Sebastian Vettel war nach dem Sieg von Fernando Alonso und seinem eigenen vierten Platz beim Großen Preis von Spanien unzufrieden mit den neuen Reifen.

Montmeló. Der spanische Sportfan war zuletzt nicht zu beneiden. Die Niederlagen im Halbfinale der Champions League wurden erst dadurch besonders schmerzhaft, dass sie Real Madrid und dem FC Barcelona auf heimischem Boden unterliefen. Und dann auch noch gegen deutsche Teams, gegen Spieler also, die von der Fußball-Nationalmannschaft in der Vergangenheit zuverlässig in die Schranken gewiesen worden waren. Flankiert wurden die historischen Niederlagen zu allem Überfluss von einer Pannenserie eines weiteren sportlichen Nationalheiligtums. Ferrari-Star Fernando Alonso drohte nach unglücklichem Saisonstart früh den Anschluss an die WM-Spitze um den deutschen Rivalen Sebastian Vettel zu verlieren.

Wenn die Fußballteams genauso zurückschlagen wie der 31 Jahre alte Rennfahrer, sollten Dortmund und Bayern bei der Auslosung der nächsten Champions-League-Saison darauf hoffen, im nächsten Jahr nicht im Bernabéu- oder Camp-Nou-Stadion antreten zu müssen. Mit einer Triumphfahrt vor 93.000 euphorisierten Fans meldete Alonso seine Ambitionen im Kampf um den WM-Titel an. Abgerundet wurde der Ferrari-Festtag durch den dritten Platz von Felipe Massa, der hinter Kimi Räikkönen über den Zielstrich des Großen Preises von Spanien fuhr. Das Scuderia-Duo reichte Teamchef Stefano Domenicali damit nicht nur ein Geschenk zu dessen 48. Geburtstag am Sonnabend nach. Vor allem feierte Ferrari nach dem rabenschwarzen Wochenende von Bahrain, als Alonso und Massa nur vier Punkte eingefahren hatten, die Wiederauferstehung zur rechten Zeit. "Wenn wir so weitermachen, können wir in den Kampf um die WM eingreifen", frohlockte Alonso.

Mit 72 Punkten liegt Alonso nun in Schlagdistanz zum Führungsduo aus Titelverteidiger Vettel (89) und Räikkönen (85) und zog durch seinen 32. Grand-Prix-Sieg außerdem an der britischen Motorsportlegende Nigel Mansell vorbei. Damit sind nur noch drei Piloten in der Formel-1-Geschichte erfolgreicher als der Mann aus Oviedo: Michael Schumacher (91 Siege), Alain Prost (51) und Ayrton Senna (41).

Das entscheidende Manöver gelang Alonso 27 Runden vor dem Ende, als er kurz nach seinem dritten Boxenstopp an Räikkönen vorbeizog. Der Finne hatte als einziger Spitzenpilot auf eine Strategie mit nur drei Garagenbesuchen vertraut; auch in der spanischen Hitze harmonierte der Lotus-Bolide am besten mit den sensiblen Reifen. "Wir werden weiter unseren Weg gehen und versuchen, das Maximum herauszuholen", sagte der Weltmeister von 2007.

Diese Probleme kennt Sebastian Vettel nur zu gut. Der dreimalige Weltmeister hatte nach gutem Start die vermeintlich besten Siegchancen, musste dann aber schnell erkennen, dass er dem Ferrari-Duo nicht würde folgen können. "Wir haben gedacht, dass wir mit drei Stopps hinkommen würden. Dann wurde recht schnell klar, dass das nicht klappen wird", sagte der angefressene Vettel nach dem Rennen: "Der neue Reifen hat uns nicht wirklich weitergeholfen. Manche Konkurrenten kommen damit besser zurecht." Die Suche nach der Lösung für das Reifenrätsel wird den Red-Bull-Rennstall, für den Mark Webber als Fünfter immerhin das Teamergebnis rettete, auch zum nächsten Rennen in Monaco begleiten.

Die Beziehung zwischen den Piloten bereitet Mercedes derzeit die geringsten Sorgen. Zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton stimmt es, das war auch in Barcelona deutlich zu erkennen, als sich beide überschwänglich zu ihrem Sieg im Qualifying gratulierten. Wie beim vorherigen Rennen in Bahrain war die Herrlichkeit vom Sonnabend tags darauf jedoch wenig wert. Der von Platz zwei gestartete Hamilton verlor gleich in der ersten Kurve zwei Positionen, Pole-Mann Rosberg konnte sich immerhin zehn Runden lang an der Spitze halten. Dann forderte auch bei ihm der Kampf gegen die Reifenabnutzung seinen Tribut.

"Wir haben das Problem, keinen Kompromiss zwischen den Einstellungen für Sonnabend und denen für Sonntag zu finden", schimpfte Motorsportchef Toto Wolff: "Das ist für uns alle frustrierend und bereitet fast körperliche Schmerzen. Nico hat einen tollen Job gemacht und noch das Beste aus seinem Auto herausgeholt." Dennoch hatte Rosberg am Ende sogar Mühe, Platz sechs gegen Paul di Resta im unterlegenen Force India zu verteidigen.

Seinen britischen Stallkollegen erwischte es noch übler; nach vier Top-Fünf-Platzierungen zum Saisonauftakt blieb Hamilton in Spanien erstmals seit seinem Wechsel zu Mercedes ohne Punkte. Rang zwölf machte auch dem mitfiebernden Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche deutlich, wie groß der Rückstand der Silberpfeile auf die Spitze noch ist. Der war auf der Suche nach Ablenkung von der Trennung von Fernsehstar Désirée Nosbusch an die Rennstrecke gekommen. Sehr wirkungsvoll kann dieser Balsam nicht gewesen sein.