Die Kritik an FIFA-Boss Blatter wächst. Im Skandal um Ex-Präsident Joao Havelange bekommt der Schweizer nun Druck aus dem Europarat.

Zürich. In der Schmiergeld-Affäre um ranghohe Funktionäre des Fußball-Weltverbandes FIFA gerät Verbands-Präsident Joseph S. Blatter (Schweiz) auch unter politischen Druck. Ein Vertreter des pankontinentalen Europarates warf der FIFA-Spitze nun vor, den Skandal um Ex-Präsident Joao Havelange und dessen ehemaligen Schwiegersohn Ricardo Teixeira (beide Brasilien) vertuscht zu haben. „Wenn FIFA-Funktionäre - einschließlich des aktuellen Präsidenten - von den Bestechungen wussten, dann hätten sie alles in ihrer Macht stehende tun müssen, um die Betroffenen zu belangen statt zu schützen“, sagte der französische Abgeordnete Francois Rochebloine.

Weiter forderte Rochebloine von Blatter genauere Angaben über seine Rolle in der Affäre: „Wann genau hat er von den Zahlungen erfahren? Warum hat die FIFA dieses Fehlverhalten versteckt und ist nicht gegen die Täter vorgegangen? Und am wichtigsten: Welche Schritte unternimmt Blatter nun, damit so etwas nicht noch einmal passiert?“

Blatter hatte am Donnerstag seine Kenntnisse der Vorgänge nicht geleugnet, sich jedoch geweigert, darin eine Verfehlung zu sehen. In einer FIFA-Mitteilung sprach der Verbandsboss von „Provisionszahlungen“. Man habe solche damals „als Geschäftsaufwand sogar von den Steuern abziehen“ können. „Heute wäre dies strafbar. Man kann die Vergangenheit nicht mit den Maßstäben von heute messen. Ich kann also nicht von einem Delikt gewusst haben, welches keines war“, sagte Blatter.

Aus am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Gerichtsdokumenten war hervorgegangen, dass Havelange und Teixeira über mehrere Jahre Schmiergelder in Millionenhöhe von der inzwischen pleite gegangenen FIFA-Vermarktungsagentur ISL angenommen hatten. Der 96 Jahre alte Havelange, der von 1974 bis 1998 die FIFA als Blatters Vorgänger angeführt hatte, erhielt demnach im Jahr 1997 1,5 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet rund 1,25 Millionen Euro). Teixeira, der zu Jahresbeginn nach 13 Jahren als Präsident des brasilianischen Verbandes zurückgetreten war, kassierte zwischen 1992 und 1997 sogar 12,7 Millionen Franken (10,5 Millionen Euro).

(sid)