In Deutschland stehen 32 Spiele unter dem Verdacht der Manipulation. Sportrechtler Christoph Schickhardt thematisiert den Wettskandal.

Knapp fünf Jahre nach dem Fall Hoyzer erschüttert wieder ein Manipulationsskandal den Fußball. Mit war damals schon klar, dass die Millionen-Gewinne die Fantasien der Kriminellen anregen. Jetzt ist Handeln gefragt - vor allem in den folgenden Punkten:

- Wer Spieler oder Schiedsrichter besticht oder solche Machenschaften organisiert, handelt hochgradig kriminell. Entsprechend hart, schnell und konsequent müssen diese Verbrecher bestraft werden. Es ist eine Verhöhnung des Rechtsstaates und der Justiz, wenn es stimmen sollte, dass die Berliner Kumpane des ehemaligen Schiedsrichters Robert Hoyzer jetzt schon wieder ähnliche Delikte verüben konnten.



- Wir brauchen ein Wettverbot unterhalb der Zweiten Liga. Kaum ein Profi aus der Bundesliga oder Zweiten Liga wird seine berufliche Existenz für eine Manipulation aufs Spiel setzen. Spieler, die dagegen nur rund 1000 Euro im Monat verdienen, sind für kriminelle Offerten wesentlich anfälliger. Natürlich ist ein solches Wettverbot im virtuellen Raum des Internets schwerlich durchzusetzen. Aber auch Wettbüros in Asien bedienen sich zum Teil deutscher Anlaufstellen - hier muss gehandelt werden. Es muss in Deutschland gesetzlich verboten werden, sich in irgendeiner Weise daran zu beteiligen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass solche Wettbüros Brutstätten der Kriminalität sind.

- Zocken um hohe Geldbeträge im Sport muss generell geächtet werden. Wetten um hohe Einsätze verdirbt den Charakter, da es dort darum geht, dem anderen Menschen wirtschaftlich zu schaden - ein krasser Widerspruch zu den Idealen des Sports. Der Spieler wird zum bloßen Gegenstand. Der Charakter des Sports geht verloren.

- Der deutsche Fußball sollte seine Einstellung zum Wetten generell überdenken. Ich habe Verständnis für das Ziel der Einnahmesteigerung im Bereich von Sportwetten. Dies darf aber nicht um den Preis der Glaubwürdigkeit geschehen. Diese ganzen Vorfälle sind doch Wasser auf die Mühlen des staatlichen Wettmonopols. Der Fußball sollte stärker mit den staatlichen Wettanbietern kooperieren. Wer ein paar Euro auf Sieg, Remis oder Unentschieden setzt, ist in aller Regel kein Zocker. Viel gefährlicher sind dagegen die privaten Wetten auf laufende Spiele.

- Wir brauchen mehr kriminalistischen Sachverstand in diesen Angelegenheiten bei den Verbänden. Normale Menschen können sich doch gar nicht ausmalen, mit welch krimineller Energie Wettbetrüger vorgehen. Es handelt sich dabei um schwerkriminelle Berufsverbrecher. Dies liegt auch außerhalb der Vorstellungskraft von so anständigen und redlichen Verantwortlichen im Fußball wie DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger oder DFL-Präsident Dr. Reinhard Rauball. Wir konnten uns doch damals schon nicht vorstellen, dass ein Schiedsrichter bestechlich ist. DFB und DFL brauchen daher externe Experten aus den Reihen der spezialisierten Polizei, die sich genau mit den Machenschaften von Wettbetrügern auskennen und diesen auf Augenhöhe entgegentreten können. In Deutschland sollte sich nur noch eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft um Spielmanipulationen kümmern. Hier muss die juristische Kompetenz gebündelt werden.

Der Kampf gegen Wettbetrüger ist langwierig, intensiv und auch teuer. Aber es ist ein Kampf, der jetzt geführt werden muss. Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit einer ganzen Branche - und damit letztlich ihre Existenz. Ein Blick nach Italien reicht, um das Gefahrenpotenzial zu erkennen. Im Land des Weltmeisters haben eine Kette von Skandalen und eine Laissez-faire-Mentalität zu einem dramatischen Zuschauerrückgang und einem Verlust der Integrität geführt. Die Fans haben sich abgewendet. So weit darf es in Deutschland nicht kommen. Der Fußball muss ein familienfreundliches und ehrliches Produkt bleiben.