Der Titelverteidiger ist raus. Chelsea reichte in Barcelona ein 2:2, um in einem denkwürdigen Spiel ins Finale einzuziehen. Messi vergibt Elfmeter.

Barcelona. Ein fataler Fehlschuss des „Außerirdischen“ Lionel Messi hat den FC Barcelona den Einzug ins Finale der Champions League gekostet - Europas größtes Fußball-Fest steigt somit ohne den besten Spieler der Welt. Barca schied nach einem verschossenen Foulelfmeter des argentinischen Superstars mit einem 2:2 (2:1) gegen den FC Chelsea aus, der am 19. Mai in München zum zweiten Mal nach 2008 im Endspiel um die begehrteste Trophäe im Klubfußball steht. Es bleibt dabei, dass ein Titelverteidiger die Königsklasse nicht gewinnen kann.

Am Ende erwiesen sich für die „Verteidigungskünstler“ aus London, die nach der Roten Karte gegen Nationalspieler John Terry (37.) in Unterzahl dem Ansturm der Katalanen trotzten, das 1:0 im Halbfinal-Hinspiel sowie das Auswärtstor von Ramires (45.+1) als Türöffner in Richtung München. Im Finale trifft Chelsea auf Real Madrid oder Bayern München.

In einer turbulenten Begegnung hatten Busquets (35.) und Andres Iniesta (43.) Barcelona bereits auf Endspiel-Kurs geschossen, nachdem Terry eine Tätlichkeit begangen hatte. Nach dem Anschlusstreffer durch Ramires hatten die Londoner dann Glück, dass Messi vor 95.000 Zuschauern im ausverkauften Camp Nou die Nerven versagten. Der gebürtige Madrilene Fernando Torres (90.+1) schloss einen Konter zur Entscheidung ab.

„Es ist einen riesige Freude. In der Kabine tanzen sie und sind völlig aus dem Häuschen. Der 0:2-Rückstand und dann noch die Rote Karte - alles schien gegen uns zu laufen. Aber wir haben für unseren Traum gekämpft. Ich, als Spanier, wünsche mir natürlich eine spanische Mannschaft im Endspiel. Aber Bayern München sehe ich im Vorteil“, meinte Chelseas Mata und Torschütze Torres ergänzte: „So ist es im Fußball: Nicht immer gewinnt die bessere Mannschaft. Wenn wir versucht hätten mitzuspielen, dann hätten wir keine Chance gehabt.“

Das Rennen um die nationale Meisterschaft ist für Barca spätestens seit der 1:2-Heimniederlage im „Clasico“ gegen den Erzrivalen und Tabellenführer Real Madrid gelaufen, umso intensiver begannen die Katalanen die Partie gegen den Tabellensechsten der Premier League. Dem Warnschuss von Messi nach drei Minuten gegen das Außennetz folgte ein Powerplay mit gefühlten 90 Prozent Ballbesitz von Barcelona. Obwohl Chelsea mit Mann und Maus verteidigte und einen dichten Riegel vor seinem Strafraum aufbaute, bot sich erneut Messi die zweite Möglichkeit, als er freistehend an Chelseas Torhüter Petr Cech scheiterte.

+++ Das Spiel im Liveticker +++

Dessen Gegenüber Victor Valdes hatte zuvor für Schrecksekunden gesorgt, als er den Ball vor Didier Drogba aus dem Strafraum fausten wollte, dabei jedoch auch seinen Teamkollegen Pique umrammte. Der Abwehrspieler lag minutenlang benommen auf dem Rasen und musste wenig später ausgewechselt werden. Es war bereits der zweite Wechsel, denn auch Chelseas Innenverteidiger musste in der Anfangsphase verletzt ausscheiden.

Die Intensität der Partie im größten Fußball-Stadion Europas blieb hoch, doch erst Busquets belohnte die Gastgeber mit seinem Treffer aus kurzer Distanz nach einem präzisen Querpass von Isaac Cuenca. In dieser Phase überschlugen sich die Ereignisse, zumal ausgerechnet Routinier und Nationalspieler Terry Barcelonas Alexis abseits des Spielgeschehens mit dem Knie in den Allerwertesten trat und vorzeitig zum Duschen musste.

