Shannon Briggs, der im WM-Kampf von Vitali Klitschko vermöbelt wurde, hat einen Bruch unter dem rechten und über dem linken Auge.

Hamburg. 14,08 Millionen Zuschauer verfolgten im TV, wie Vitali Klitschko in der Nacht zu Sonntag gegen den Amerikaner Shannon Briggs nach Punkten gewann. Viele fragten sich danach, warum der Ringrichter den Kampf über die volle Rundenzahl laufen ließ. Ringarzt Dr. Stefan Bock sagte: „Ich hätte zum Abbruch geraten“. Doch dies hätte nur Ringrichter John-Lewis aus Großbritannien tun können - machte er aber nicht.

So steckte Shannon Briggs viele harte Treffer von Vitali Klitschko ein. So hart, dass Briggs nach dem Kampf auf die Intensivstation eingeliefert wurde, wo er derzeit noch liegt. Immerhin ansprechbar. Eine Kernspin-Untersuchung konnte eine befürchtete Hirnblutung ausschließen. Doch die klare Punkt-Niederlage im Kampf um die WBC-WM bezahlt Briggs mit einer Gehirnerschütterung und je einem Bruch unter dem rechten und über dem linken Auge. Außerdem zog sich Briggs einen Sehnen- und Muskelriss im rechten Arm zu.

Zwölf Runden lang prügelte der Champion aus der Ukraine auf den Herausforderer aus den USA ein, ohne ihn K.o. schlagen zu können. Ein Akt legalisierter Körperverletzung, den 14.500 Zuschauer in der ausverkauften Halle in Hamburg bejubelten und der dem Sender RTL eine Rekordeinschaltquote und einen Marktteil von 66,9 Prozent bescherte.

„Shannon the Cannon“ hatte sich als Rohrkrepierer erwiesen. Den großen Sprüchen im Vorfeld folgte im Ring nichts außer unfassbaren Nehmerqualitäten. „Mir tun die Hände weh“, sagte Vitali Klitschko, „ich habe ihn mir zurecht gestellt, Maß genommen, voll getroffen, aber er fiel einfach nicht. Ich bin nicht zufrieden.“

Nach der siebten und zehnten Runde rettete den taumelnden Briggs nur die Pausenglocke, aber er kam immer wieder. Wollte unbedingt mit Klitschko über die Runden gehen. Das hatten vorher von 40 unterlegenen Gegnern nur Timo Hoffmann und Kevin Johnson geschafft. Doch dabei gefährdete er seine Gesundheit. „Nach der sechsten Runde hatte ich Angst um Briggs“, sagte Ringarzt Dr. Stefan Bock, „seine Pupillenreflexe waren nach dem Kampf in Ordnung, er wurde allerdings schläfrig“.

Der Security-Mann, der den 38-Jährigen vom Ring wegführte, berichtete von offensichtlichen Gleichgewichtsproblemen bei Briggs. Klitschkos Trainer Fritz Sdunek meinte: „Ich hätte meinen Schützling in solch einer Situation spätestens nach der zehnten Runde herausgenommen.“ Der erfahrene Ringsprecher Michael Buffer konnte nicht glauben, was er da sah: „Nach diesen vielen schweren Schlägen hätte der Ringrichter abbrechen müssen.“ Auch Ex-Europameister Luan Krasniqi schloss sich als RTL-Experte dieser Meinung an: „Es war unverantwortlich, den Kampf bei so vielen Wirkungstreffern fortzuführen.“ Der Ringarzt wurde während des Kampfes nicht um Rat gefragt.

In der Regelbesprechung vor dem Kampf hatte die Ecke von Briggs inständig darum gebeten, so lange wie irgend möglich weiterzumachen. „Er ist ein großer Kämpfer, er wollte nicht aufgeben“, zollte Klitschko seinem Gegner Tribut. Sdunek ist sich allerdings sicher: „Briggs wird nach diesen vielen Schlägen nicht mehr derselbe sein.“

Der 39 Jahre alte Champion allerdings fühlt sich so stark wie nie. „Es gibt außer meinem Bruder niemanden, der mich schlagen kann. Ich bin der Stärkste der Welt.“ Seit seinem Comeback 2007 hat Klitschko wieder richtig Lust auf Boxen, die Probleme an Schulter und Rücken sind ausgestanden, das Training wird dementsprechend modifiziert. „Ich habe noch genug trockenes Pulver in mir. In ein paar Monaten kann ich wieder im Ring stehen“, kündigte Vitali Klitschko eine Fortsetzung seiner Karriere an.

Bei dem gigantischen Interesse an seinen Kämpfen und denen seines Bruders wäre alles andere ja auch unverständlich. Die Kuh ist zu melken, so lange sie Milch gibt. Die Frage ist nur, gegen wen als nächstes. Im Dezember boxen der Kubaner Odlanier Solis und Ray Austin das Herausforderer-Recht bei der WBC aus. „Egal, wir nehmen jeden“, erklärt Manager Bernd Bönte.

Klitschkos Wunschgegner aber bleibt der Brite David Haye, der mit dem WBA-Titel den einzigen Gürtel hält, der noch nicht im Familienbesitz ist. „Unser Angebot steht, 50:50-Aufteilung der weltweiten Einnahmen, keine Optionen“, sagte Bönte, „das ist ganz einfach und fair, Haye muss nur annehmen.“