Am Freitag wurde der damalige Final-Referee Miroslaw Baum befragt. “Keine Person hat mich auf dieses Spiel angesprochen“, beteuerte er.

Kiel. Es war nicht die große Enthüllung, die Miroslaw Baum über die Lippen ging. Vielmehr das genaue Gegenteil. Und doch wirkte der Pole erleichtert, als er die entscheidenden Sätze endlich hinter sich gebracht hatte. „Keine Person hat mich im Vorfeld auf dieses Spiel angesprochen oder mit mir darüber gesprochen, ob ich Geld annehmen soll. Ich habe keine SMS, keine Mail und keinen Anruf bekommen“, ließ der ehemalige Handball-Schiedsrichter über seinen Übersetzer mitteilen und lehnte sich danach erstmals zurück. 45 Minuten hatte die Befragung Baums vor der 5. Großen Strafkammer des Kieler Landgerichts bis dahin gedauert. Nun hatte er endlich das gesagt, was er sagen wollte.

Baum ist nicht angeklagt. Die Beschuldigten saßen etwa drei Meter weiter. Uwe Schwenker, ehemaliger Manager des deutschen Rekordmeisters THW Kiel. Auch am sechsten Prozesstag entspannt, immer mal wieder lächelnd, mit wachen Augen. Und Zvonimir Serdarusic, früherer THW-Trainer. Wie schon bei den fünf vorherigen Verhandlungen verkrampft, ernste Miene, der Blick nach Halt suchend. Beide sollen Baum über den Mittelsmann Nenad Volarevic mit einem mittleren fünfstelligen Euro-Betrag dazu angestiftet haben, im Rückspiel des Champions-League-Endspiels 2007 zugunsten der Kieler zu pfeifen. So sieht es zumindest die Staatsanwaltschaft.

Am Freitag sollte Baum zur Aufklärung beitragen. Der Ex-Referee wies jeden Vorwurf von sich. Es ging ihm nicht um Schwenker oder Serdarusic. Es ging ihm um seinen eigenen Namen. „Ich bin gekommen, um alles zu erklären und bei weiteren Fragen zur Verfügung zu stehen - und zwar aus freien Stücken“, sagte Baum. Tatsächlich redete er viel. Baum legte seine Einkommensverhältnisse offen, berichtete in aller Ausführlichkeit über den Erwerb zweier Wohnungen in Warschau und darüber, wie er am 28. April 2007 von seiner Heimatstadt über Hamburg nach Kiel zum bewussten Finale reiste.

Sogar die Bekanntschaft zu Volarevic gestand er freimütig ein. „Ja, diese Person ist mir bekannt. Ich habe ihn vor etwa 20 Jahren kennengelernt und ihn vielleicht zwei- bis viermal gesehen“, sagte Baum: „Ich habe mit ihm aber nichts zu tun gehabt, wenn es um einen deutschen Klub oder einen anderen Verein gegangen ist.“ Vielleicht habe man irgendwann, irgendwo mal einen Kaffee getrunken. So genau könne er sich nicht erinnern. Schließlich sei er als Schiedsrichter viel unterwegs gewesen. Viele neue Orte, ständig neue Menschen.

Schwenkers Verteidiger Michael Gubitz wollte die Gedächtnislücken des Zeugen nicht überbewerten. Zu logischen Brüchen führten sie tatsächlich nicht. „Das Gericht und die Staatsanwaltschaft haben den Zeugen fast drei Stunden lang vernommen. Es sind keine Widersprüche in der Aussage aufgetaucht“, sagte Gubitz und führte mit zufriedenem Lächeln hinzu, dass er bei der Befragung des zweiten Final-Referees Marek Goralczyk am kommenden Freitag einen ähnlichen Verlauf erwarte. Auch Baums Partner hatte bislang alle Anschuldigungen stets bestritten.

Baum ließ ebenfalls keine Gelegenheit aus, um seine Version der Geschichte zu stützen. Ungefragt führte er ein Gespräch mit dem ehemaligen Flensburger Profi Joachim Boldsen rund zwei Monate nach dem Finale an. Baum hatte den Dänen im Endspiel relativ früh vom Platz gestellt. „Wir haben uns gesehen und angelacht. Joachim Boldsen hatte sich die damalige Szene mehrmals angeschaut und meinte, dass meine Entscheidung richtig gewesen sei“, sagte der ehemalige Schiedsrichter und betonte, dass auch die Europäische Handball-Föderation (EHF) bei ihren Untersuchungen des Spiels keine Auffälligkeiten entdeckt habe.

„Sie sagten, wir hätten sehr gut gepfiffen“, sagte Baum und nippte immer wieder an seiner Wasserflasche. Eine Erkältung und die Einnahme von Antibiotika kosteten Kraft. Ob sein Ruf am Ende wieder hergestellt wird, hängt vom weiteren Prozessverlauf ab. Es liegt nicht mehr in seinen Händen. Aber: Er hat gesagt, was er sagen wollte. (dapd)