Die nächste Strafe folgte auf dem Fuße: Messi bediente Iniesta, der Cech ebenso keine Chance ließ wie Ramires auf der Gegenseite Valdes mit einem gefühlvollen Lupfer zum Anschlusstreffer - Chelsea ging als Finalist in die Halbzeitpause.

Nur drei Minuten nach dem Wiederanpfiff zeigte der türkische Referee Cünet Cakir auf den Elfmeterpunkt, nachdem Cesc Fabregas von Drogba gefoult worden war. Doch Messi traf nur die Latte. Neun Feldspieler der „Blues“ verteidigten ihren Strafraum mit großem Kampfgeist gegen die Angriffslawinen von Barcelona. Bei ihrem Torhüter Cech konnten sich die Gäste bedanken, dass Chelsea im Spiel blieb. (sid/abendblatt.de)

Vor dem Spiel: Götterdämmerung in Barcelona. Die Titanen von Barca gegen die "schwarze Bestie" Chelsea London. Um immer neue Superlative ist die Welt nicht verlegen, wenn sie vom FC Barcelona sprechen. Bis jetzt. Denn der Equipe um Weltfußballer Lionel Messi steht im Halbfinal-Rückspiel der Champions League vor dem Aus. Das 0:1 aus dem Hinspiel an der Stamford Bridge wiegt schwer. Und dann war da am Wochenende noch die Niederlage im Clasico - ausgerechnet gegen den "galaktischen" Erzrivalen aus Madrid. Harte Zeiten. Erfolgsverwöhnt droht der aktuelle CL-Titelträger innerhalb weniger Tage nationale und internationale Meisterschaften zu verspielen.

Noch aber ist es nicht soweit. Im Gegenteil. Zwar bezeichnete Mittelfeld-Star Xavi den dritten Finaleinzug binnen vier Jahren mit dem ureigenen spanischen Pathos gleich einmal als "Wunder", ganz so schlimm steht es jedoch nicht um den Vorzeigeklub. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit hat in den vergangenen Tagen zwar erhebliche Kratzer bekommen. Und auch das Selbstvertrauen der Katalanen erfuhr zuletzt eine kleine Delle. Mehr aber auch nicht. Denn Barcelona ist immer noch Barcelona. Und so rechnen nicht wenige damit, dass das Team von Pep Guardiola im heimischen Fußball-Tempel Nou Camp doch noch den nächsten Schritt in Richtung Finale in München macht. Nur noch ein Spiel stünde dem aktuellen Tabellenzweiten der spanischen Liga dann im Weg, ehe ein weiterer Rekord purzeln und der FC Barcelona als erstes Team in der Geschichte des Wettbewerbs seinen Titel erfolgreich verteidigen würde.

Die große Bühne Camp Nou mit seinen mehr als 90.000 Zuschauern bietet den Rahmen für "ein heißes Match, eines für die Gladiatoren". So jedenfalls nannte es Chelseas Brasilianer Ramires. Auch sein Ziel ist das Endspiel. Er glaubt: "Wir können Barcelona ausschalten". (lge)

+++ Angeschlagenes Barca: "Wir müssen aufstehen" +++

Die Aufstellungen

FC Barcelona: Victor Valdes - Piqué (26. Alves), Mascherano, Puyol - Xavi, Busquets - Fabregas (74. Keyta), Iniesta - Messi, Sanchez, Cuenca (67. Tello). Trainer: Pep Guariola

Chelsea London: P. Cech - Ivanovic, G. Cahill (12. Bosingwa), Terry, A. Cole - Raul Meireles, Mikel - Mata (58. Kalou), Lampard, Ramires - Drogba. Trainer: Roberto di Matteo

SR: Cüneyt Cakir (Türkei)

Z.: 94.629

Rote Karte: Terry (Tätlichkeit, 37.)

Bes. Vorkommnisse: Messi verschießt Foulelfmeter (49.)

Tore: 1:0 Busquets (35.), 2:0 Iniesta (44.), 2:1 Ramires (45.), 2:2 Torres (90.)