Ferrari-Pilot dominiert in Barcelona. Räikkönen und Massa auf dem Podest. Rosberg kommt trotz seiner Pole Position nur als Sechster über die Ziellinie. Vettel in der WM-Wertung weiter vorne.

Barcelona. Fernando Alonso stieg auf seinen Ferrari, schüttelte die spanische Fahne in seiner Siegerfaust und verwandelte den Circuit de Catalunya in ein Tollhaus. Sebastian Vettel dagegen schob sich die dunkle Sonnenbrille ins Gesicht und machte sich geschlagen auf den Weg. Mit dem beeindruckenden und „sehr emotionalen“ Heimsieg beim Großen Preis von Spanien eröffnet Alonso nicht nur die Jagd auf Weltmeister Vettel neu, sondern stellte auch die sportliche Ehre der Iberer nach den Pleiten im Halbfinale der Fußball-Champions-League wieder her.

„Wir können um den Titel mitfahren“, betonte Alonso. Platz vier nach vier Boxenstopps - Vettels Red-Bull-Team hatte sich auch verzockt. „Am Anfang habe ich vielleicht zu lange probiert, an der Drei-Stopp-Strategie festzuhalten. Das war einfach nicht drin, der Reifen hat nicht lang genug gehalten“, sagte der Heppenheimer: „Der neue harte Reifen war ein Griff ins Klo, er hat uns nicht das gebracht, was wir uns gewünscht hätten. Es gibt im Feld immer noch Teams, die mit den Reifen besser auskommen. Dort müssen wir hinkommen.“ Wie man richtig mit dem schwarzen Gummi umgeht, zeigte einmal mehr „Reifenflüsterer“ Kimi Räikkönen.

Der finnische Ex-Weltmeister steuerte mit seinem Lotus die Box erneut einmal weniger an als die Konkurrenz und verhinderte als Zweiter vor Felipe Massa einen Ferrari-Doppelsieg. Chancenlos waren erneut die Silberpfeile, für die Nico Rosberg nach seiner Pole Position als Sechster zumindest noch ein paar Pünktchen sammelte, während Lewis Hamilton nach Platz zwei im Qualifying bis auf Rang zwölf durchgereicht und sogar überrundet wurde. „Der erste Stint ist toll gelaufen, ich hatte richtig gute Kontrolle und habe gedacht: Vielleicht kannst Du sogar gewinnen“, sagte Rosberg bei „RTL“: „Danach ging es voll nach hinten los. Dass es im Rennen so schlecht läuft, ist leider für uns weiter unerklärlich. Im Kampf um Platz sechs mit Paul di Resta war ich voll am Limit, ich habe mich gefühlt, als ob ich um einen Sieg kämpfen muss.“

In der WM-Gesamtwertung bleibt Vettel nach fünf Rennen mit jetzt 89 Punkten weiter knapp an der Spitze, doch sowohl Räikkönen (85) als auch Alonso (72) mit seinem 32. Karriere-Sieg holten auf. „Ich will keine Diskussion anfeuern, dass es keinen Spaß mehr macht. Es war letztes Jahr schwierig, dieses Jahr ist es nochmal viel schwieriger geworden auf die Reifen aufzupassen“, sagte Vettel und erhielt Unterstützung von seinem Teamchef Christian Horner: „Das ist wie Schach, und Schach ist kein toller Zuschauersport. Es ist taktisch zurzeit wirklich sehr schwer. Sebastian ist diszipliniert genug, dass er weiß, dass es Tage gibt, an denen du nicht gewinnen kannst.“

„Ich kann nicht noch langsamer fahren“

Das war auch Lewis Hamilton schnell klar. Schon beim Start schnappte sich Vettel den Ex-Weltmeister, der beim daraus resultierenden Bremsmanöver die Reifen mächtig qualmen ließ, dann zog auch noch Alonso am Silberpfeil vorbei. Rosberg verteidigte zwar zunächst seine Spitzenposition, doch bereits wenig später kam von der Box die Ansage, dass der linke Hinterreifen kritisch aussehen würde. In der Einführungsrunde hatte sich Vettel über Funk zudem darüber beschwert, dass Rosberg „wieder zu langsam fährt“. Alonso sorgte mit seinem Überholmanöver gegen Rosberg und dem Sprung an die Spitze für Volksfeststimmung auf den Tribünen voller spanischer Ferrari-Fans.

Rosberg wurde dagegen auf den harten Reifen immer weiter durchgereicht, auch Massa und Räikkönen zogen relativ problemlos am Silberpfeil vorbei. Auf frischen Reifen waren Alonso und Massa eine Klasse für sich und diktierten das Tempo auf dem 4,655 km langen Kurs. Zu diesem Zeitpunkt lagen sogar beide Silberpfeile außerhalb der Punkteränge. Hamilton stellte über den Funk lakonisch fest: „Ich wurde gerade von einem Williams überholt.“ Und auf die Aufforderung vom Kommandostand, die Hinterreifen zu schonen, reagierte der Engländer resignierend: „Ich kann nicht noch langsamer fahren.“ Ein packendes Duell lieferten sich etwa bei Halbzeit des Rennens Vettel und Räikkönen um Platz drei.

„Das ist Kindergarten, total enttäuschend“

Dabei konterte der finnische Melbourne-Sieger die erste erfolgreiche Attacke des Deutschen und schob seinen Lotus wieder am Roten Bullen vorbei. Auch, weil Vettel die Anweisung bekam, sich auf sein Rennen zu konzentrieren und Reifen zu schonen. Nach dem dritten Reifenwechsel, dem letzten für Räikkönen, veränderte sich das Bild nicht mehr. Alonso blieb ungefährdet an der Spitze, auch, nachdem er zum vierten Mal frische Pneus aufziehen ließ. Dagegen musste Massa Räikkönen noch passieren lassen. Pech hatte erneut Adrian Sutil (Gräfelfing), der beim ersten Stopp ewig in der Box stand und als 13. wie schon in Bahrain ohne Chance auf einen Platz in den Punkterängen blieb.

Nach dem vierten Rennen in Folge ohne Punkte erhob er schwere Kritik an der Forc-India-Crew. „Das ist Kindergarten, total enttäuschend. Punkte zu holen ist mit solchen Fehlern in der Box fast unmöglich. Vier Nuller hintereinander, da müssen wir uns jetzt zusammensetzen und darüber reden“, sagte Sutil. Nico Hülkenberg (Emmerich) schloss ein sehr durchwachsenes Wochenende auf Rang 15 ab. Der Sauber-Pilot war durchaus nicht chancenlos, in die Punkte zu fahren, doch nach einem Fehler der Boxencrew demolierte er sich den Frontflügel bei einem Zusammenstoß mit Jean Eric-Vergne (Torro Rosso) und kassierte auch noch eine stop-and-go-Strafe.