Ferrari triumphiert mit Fernando Alonso in Hockenheim, der deutsche Weltmeister Sebastian Vettel wird nach einer Zeitstrafe nur Fünfter.

Hockenheim. Zwei Stunden nach der Zieldurchfahrt beim Großen Preis von Deutschland war auch der letzte einheimische Fahrer auf dem Podium seinen Podestplatz los. Die Rennkommissare ahndeten Sebastian Vettels gewagtes Überholmanöver in der vorletzten Runde gegen den Briten Jenson Button als Regelverstoß und brummten dem Weltmeister eine Zeitstrafe von 20 Sekunden auf. Damit verlor der Red-Bull-Fahrer seinen zweiten Platz und rutschte hinter Button im McLaren, den Finnen Kimi Räikkönen im Lotus und den Japaner Kamui Kobayashi im Sauber auf Rang fünf zurück. Die Hoffnungen auf eine Titelverteidigung haben damit einen weiteren Dämpfer erlitten. Jetzt fehlen Vettel bereits 44 Punkte auf Alonso, der an diesem Tag für die Konkurrenz unerreichbar war und einen souveränen Sieg herausfuhr.

Bei der Siegerehrung hatte sich Vettel noch für Platz zwei feiern lassen. Doch Button raunte ihm zu, dass er sich nicht zu früh freuen solle. Der Brite hatte nacheinander Nico Hülkenberg (Force India), Michael Schumacher (Mercedes) und eben Vettel überholt und den Traum vom ersten deutschen Heimsieg seit 2006 zunichte gemacht. Die Rennkommissare untersuchten schon während der Pokalvergabe das Überholmanöver in der Haarnadelkurve sechs. McLaren kritisierte, dass Vettel beim Überholen die Strecke verlassen hatte. Vettel meinte, er habe eine Kollision mit Button vermeiden wollen und sei deshalb nach außen ausgewichen: "Er war im toten Winkel. Ich konnte ihn nicht sehen, deswegen bin ich den weiten Bogen gefahren." Auch Teamchef Christian Horner sah seinen Schützling im Recht: "Er war ja schon bei der Einfahrt in die Kurve deutlich neben ihm. Jenson ist dann ein bisschen über die Linie hinausgerutscht und hat Sebastian keinen Platz gelassen. Da kann er sich ja nicht einfach in Luft auflösen." Doch zeigten die Fernsehbilder, dass Vettel neben der Strecke an Button vorbeiging.

+++ Formel-1-Ergebnisse +++

+++ Alonso vor Vettel - Hülkenberg überraschend vierter +++

Mit dem Urteil der Stewards schloss sich für Vettel jener unerfreuliche Kreis, der am Vormittag mit dem Verdacht eines illegalen Auspuffsystems an seinem Dienstwagen begonnen hatte. Der Technische Delegierte Jo Bauer hatte bei einer routinemäßigen Untersuchung festgestellt, dass das Drehmoment des Renault-Motors in einem bestimmten Bereich unter dem vergleichbaren Wert bei anderen Rennen liege. Die Rennkommissare hatten aber keinen Verstoß erkennen können.

Fernando Alonso fährt derweil beängstigend fehlerfrei auf WM-Kurs. Für Vettel wird die Titelverteidigung zur Herkulesaufgabe. Der Spanier hatte sich im Regen die Poleposition gesichert, auf trockener Piste lenkte er den Ferrari souverän zum Start-Ziel-Sieg. Sein Auto gilt der Konkurrenz als unterlegen, trotzdem hält Alonso seine Verfolger auf Distanz. "Es war ein hartes Rennen, aber ich habe es trotzdem genossen. Am Ende haben wir haben alles richtig gemacht", sagte er nach der Zieldurchfahrt. "Das war erneut eine hervorragende Mannschaftsleistung." Von einer Vorentscheidung im Kampf um die Krone wollte er noch nichts wissen: "Die Saison ist noch sehr lang, da kann eine Menge passieren. Unsere volle Konzentration gilt jetzt dem Großen Preis von Ungarn." Nach Lage der Dinge führt der Sieg auch am nächsten Sonntag in Ungarn nur über Alonso.

Der Weltmeister von 2005 und 2006 hat gymnastische Übungen in seinen Trainingsplan aufgenommen und bekommt seither keine Probleme mehr mit dem Ischiasnerv, wenn er stundenlang in seinem Cockpit klemmt. Das Privatleben hat er nach der Trennung von seiner Frau Raquel neu geordnet, ist zurück in seine Heimat nach Spanien gezogen und zeigte sich im Vorfeld des Grand Prix von Deutschland erstmals öffentlich mit seiner neuen Partnerin, dem russischen Model Dascha Kapustina. Der 30-Jährige, der in der Vergangenheit oft zugeknöpft wirkte, schlenderte am Sonntag lächelnd und winkend durch das Fahrerlager wie ein Hollywood-Star auf dem roten Teppich.

Zur Halbzeit der Saison gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass Alonso in der zweiten Hälfte noch einbrechen könnte.

Mehr als 60.000 Zuschauer bescherten dem Hockenheimring eine "schwarze Null", wie Geschäftsführer Georg Seiler am Sonntag sagte. Der Vertrag mit Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone läuft noch bis 2018. "Wir können mit dem Ergebnis gut leben", meinte Seiler.

Ecclestone wurde übrigens in Hockenheim nicht gesehen. Der Brite blieb dem Rennen entgegen seiner Ankündigung fern. Ob ihn die Ermittlungen der Münchner Staatsanwalt wegen Bestechung des zu achteinhalb Jahren Haft verurteilten ehemaligen Bankers Gerhard Gribkowsky schreckten, ist nicht bekannt.