Am vergangenen Wochenende wurde Jean-Marcel Nartz (63) nach 33 Jahren als Technischer Leiter und Matchmaker aus dem Berufsboxen verabschiedet. Für abendblatt.de analysiert der anerkannte Fachmann von heute an in einer exklusiven Kolumne die Paarungen von großen anstehenden Kampfabenden. Am Sonnabend eröffnet der Hamburger Universum-Stall, von 2003 bis letzte Woche Arbeitgeber von Nartz, die neue Ring-Arena am Nürburgring. Sechs Duelle stehen auf dem Programm. WM im Mittelgewicht (bis 72,574 kg) über zwölf Runden: WBA-Weltmeister Felix Sturm (30, Leverkusen) gegen Pflichtherausforderer und Europameister Koren Gevor (30, Armenien):

Für mich ist dieser Kampf völlig offen. Sturm ist der ausgefeiltere Techniker, der nach Punkten kaum zu besiegen ist. Wenn er es schafft, sich Gevor vom Leib zu halten, wird er gewinnen. Aber Gevor wird um sein Leben kämpfen, weil er weiß, dass es seine letzte Chance ist. Er wird viel Druck machen, und das mag Sturm gar nicht. Für Gevor sprechen zudem zwei weitere Dinge. Erstens hat er mit Fritz Sdunek den größten Ringfuchs Europas und einen der besten Trainer der Welt in seiner Ecke, der genau weiß, wo Sturm verwundbar ist. Zweitens wirkte er in den Tagen vor dem Kampf viel ruhiger und gelassener als Sturm. Ich glaube, dass Sturm sich sehr viel Druck macht, weil er als Zugpferd für Universum unter Siegzwang steht. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf den Kampf und sehe ihn bei 50:50.

Interims-WM des WBC im Mittelgewicht (bis 72,574 kg) über zwölf Runden: Sebastian Zbik (27, Neubrandenburg) gegen Domenico Spada (28, Italien):

Zbik ist für mich 70:30-Favorit. Er hat sich in seinen vergangenen Kämpfen stark verbessert, ist ein technisch sehr versierter Boxer, der auch an seiner Schlaghärte gearbeitet hat. Ich traue ihm sogar einen vorzeitigen Sieg zu. Nur eins darf er gegen Spada nicht tun: Er darf sich nicht in einen Schlagabtausch einlassen. Wenn er mitkeilt, wird er verlieren, denn das ist das, was Spada kann. Es wird ein sehr interessantes Duell zwischen einem Techniker und einem Fighter, aber ich denke, dass Zbik nach Punkten gewinnt.

Interkontinental-Meisterschaft der WBO im Mittelgewicht (bis 72,574 kg) über zwölf Runden: Gennady Golovkin (27, Kasachstan) gegen John Anderson Carvalho (35, Brasilien):

Golovkin ist der härteste Puncher unter den Mittelgewichtlern bei Universum. Zudem ist er technisch sehr gut ausgebildet. Das einzige, was ihn bremsen kann, ist mangelnde Erfahrung. Für ihn ist es sein erster Zwölfrunder, und sollte Carvalho alle Schläge wegstecken, könnte er Golovkin in den späten Runden überraschen. Allerdings rechne ich nicht damit, denn Carvalho hat im September 2008 gegen Sebastian Zbik über zwölf Runden geboxt und jede Runde verloren. Ich tippe auf einen vorzeitigen Sieg für Golovkin bis zur siebten Runde.

Kampf im Halbschwergewicht (bis 79,378 kg) über acht Runden: Gregory Soszynski (27, Polen) gegen Karim Bennama (28, Frankreich):

Soszynski ist ein Gastboxer, den Universum für eine Übertragung des polnischen Fernsehens ins Programm nimmt. Es wird für ihn bestimmt der härteste Kampf seiner Karriere, denn Bennama hat im April 2008 gegen Jürgen Brähmer einen starken Eindruck gemacht, bis er in Runde neun wegen eines zugeschwollenen Auges nicht mehr weitermachen konnte. Ich tippe dennoch auf einen knappen Punktsieg für den Polen, der übrigens von Danilo Häußler trainiert wird.

Kampf im Halbschwergewicht (bis 79,378 kg) über sechs Runden: Patrick Dobroschi (29, Köln) gegen Yoann Bloyer (26, Frankreich):

Dobroschi war ein guter Amateur, hat aber in seinen bislang neun Kämpfen als Profi noch keine guten Leute geboxt. Da Bloyer auch nicht in diese Kategorie gehört, gehe ich davon aus, dass Dobroschi nach Punkten gewinnt. Ob er jedoch jemals seine Fähigkeiten abrufen wird, hängt davon ab, ob er mal über eine längere Zeit verletzungsfrei bleibt.

Kampf im Schwergewicht (mehr als 90,718 kg) über vier Runden: Christian Hammer (21, Rumänien) gegen Jewgeni Stamburskis (33, Lettland):

Hammer wiegt mit 114 kg gut 22 kg mehr als sein Gegner und dürfte wegen dieser körperlichen Vorteile keine Probleme haben, auch vorzeitig zu gewinnen. In der Weltspitze kann ich ihn mir dennoch nicht vorstellen, selbst in Deutschland gibt es zum Beispiel mit Manuel Charr Boxer, die ihm gefährlich werden können. Hammers Problem ist, dass er bisweilen unsauber boxt. Wenn er da nicht aufpasst, kann er auch mal durch Disqualifikation verlieren.