Der 2:1-Hinspielsieg ist kein Ruhepolster. In Madrid wollen sich Ribéry & Co. mit aller Macht gegen Real ins Heimfinale durchboxen.

Madrid. Bloß nicht wieder bittere Tränen in Madrid. Mit maximalem Willen und vereinten Kräften wollen sich Franck Ribéry & Co. im Fußball-Tempel Bernabéu gegen Real ins ersehnte Heimfinale durchboxen. Mit aller Macht soll der Traum vom Jahrhundertspiel am 19. Mai in der eigenen Arena Realität werden – und das ausgerechnet an jenem Ort, an dem der deutsche Fußball-Rekordmeister vor zwei Jahren das Champions-League-Endspiel gegen Inter Mailand (0:2) verlor. „Wir werden eine bayerische Sternstunde brauchen“, erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem „Kampf der Giganten“, wie es Trainer Jupp Heynckes am Dienstag im Teamhotel formulierte.

Mit den zwei Stars Ribéry und Arjen Robben, die sich nach ihrem Kabinenstreit für das große Ziel versöhnt haben, einem aufgeladenen Akku, aber auch viel Demut gehen die Münchner an die Aufgabe gegen das bärenstarke Real um Tormaschine Cristiano Ronaldo. „Wir müssen ohne Angst spielen“, beschwor Ribéry seine Kollegen vor der Rückkehr in das Finalstadion von 2010. Der Franzose fehlte vor 704 Tagen gesperrt, jetzt will er im Halbfinale an der Seite seines Hinspiel-Sparringspartners Robben in das Endspiel am 19. Mai.

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"Du hast nur die Chance, als Einheit was zu erreichen“, betonte Bastian Schweinsteiger kurz nach der Ankunft im sonnigen Spanien. „Es gilt, von der ersten Minute an Vollgas zu geben, giftig zu sein, die Tugenden, die Mentalität, die Bayern hat, auf den Platz zu bringen.“

Zwei Siege, ein Unentschieden, sechs Niederlagen lautet die Bilanz gegen Real im Estadio Santiago Bernabéu. Uli Hoeneß verwies darauf, dass man dort aber noch nie eine „richtige Klatsche“ bekommen, dafür jedoch schon „überragende Spiele“ abgeliefert habe. Der Präsident taxierte die Chancen auf das vierte Finale des deutschen Fußball-Rekordmeisters in der Königsklasse auf „fifty fifty“.

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Hoeneß verriet auch, wie sehr das Kräftemessen mit den Königlichen alle im Verein mitnimmt und anspannt. „Es ist so, dass ich zum ersten Mal seit langer, langer Zeit jetzt auch nachts wieder an ein Fußballspiel denke“, berichtete der Präsident über sein Seelenleben.

Nach dem 2:1 im Hinspiel wagte vor dem Tag der Entscheidung am Mittwochabend (20.45 Uhr/Sat.1 und Sky) keiner im Münchner Lager großspurige Sprüche. „Wir haben großen Respekt vor Real Madrid, es ist eine große Mannschaft, ein großer Klub. Und mit dem Schuss Demut werden wir da reingehen und es trotzdem versuchen“, kündigte Rummenigge für Münchner Verhältnisse ungewohnt kleinlaut an.

Der Respekt ist aber auch bei der Offensivmacht Real, der allein in der Liga 109 Tore (Rekord) glückten, groß. „Was mir bei den Bayern am meisten Sorgen macht, ist der erbitterte Kampfgeist“, sagte Coach José Mourinho. Er lockt die Münchner. „Die Bayern wissen, dass sie praktisch ausgeschieden sein werden, wenn sie kein Tor erzielen.“

Ein heißer Tanz steht im Duell zweier Europapokal-Riesen bevor, über 90 oder auch 120 Minuten. Vielleicht kommt es sogar zu einem Elfmeterschießen als dramatischem Höhepunkt. „Das wird ein Leckerbissen. Es wird ein Spiel, in dem alle schönen Zutaten des Fußballs zu sehen sein werden“, prophezeite der frühere Real-Coach Heynckes, der mit Madrid 1998 die begehrteste Trophäe im Klub-Fußball feierte. Der Bayern-Trainer plant mit der Elf vom Hinspiel, WM-Torschützenkönig Thomas Müller muss dann wieder auf die Bank.

Philipp Lahm soll Ronaldo (60 Treffern in 57 Pflichtspielen) wie in München in Schach halten, Schweinsteiger gemeinsam mit Luiz Gustavo die Kreise von Real-Regisseur Mesut Özil eingrenzen. Und Manuel Neuer muss im Tor am besten das machen, was ihm in 27 seiner 44 Pflichtspiele dieser Saison gelang: Zu Null spielen! Dann stünden die Bayern im Endspiel. „Natürlich wird viel Arbeit auf mich zukommen. Real wird auf Angriff spielen“, sagte der Keeper.

Das „Finale dahoam“ könnte den Frust über die wieder gegen Borussia Dortmund verlorene Meisterschaft tilgen. „Im eigenen Stadion im Finale zu stehen, ist etwas Historisches. Selbst größte Mannschaften wie Barcelona oder Madrid – das hat noch keiner geschafft“, hob Rummenigge die Bedeutung hervor. Ein Königsklassen-K.o. bei den Königlichen würde dagegen den Druck vor dem Pokalfinale gegen Dortmund am 12. Mai in Berlin – der dann letzten verbliebenen Münchner Titelchance – ins Extreme steigern.

Gleich sieben Bayern-Profis müssen in Madrid zudem fürchten, beim Champions-League-Endspiel am 19. Mai selbst bei einem Erfolg gegen Real nur Zuschauer zu sein. Denn Lahm, Badstuber, Boateng, Müller, Kroos, Gustavo und Badstuber wären bei einer Gelben Karte im großen Finale gesperrt. „Wir müssen uns ausschließlich darum kümmern, ins Endspiel zu kommen“, sagte ein bei diesem Thema erboster Hoeneß und schimpfte. „Es nützt uns gar nichts, keine Gelbe Karte zu kriegen, wenn wir Mittwoch verlieren.“ (abendblatt.de/dpa)