Nun fehlt nur noch ein Schritt zum Champions-League-Triumph. Am 19. Mai wollen die Bayern im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea den Titel einfahren. Nach der „magischen Nacht“ von Madrid feierten aber erst einmal alle die Fußball-Sternstunde gegen Real.

Madrid. Die Bayern sind im Freudenrausch. Nach der „magischen Nacht“ (Trainer Jupp Heynckes) in Madrid hat sich der deutsche Fußball-Rekordmeister den Titelgewinn im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea als nächstes Ziel gesetzt. „Am 19. Mai ist jetzt alles drin. Wir gehen mit großem Elan, mit großem Schwung und auch mit großem Stolz in dieses Finale“, sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge in der Nacht zum Donnerstag in Madrid beim Bankett. Präsident Uli Hoeneß stammelte nach dem Spiel: "Boah. Wahnsinn. Ich dachte ich muss sterben".

Die 120 Minuten im Bernabéu-Stadion und das anschließende Elfmeterschießen hatten bis zum erlösenden Jubel viele Nerven gekostet. „Es war alles drin in dem Spiel, was man sich wünschen kann - bis zum finalen Schuss von Schweinsteiger“, schwärmte Bundestrainer Joachim Löw. In der regulären Spielzeit hatte Real durch zwei Tore von Cristiano Ronaldo das 2:1 der Münchner aus dem Halbfinal-Hinspiel ausgeglichen. Arjen Robben verwandelte einen Elfmeter für Bayern.

Nach torloser Verlängerung triumphierten die Bayern vor 80 000 Zuschauern im Bernabéu-Stadion im Elfmeterkrimi mit 3:1. Nationaltorhüter Manuel Neuer hielt zwei Schüsse vom Punkt, Bastian Schweinsteiger verwandelte den entscheidenden Elfmeter. „Wir sind zwar alle tot, aber überglücklich. Seitdem feststand, dass das Finale in München ist, hatten wir alle ein Ziel: Dahin zu kommen“, erklärte Schweinsteiger. Zum vierten Mal stehen die Münchner im Endspiel der Königsklasse, nach 2001 soll in drei Wochen der zweite Titelgewinn gelingen.

Für Matchwinner Neuer kann es nach der gegen Borussia Dortmund verlorenen deutschen Meisterschaft nun doch noch ein ganz großes Jahr für den FC Bayern werden. „Wir sind in zwei Finals und haben die Möglichkeit, zwei Titel zu gewinnen. Es ist jetzt schon keine verkorkste Saison“, sagte Neuer. Am 12. Mai kämpfen die Bayern zunächst im Endspiel gegen Dortmund um den DFB-Pokal. Trotz des Erfolges war der „historische Abend“ (Löw) in Madrid für drei Bayern-Spieler auch bitter: Holger Badstuber, David Alaba und Luiz Gustavo sind nach Gelben Karten im Endspiel gesperrt.

Real-Trainer José Mourinho, der die Bayern 2010 am selben Ort mit Inter Mailand im Endspiel besiegt hatte, bewies bemerkenswerte Größe in der Niederlage. Er kam nach der Partie in die Münchner Kabine und gratulierte Heynckes sowie jedem Bayern-Spieler einzeln zum Erfolg. „Das hat Stil, das hat Klasse. Das war eine ganz tolle Geste“, kommentierte Heynckes beeindruckt.

Gegen einen entschlossen loslegenden Gegner waren die Bayern in der Anfangsphase überhaupt nicht im Bilde. Gerade einmal acht Sekunden waren gespielt, als Neuer beim Abschlag am Ball vorbeitrat, und diese Szene hatte fast Symbolcharakter. Konnte Neuer in der 3. Minute gegen den frei zum Schuss kommenden Sami Khedira noch ein Gegentor verhindern, so war er wenig später gegen Ronaldo machtlos. Der Portugiese traf vom Elfmeterpunkt aus, nachdem Alaba einen Schuss von Angel di Maria aus kurzer Distanz mit der Hand abgeblockt hatte, und erzielte im 58. Pflichtspiel der Saison sein 61. Tor.

