht die pünktliche Ankunft im altehrwürdigen Park Hyatt Baku, das allerdings schon bessere Tage gesehen hat. Eine Nacht dürften es sich die deutschen Fußballer in dem Mix aus Orient- und Ostblockarchitektur trotzdem gut gehen lassen, ehe die DFB-Delegation direkt nach dem heutigen Spiel gegen Aserbaidschan (19 Uhr, MEZ/live in der ARD) in den Nachtstunden wieder nach Hause fliegt.

Die Rollenverteilung dürfte heute Abend im Tofik-Bakhramov-Stadion ohnehin klar sein. Während der wohl zum letzten Mal von Berti Vogts trainierte Gastgeber nach der von den Fans und den heimischen Medien noch immer nicht überwundenen 1:2-Pleite gegen Kasachstan lediglich um Schadensbegrenzung bemüht ist, hat Deutschland mehr als nur drei vermeintlich einfache Auswärtspunkte im Sinn. "Das Ziel bleibt, uns frühstmöglich für die EM zu qualifizieren. Wenn wir es schaffen, dabei alle Spiele zu gewinnen, dann ist das umso besser", sagt Bundestrainer Joachim Löw, der kurz vor der heiß ersehnten Sommerpause als Extramotivation im von Hamburg 3300 Kilometer entfernten Baku einen Rekord für die Ewigkeit vor Augen hat.

Zwar haben DFB-Mannschaften schon viermal (2004, 1980, 1976 und 1972) eine EM-Qualifikation ohne Niederlage überwunden, allerdings hat noch nie eine deutsche Nationalmannschaft alle Qualifikationsspiele gewonnen. "Für mich ist es schon sehr imponierend, wie wir bislang diese Qualifikation überstanden haben", sagt Löw und klopft sich und seinen Spielern verbal kräftig auf die eigenen Schultern. Das Eigenlob ist aber auch verdient. Sechs Siege in sechs Spielen ist eine beeindruckende Serie, die mit vier Erfolgen gegen Aserbaidschan, Österreich, die Türkei und Belgien veredelt werden soll. "Wir sind in allen vier verbleibenden Partien der Favorit. Natürlich muss es unser Ziel sein, diese Spiele zu gewinnen", kündigte Mats Hummels selbstbewusst an, um sich ungefragt noch etwas mehr in die Pflicht zu nehmen: "Als Deutschlands Nationalmannschaft ist es ein Muss, alle Spiele zu gewinnen."

Dortmunds Meister Hummels ist trotz seiner mutigen Ankündigung natürlich bewusst, dass der letzte Betriebsausflug der Saison ans Kaspische Meer für Deutschlands Fußballer keineswegs zum exotischen Kurzurlaub wird. "Auch in Aserbaidschan wird guter Fußball gespielt. Die Stimmung im Stadion wird jedenfalls sehr emotional sein", sagt der Innenverteidiger, der bereits zum zweiten Mal in dieser Saison in die südliche Kaukasusrepublik reiste. Im vergangenen Sommer spielte Hummels mit dem BVB in der Europa League gegen den aserbaidschanischen Klub Qarabag Agdam. "Leider habe ich damals von Baku nicht so viel gesehen, es war aber auf jeden Fall eine interessante Erfahrung", sagt Hummels, der von Löw für das Spiel eine Einsatzgarantie in der Innenverteidigung erhielt.

Das Versprechen auf einen Platz im Abwehrzentrum ist gerechtfertigt und dennoch überraschend. Immerhin gehört Hummels zu der im DFB-Team offenbar aussterbenden Spezies, die auch im defensiven Mittelfeld einsetzbar wäre. Nach den verletzungsbedingten Ausfällen der sogenannten Sechser Sami Khedira, Bastian Schweinsteiger, Christian Träsch, Sven Bender und Simon Rolfes ist neben Hummels, der ja in der Innenverteidigung spielen soll, lediglich Bayerns Toni Kroos für die Schlüsselposition vor der Abwehr übrig geblieben. Bundestrainer Löw dürfte aus seiner Not eine Tugend machen und vor Kroos mit vier statt mit drei offensiven Mittelfeldspielern agieren. Favorit für die offene Planstelle ist Mario Götze, der vergangenen Freitag seinen 19. Geburtstag feierte. Zumindest Außenseiterchancen werden dem nachnominierte Mainzer Lewis Holtby eingeräumt.

Die endgültige Besetzung, da hat sich Löw festgelegt, dürfte aber keineswegs über den Ausgang des heutigen Spiels entscheiden. "Es ist nicht die Frage, wie stark Aserbaidschan ist, sondern, wie stark wir unsere eigene Leistung abrufen", sagt der Bundestrainer, der, einen Sieg gegen den 108. der Weltrangliste vorausgesetzt, schon jetzt ein durch und durch positives Fazit dieser Länderspielsaison zieht. "Unser erstes Ziel war es, alle Qualifikationsspiele zu gewinnen. Das haben wir bislang geschafft. Und unser zweites Ziel war es, neue junge Spieler an die Mannschaft heranzuführen", sagt Löw, der auch diese Aufgabe als erledigt ansieht. Ein Sieg gegen Aserbaidschan würde das Gesamtfazit abrunden - und die Wertschätzung der Gastgeber bestätigen.

Mit Material von sid und dpa