Schon vor dem Anpfiff wurde bei den Altstars viel geflachst. Der “Tag der Legenden“ - ein echtes Klassentreffen der Ex-Profis.

Hamburg. Schon im Fahrstuhl ging’s los. „Früher hast Du ihn getunnelt und die anderen danach auf’m Bierdeckel schwindelig gedribbelt“, flachste Guido Buchwald mit Blick auf seinen alten Kumpel Fredi Bobic. Maurizio Gaudino, Jimmy Hartwig und Michael Rummenigge hielten sich den Bauch vor Lachen. Im Gegensatz zu aktiven Glanzzeiten haben sie jetzt wenigstens was zu halten. Andere im Hotel Le Meridien erröteten: Wenn sie die Luft anhielten, um im Blitzlichtgewitter eine halbwegs sportliche Figur zu machen.

Durch die Bank jedoch waren sie noch ansehnlich in Schuss, all die Kickerstars vergangener Spielzeiten. Zum Start eines glorreichen Sonntags absolvierten sie ein Aufwärmprogramm der besonderen Art. Bei Lachsbrötchen, Roastbeef, Weißwürstchen und verführerisch knusprigen Kopenhagenern waren sich die Koryphäen von einst wieder ganz nahe. Im Gegensatz zu früher stand niemand im Abseits. Auch nicht Klaus Fischer oder „kleines dickes Ailton“, die früher ein Faible für diese Falle hatten. Ailton schrieb Autogramme, lobte den HSV ... und erzählte von seinem aktuellen Einsatz für die Amateurtruppe des FC Oberneuland in Bremens nobelstem Stadtteil.

Bei manchem Namen mit legendärem Klang krabbelt dem Fan noch heute eine wohlige Gänsehaut über die Rückenpartie. Horst Eckel zum Beispiel, mit 78 Jahren immer noch enorm in Form. Der Weltmeister von 1954 in Bern war mit Ehefrau Hannelore nach Hamburg gekommen und genoss das Fachsimpeln im Kreis Gleichgesinnter. Nur das linke Knie mach der „Zeeb“ ein wenig zu schaffen. Nach einer Operation im Winterhalbjahr, so seine Hoffnung, wolle er im kommenden Frühjahr wieder zu Tennis- und Tischtennisschläger greifen. Professionelle Goalgetter a. D. wie Sergej Barbarez, Klaus Ottens, Sonny Wenzel, Giovanne Elber oder Andreas Thom klönten mit Eckel über die ballistische Ausgangslage nach der WM und vor der EM. Dieter Eilts scherzte mit Uwe Bein, Helmut Schulte mit Olaf Thon, Seppo Eichkorn mit Armin Veh.

Bis Reinhold Beckmann, Initiator, Mentor und Gastgeber in Personalunion, auf einen Stuhl sprang und kurz um Gehör bat: „Ich freue mich, dass Ihr Legenden gekommen seid.“ Das Wetter sei einladend, die „Luft zum Reinbeißen“. Gesagt, getan. Richard Golz genoss eine Schale Obstsalat, Torwartkollege Klaus Thomforde eine satt belegte Brötchenhälfte. Stefan Beinlich plauschte mit Otto Addo, Bernd „Fummel“ Wehmeyer mit Dixi Dörner, Jens Lehmann mit Stefan Schnoor.

So viel zum Erzählen gab es, dass die zwei Stunden Aufwärmzeit bis zur Abfahrt der vier Busse gen Millerntor kaum ausreichten. Viele kannten sich von den bisherigen fünf Legendentagen, andere hatten sich seit Jahren nicht gesehen. So wer der in Ehren ergraute Masseurguru Hermann Rieger, der beglückt Valdas Ivanauskas in die Arme schloss. Auch von anderen wurde der Balte herzlich im Familienkreis begrüßt.

Wie in alten Zeiten spielte William „Jimmy“ Hartwig Doppelpass. Er berichtete von seinem Wohnsitz München, von seiner Schauspielkarriere und dem bevorstehenden Engagement als Othello in Nürnberg. Parallel achtete er auf die achtjährige Tochter Julia sowie auf Nesthäkchen July, 13 Monate alt. Das quicklebendige Mädchen war erstmals in ihrem Leben geflogen – und dann noch zu ihrer Hamburg-Premiere. „Muss Glück bringen“, befand Hartwig und ließ sich von Grundschülerin Lilly (8) für einen Fußballdienst im Internet interviewen. „Ein paar Größen kleiner darf der Ball sein“, sagte der ehemalige HSV-Profi – und spielte damit auf seine Leidenschaft Golf an.

Werder Bremens Haudegen Max Lorenz sorgte mit verbalem Offensivspiel für klare Verhältnisse: „Am Saisonende landen die Grün-Weißen doch wieder vor dem HSV.“ Gattin Hildegard nickte zustimmend. Gemeinsam mit Reinhold Beckmann, dessen Ehefrau Kerstin sowie Jan Foertsch und Christian Hinzpeter, seinen Partnern des jetzt schon legendären Legendentages, wurde launig debattiert. „Es ist ein Klassentreffen der schönsten Art“, sagte Hinzpeter, „und alle kommen immer wieder gerne.“ Weniger erwünscht ist Sepp Maier, dessen Chauffeur in der Vergangenheit vergebens am Flughafen wartete. Auch Mario Basler und Toni Schumacher („Ich fliege nicht Air Berlin!“) stehen nicht mehr auf der Einladungsliste.

Umso herzlicher war das Willkommen für Lothar Matthäus. Erst hielt ihn das Handy gefangen, dann legte er in bewährter Rhetorik los: „Diese Unterstützung für Menschen auf der Schattenseite des Lebens ist eine wunderbare Sache.“ Es sei ein herrlicher Tag, an dem man helfen und gleichzeitig alte Weggefährten treffen könne. Dann vibrierte es in seiner Hosentasche, und Matthäus flitzte nach Rechtsaußen in den freien Raum.