Die Bayern steckten den Rückstand aber erstaunlich gut weg und hätten durch Robben ausgleichen müssen. Dem Niederländer spielten allerdings ähnlich wie zwei Wochen zuvor beim 0:1 in Dortmund die Nerven einen Streich, als er Alabas Flanke aus fünf Metern über den Kasten jagte (8.). Doch schon nach knapp einer Viertelstunde schien das Konzept der Münchner mit dem zweiten Gegentreffer endgültig über den Haufen geworfen. Nach Ballverlust von Kroos bediente Mesut Özil Cristiano Ronaldo, der Neuer mit einem platzierten Flachschuss aus 14 Metern keine Chance ließ.

Erst ein Schubser von Reals Abwehrspieler Pepe gegen den zum Kopfball ansetzenden Mario Gomez brachte die Bayern ins Spiel zurück. Trotz seines frühen Fehlschusses schnappte sich Robben den Ball und trat zum Strafstoß an, mit dem er Iker Casillas zum Anschlusstor überwand. Sieben Minuten später verpasste Gomez die große Chance zum 2:2, als er frei vor dem Real-Tor zum Abschluss kam, aber Casillas anschoss. Nach dem Seitenwechsel gelang es immer häufiger, die Spanier trotz manch guter Idee von Özil vom eigenen Tor fernzuhalten. "Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt, das war entscheidend", lobte Bayern-Präsident Uli Hoeneß.

England feierte derweil seine "Betonmischer von Barcelona". Als die Spieler des FC Chelsea nach London zurückkehrten, waren sie in den Medien längst zu Fußballgöttern aufgestiegen. "Sie sind alle Helden", titelte "The Sun" nach dem 2:2 beim Titelverteidiger. Wie den Zeitungen war auch den Hauptdarstellern völlig egal, dass die restliche Fußball-Welt der destruktiven Spielweise und dem Chelsea-Catenaccio nichts abgewinnen konnte.

Routinier Frank Lampard bezeichnete den zweiten Finaleinzug der Londoner nach 2008 als einen "der größten Erfolge" der Klubgeschichte, Teammanager Roberto Di Matteo hatte sogar ein Sieger-Gen bei seinen Schützlingen ausgemacht. "Wir haben in dieser schwierigen Saison immer etwas Besonderes geleistet, wenn es darauf ankam. Das ist ein Teil der DNA meiner Spieler", sagte der Italiener.

Real Madrid - FC Bayern München

Real Madrid: 1 Casillas - 17 Arbeloa, 4 Ramos, 3 Pepe, 12 Marcelo - 14 Alonso, 6 Khedira - 22 Di Maria (75. Kaka), 10 Özil (111. Granero), 7 Ronaldo - 9 Benzema (106. Higuain). - Trainer: Mourinho

Bayern München: 1 Neuer - 21 Lahm, 17 Boateng, 28 Badstuber, 27 Alaba - 30 Luiz Gustavo, 31 Schweinsteiger - 10 Robben, 39 Toni Kroos, 7 Ribery (95. Müller) - 33 Gomez. - Trainer: Heynckes

Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn)

Zuschauer: 80.000 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Ronaldo (6., HE), 2:0 Ronaldo (14.), 2:1 Robben (27., FE)

Elfmeterschießen: Alaba (Bayern München) 0:1

Ronaldo (Real Madrid) vergeben 0:1

Gomez (Bayern München) 0:2

Kaka (Real Madrid) vergeben 0:2

Toni Kroos (Bayern München) vergeben 0:2

Alonso (Real Madrid) 1:2

Lahm (Bayern München) vergeben 1:2

Ramos (Real Madrid) vergeben 1:2

Schweinsteiger (Bayern München) 1:3

Mit Material von dpa, dapd und sid