Nach der 0:1-Niederlage im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Fürth scheinen die Tage von Hoffenheims Trainer gezählt. Gespräche mit Babbel?

Hoffenheim. Der Protest der gerade mal 14.000 Zuschauer nach 93 Minuten hielt sich in Grenzen. Als die Pokal-Überraschung des Viertelfinals perfekt war und der Zweitligist Greuther Fürth beim Bundesligaklub 1899 Hoffenheim mit 1:0 gewonnen hatte, waren die meisten Anhänger, die sich zuvor noch mit zahlreichen Plakaten zu Trainer Holger Stanislawski bekannt hatten, bereits wieder auf dem Heimweg. "Das ist sehr enttäuschend für uns. Hätte, wenn und aber zählt im Pokal nicht. Wir sind raus", sagte Hoffenheims Coach, der nun mehr als je zuvor um seinen Job zittern muss . "Meine Person ist jetzt zweitrangig. Mir ist egal, was gerade über mich gesagt wird."

Dabei wurde die Luft für Stanislawski im Kraichgau schon vor dem Aus im Pokalviertelfinale, das bereits in der ersten Hälfte durch einen Treffer Oliver Occeans (44.) besiegelt worden war, dünn. "Es ist schwer, eine Linie zu erkennen", hatte Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp zu dem mutmaßlich fehlenden Konzept seines Trainers gesagt. Die Meinung dürfte sich nach der Pokalpleite, die auch durch einen Platzverweis (36.) gegen Marvin Compper nach einer angeblichen Tätlichkeit begünstigt wurde, nicht geändert haben.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dapd soll Mäzen Hopp Manager Ernst Tanner bereits vor der richtungsweisenden Partie gegen Fürth angehalten haben, mit dem kürzlich bei Hertha BSC entlassenen Markus Babbel Sondierungsgespräche zu führen. Tanner selbst nahm nach der Pressekonferenz kurz Stanislawski in den Arm und verschwand entgegen seiner sonstigen Gepflogenheit nach nur wenigen Worten: "Ich werde mich zur Trainersituation mit Sicherheit nicht äußern. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, wenn alles mit Emotionen geladen ist."

Stanislawski reagierte äußerlich vor und nach der Niederlage gelassen. "Man nimmt das so zur Kenntnis und macht sich seine Gedanken. Ich kann mit Druck umgehen. Wichtig ist, dass die Jungs funktionieren", sagte der Trainer unmittelbar vor dem Spiel.

Bei Stanislawski scheint Hopp aber nichts mehr zu finden, was ihm gefällt. Babbel war nach der Niederlage von Hertha BSC im letzten Vorrundenspiel in Hoffenheim entlassen worden und ist kurzfristig verfügbar. Tanner dagegen soll eher Hoffenheims A-Jugend-Trainer Alfons Higl favorisieren, den er schon inthronisieren wollte, ehe Hoffenheim den damaligen DFB-Trainer Marco Pezzaiuoli im Januar 2011 verpflichtete. Das einst so enge Verhältnis zwischen Hopp und Tanner scheint Risse bekommen zu haben.

Dass entscheidende Akteure in Hoffenheim vermehrt über Interviews miteinander kommunizieren, beunruhigt auch Mannschaftskapitän Tom Starke: "Es ist sicherlich nicht gut, wenn man nur über die Medien kommuniziert." Wobei auch Starke weiß, dass Stanislawski mit seiner Art aneckt. "Wenn ich richtig wütend bin, kann ich den Eiffelturm verrücken", sagt er. Was im großen Hamburg funktionierte, verschreckt die Offiziellen in Hoffenheim und lässt sie vom Trainer abrücken.

Dabei hat Hopp mit seiner Kritik im Kern sicherlich recht: Stanislawski hat seine Linie noch nicht gefunden. Weder in der Spielorganisation, vor allem aber im Umgang mit seinen Spielern. Mal stellt er sich schützend vor sie und sich selbst infrage, wie direkt nach dem Unentschieden gegen Abstiegskandidat Augsburg (2:2) am vergangenen Wochenende. Dann wieder kritisiert er, das "Wollen" sei das große Problem seiner Spieler und fügt hinzu: "In einem Team muss man bereit sein, sich selber mal in den Hintergrund zu stellen. Das ist hier nicht der Fall."

In seinen 18 Jahren als Spieler, Vizepräsident und Manager sowie Trainer des FC St. Pauli kannte Stanislawski sein Umfeld dort ganz genau. Selbst der relativ sang- und klanglose Abstieg aus der Bundesliga in der vergangenen Saison nach nur einem Jahr im Oberhaus konnte ihm in Hamburg nichts anhaben, er war eine Ikone des Vereins und ist es immer noch. In Hoffenheim ist dies Hopp, auch wenn er offiziell keine Funktion innehat. Stanislawski ist austauschbar. "Ich werde nicht hinschmeißen", versicherte er. Doch über Trainerfragen entscheidet, wie Hopp am Mittwoch der "Bild-Zeitung" sagt, "die sportliche Leistung". Neben Manager Tanner gehört dazu auch ein Vereinsbeirat - besetzt mit Vertrauten Hopps. Die Installation dieses Gremiums war vor fast genau einem Jahr einer der Gründe, warum Ralf Rangnick den Verein verließ. Auf einen freiwilligen Rückzug seines Trainers wird Hopp diesmal wohl nicht warten. Man darf jedenfalls gespannt sein, wer auf Hoffenheims Trainerbank sitzen wird, wenn 1899 am Wochenende bei Werder Bremen antreten muss.

Mit Material von dapd