Bei der WM 2010 tippte der Oktopus alle Spiele richtig und ist nun ein Welt-Star. Die EM 2012 wird Paul jedoch nicht mehr erleben.

Oberhausen. Es grenzt an ein Wunder: Orakel-Krake Paul hat alle Spiele der deutschen Nationalelf und das WM-Finale richtig getippt. Insgesamt achtmal lag der Oktopus aus dem Oberhausener Sea Life Aquarium mit seiner Vorhersage richtig. Es wurden Langusten befragt, Stachelschweine konsultiert, und Springtamarine versuchten sich an Prophezeiungen, doch einzig Paul glänzte mit einer 100-prozentigen Trefferquote und wurde so zu einem Weltstar. Seine Prophezeiungen wurden live im Fernsehen übertragen, bei Wikipedia erhielt Paul einen eigenen Eintrag, und in Spanien wird er als WM-Maskottchen regelrecht verehrt.

Doch Paul gewann aufgrund seiner Vorhersagen beim „Tier-Orakel“ nicht nur Fans, auch zahlreiche Hassvereinigungen wurden gegründet: Auf dem sozialen Netzwerkportal Facebook gibt es Gruppen wie „Tintenfisch Paul for President“, aber auch „Wir machen Calamari aus Tintenfisch Paul“ und „Rezept-Ideen für Tintenfisch Paul“.

Für seine wohl letzte Prophezeiung beim WM-Finale Spanien gegen die Niederlande begab sich Paul sogar auf Neuland, denn bislang hatte er immer nur bei Spielen mit deutscher Beteiligung den Sieger getippt. Doch auch hier lag der Tintenfisch richtig und brauchte nur wenige Sekunden, um sich für die Iberer zu entscheiden.

Mathematiker betrachteten Pauls Fähigkeiten weitaus nüchterner als eingefleischte Fans – es handle sich um reinen Zufall und kein Wunder. „Ein Tintenfisch kann abstrakte Begriffe wie Deutschland und Spanien nicht begreifen, das liegt jenseits seines Horizonts“, sagte Mathematiker Pieter Moree vom Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn. Bei seinem ersten WM-Tipp habe die Wahrscheinlichkeit, richtig zu liegen, bei 50 Prozent gelegen. Bei jeder weiteren Vorhersage müsse die Wahrscheinlichkeit mit dem Faktor 1/2 multipliziert werden. So lag die Wahrscheinlichkeit beim WM-Finale bei 1:256.

Vielleicht hat aber Paul auch kräftig geübt. Denn vor zwei Jahren hat sich der Oktopus bei der EM noch einen Schnitzer erlaubt: Beim WM-Finale hatte die Krake auf einen Sieg der deutschen Kicker gegen Spanien gesetzt und lag damit völlig falsch. „Kraken können sehr gut lernen“, erklärte der Direktor des Düsseldorfer Aquazoos, Wolfgang Walter Gettmann. So könne man durchaus trainieren, dass Kraken auf bestimmte Farben oder auf eine bestimmte Ecke fixiert seien. Durch eine Belohnung könne das angeborene Suchverhalten des Oktopusses verstärkt werden.

Für den zweieinhalbjährigen Paul dürfte es jedenfalls sein letzter großer Auftritt als Fußball-Orakel gewesen sein. Denn aufgrund seines Alters wird er die Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine wohl nicht mehr erleben. Oktopoden werden nach Angaben des Sea-Life-Geschäftsführers Stefan Porwoll meist nicht älter als zwei Jahre, auch bei idealen Haltungsbedingungen seien es nicht mehr als drei Jahre. Für einen geeigneten Ersatz soll aber gesorgt werden, und Paul selbst geht nun laut einer Sprecherin erst einmal in den wohlverdienten Ruhestand.